Göcklingen. Gackern, krähen und stolzieren: In diesen Disziplinen messen sich die Kandidaten bei einem Wettbewerb in einem Dorf in Rheinland-Pfalz.

Wenn die Glocke bimmelt, verstummen die tausend Zuschauer auf dem Göcklinger Festplatz. Den ersten Laut will niemand verpassen. Die Henne holt tief Luft, zieht das Mikro näher an den Mund und drückt ein schrilles „Boooogbogboooooog“ aus der Kehle, die Oberlippe vibriert, die Backen blähen, die Augen sind weit aufgerissen. Das Publikum grölt, applaudiert. Ein bisschen verrückt sind hier nicht nur die Teilnehmer, was auch das Video eines Facebook-Nutzers zeigt.

Wer der beste Gockel in Göcklingen ist, ist an diesem Mittag eigentlich nur Nebensache. Die Hähne stolzieren in beeindruckenden Federkostümen über den Festplatz, auf vielen Köpfen prangt ein mächtiger, roter Kamm. Jungtiere haben sich orangene Füße aus Filz und selbstgenähte Flaumfedern übergezogen, die Hennen tänzeln um die Bierbänke und präsentieren ihr Gefieder. „Ein ausgefallenes Kostüm erhöht die Sieg-Chancen“, verrät Veranstalter Gerhard Hoffmann.

Erfinder träumt von Europäischen Gockelkrähmeisterschaften

Wenn sich in der Südpfalz in der Nähe von Ludwigshafen die Hennen im Gackern und Glucksen, die Hähne im Krähen und Stolzieren und die Küken im Krähen und Gackern messen, ist das ein Spektakel. Der Veranstalter schätzt, dass rund 1300 Menschen dieses Jahr in den Ort strömten, der sonst gerade mal rund 960 Einwohner zählt.

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Seine Idee, das Göcklinger Weinfest mit dem Gockel-Wettstreit für Touristen attraktiver zu machen, schlug voll ein. „Uns geht es aber vor allem um den Spaß“, sagt der Bio-Winzer in grüner Latzhose und mit rot-glitzernder Fliege. Nächstes Jahr will er das Ganze toppen und die ersten Europäischen Gockelkrähmeisterschaften austragen. Im Ort nennt man ihn nicht umsonst den „Verrückten aus der Steingasse“.

Johannes Hoffmann (links) holte sich den Titel in der Kategorie „Gackern und Glucksen“.
Johannes Hoffmann (links) holte sich den Titel in der Kategorie „Gackern und Glucksen“. © dpa | Uwe Anspach

Michael Huber schnappte sich 2013 die erste Krone und vertritt heute als einziger Gockel sein Heimatdorf. Er zupft sich nervös an seinen Federn. „Auf der Bühne muss ich meinen Kopf abschalten“, sagt er. Zwei Wochen vor dem Wettbewerb begann er mit seinem Training. „Vor dem Spiegel in meinem Zimmer“, verrät er. Dann laufe das Krähen schon und beim Stolzieren einfach Brust raus, etwas angeberisch, wie das Hähne eben so machen.

Konkurrenz kriegt der heimische Gockel von den Hähnen aus Zwickau. Die fuhren mit ihren Frauen, ihren „Chicken-Leadern“, rund 500 Kilometer in die Pfalz. Sie hörten von dem verrückten Wettbewerb im Radio Sachsen. Um die Pfälzer für sich zu begeistern, zog die Truppe am Vorabend extra durch die Kneipen. Das erzählt Bernd Müller in breitem sächsisch. „Gestern Nacht krähten wir dann vom Balkon unserer Pension herunter, da waren alle begeistert“, sagt er.

Jury achtet bei der Bewertung auf Nuancen

Der 59-Jährige gackert, sein Kumpel Bernd Prager kräht. „Man muss im Leben halt auch mal etwas Verrücktes machen“, sagt er. Ihre Frauen gackern lieber nur privat, begleiten ihre Männer aber mit auf die Bühne. Den Schnaps haben sie heute aber „sicherheitshalber“ weggelassen.

Auch Kinder durften bei der 4. Offiziellen Deutschen Gockelkrähmeisterschaft antreten.
Auch Kinder durften bei der 4. Offiziellen Deutschen Gockelkrähmeisterschaft antreten. © dpa | Uwe Anspach

Beim „Kikeriki“ und „Bogbogbog“ geht es um Nuancen. Die Jury, unter anderem besetzt mit der ehemaligen Weinkönigin Janina Huhn, hört ganz genau hin. Auch Hans Büchle, der im Publikum steht, kommt aus dem Grinsen nicht heraus, klopft seiner Frau auf die Schultern, gluckst und fasst sich immer wieder vor Lachen an den Bauch. Er und seine Frau sind extra aus Schwaben in die Pfalz gefahren. „Wir haben das in der Zeitung gelesen, das ist ja so unglaublich, ich fass es nicht.“

Am Ende sind die Geschlechterrollen übrigens auf den Kopf gestellt: Martina Gebhard aus Badenweiler gewinnt in der Kategorie „Krähen und Stolzieren“. Der Göcklinger Johannes Hoffmann macht beim „Gackern und Glucksen“ das Rennen. (dpa)