Wasentegernbach. Sie fürchten den Weltuntergang: Hunderte Deutsche rüsten sich mit Bunkern gegen Katastrophen. Eine Industrie bedient deren Ängste.

Eine Kulisse wie in einer Vorabendserie: Bauernhöfe, zwei große Straßen und in der Mitte eine Kirche. Wasentegernbach ist ein typisch bayerisches Dorf. Doch unter der Oberfläche gibt es hier, nordöstlich von München, etwas, das einmalig ist. Hier steht der größte private Bunker Deutschlands. 290 Quadratmeter, aufgeteilt auf vier Räume und tief in der Erde. Darüber wohnt Elektromeister Albert Schmid.

1978 begann er mit den Planungen seines ganz privaten Zufluchtortes. „Das war ja die Hoch-Zeit des Kalten Krieges“, erklärt der 74-Jährige. Die Angst vor einem Atomkrieg trieb damals viele Menschen um.

Die Leute dachten, der Kerl ist verrückt

Schmid wollte nie wieder so schutzlos sein wie als Kleinkind während der Bombennächte in München. Also nutzte er ein Angebot des Staates, der den Bau von privaten Schutzanlagen förderte. 400.000 DM kostete der Bunker damals. „Die Leute haben schon gedacht, der Kerl ist verrückt“, sagt Schmid heute. Doch das war ihm egal: Sicherheit ging vor. 100 Menschen könnten da unten im Notfall ein halbes Jahr überleben – bei fließend Wasser, Strom und Fernsehempfang.

Doch Albert Schmid ist nicht der Einzige mit einem eigenen Bunker. Etliche Hundert solche Anlagen gibt es allein in Bayern, schätzt er. Die Menschen rüsten sich gegen Weltkriege, Nuklear-Unfälle, Naturkatastrophen oder Alien-Angriffe. Offizielle Zahlen gibt es dazu nicht.

Der Bunker als Lebensversicherung

Wer sich in seinem Garten einen Bunker bauen will, kann das tun. „Für viele ist der Bunker wie eine Art Lebensversicherung. Er lässt den Besitzer ruhiger schlafen“, sagt Christian Schmok. Er arbeitet für die Firma „Sturmhaus“ bei Rostock, die sich auf den Bau von Bunkern spezialisiert hat. Das günstigste Produkt kostet etwa 30.000 Euro. „Wir haben aber auch schon Anlagen im sechsstelligen Bereich gebaut.“

Die Kunden seien keineswegs alle reich. „Das zieht sich durch die gesamte Gesellschaft“, sagt Schmok. Gerade die „Einstiegsmodelle“ seien in der letzten Zeit besonders gefragt gewesen. Namen aber nennt Schmok keine – Diskretion ist Teil der Sicherheit.

Bunker „General“ für 1,9 Millionen Euro

Auch die Berliner Firma „BSSD“ bietet Bunker für jedermann an. Der sogenannte „Mini-Bunker“ kostet dort 39.500 Euro und soll „einer ganzen Familie das Entkommen“ ermöglichen. Wem das zu wenig ist, kann sich bei „BSSD“ auch den Bunker „General“ bestellen. Die 668 Quadratmeter große Anlage kostet 1,9 Millionen Euro, hat einen „Lounge-Bereich“, eine Bibliothek und ein Fitnessstudio. Eine kleine Stadt unter der Erde.

So luxuriös ist der Bunker von Albert Schmid nicht. Der grüne Gummiboden und die Pritschenbetten versprühen eher Jugendherbergscharme. Und auch die meisten Essenskonserven sind schon lange abgelaufen. „Das ist noch Vietnamverpflegung von den Amerikanern. Gefriergetrocknet hält sich das 20 Jahre, aber die sind natürlich schon lange vorbei“, sagt Schmid.

Das Ende wird kommen

Im Grunde, gibt er zu, ist er nie wirklich davon ausgegangen, sich in den Bunker retten zu müssen. Und so wurde das eigenwillige Bauwerk im Provinzboden zum Treffpunkt der Dorfgemeinschaft. Seine Kinder hätten gerne dort unten gespielt und „wir haben da so manches Fest gefeiert. Man kann ja auch ordentlich laut sein“.

Den Weltuntergang erwartet Schmid zu seinen Lebzeiten nicht mehr. Ganz anders die Firma „Vivos“. In den USA betreibt das Unternehmen teilweise riesige Bunkeranlagen, in denen Kunden eigene Abteile kaufen können. Angeblich gehören auch Hollywood-Stars zu den Mietern. „Das Ende wird kommen. Retten Sie sich“, heißt es auf der „Vivos“-Internetseite.