Berlin. Die Sängerinnen „Les Brünettes“ sind Exoten in der von Männern bestimmten Szene. Sie singen Beatles-Klassiker und begeistern Fans.

Kunstvoll gestylte Haare, knallrote Lippen, geschmackvolle Kleider: Wenn die vier jungen Frauen auf der Bühne stehen, wirken sie auf den ersten Blick wie eine klassische Girlband. Es ist weniger ihr Aussehen, sondern vor allem ihr Sound, der die Gruppe unverwechselbar macht. Während andere Formationen auf spektakuläre Bühnenshows setzen, verlassen sie sich ganz auf ihre Stimmen. Ohne Instrumente, ohne Playback: So wollen Les Brünettes die deutsche Popmusik aufmischen. Jetzt geht die „A-Capella-Band“ mit Beatles-Liedern auf Deutschlandtournee.

Les Brünettes, das sind: Lisa Herbolzheimer (30), Julia Pellegrini (35), Stephanie Neigel (31) und Juliette Brousset (31), vier Brünette, die sich im Studium in Mannheim kennengelernt haben. Seit sechs Jahren machen sie Musik – a cappella. Es geht also um reinen, glasklaren Gesang. Abseits der Bühne wirken sie gar nicht so altehrwürdig wie ihre Musik.

Entertainment bei Auftritten

Als Julia Pellegrini unsere Berliner Redaktion besucht, präsentiert sie sich als selbstbewusste Musikerin mit modernem Kurzhaarschnitt und Jeansjacke, die routiniert für den Fotografen posiert und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, auch wenn die zweifache Mutter gleich schon zu ihren kleinen Kindern muss. Sie wirkt konzentriert – eine Eigenschaft, die sie auch vom Publikum erwartet. „Wer A-Cappella-Musik hört, muss sich konzentrieren. Bei unseren Auftritten geht es nicht um Entertainment wie bei Rockkonzerten.“

Wer eine Party erwartet, sagt sie, sei bei den Auftritten von Les Brünettes falsch. Ihr gehe es darum, das Publikum emotional zu erreichen. Die vier Frauen empfinden a cappella als Königsdisziplin. Weil es keinen doppelten Boden gebe, wie Lisa Herbolzheimer sagt, die Enkelin des verstorbenen legendären Big-Band-Leaders Herbert Herbolzheimer. Als Sängerin habe sie auf der Bühne nie eine Pause. „In einer Band spielt der Pianist oder der Gitarrist zwischendurch mal ein Solo. Wir dagegen sind die ganze Zeit ,on‘.“

Fans des Sologesangs

Beim Publikum kommt das gut an, A-Cappella-Bands wie Voxxclub oder die Wise Guys füllen Bierzelte und Konzerthallen. Julia Pellegrini glaubt, dass es die Direktheit der Stimmen ist, die Fans am Sologesang reize. Sie spricht davon, dass der Gesang unmittelbar ins Ohr gehe. „Da sitzen Menschen im Konzert“, erzählt Pellegrini, die weinen, „weil sie die Musik so schön finden.“

Frauen sind in der Szene Exoten. Da Männer tiefer singen können, sei a cappella für Frauen schwieriger. Umso erstaunlicher, dass „Les Brünettes“ nun mit viel Herzblut ausgerechnet Songs der Beatles neu interpretieren. „Die Beatles waren die Boyband schlechthin“, schwärmt Pellegrini. „Sie haben musikalische Maßstäbe gesetzt und hatten zu jedem großen Thema etwas zu sagen.“

Geschichte der Band

Ihr Album „The Beatles Close-up“ (deutsch: Nahaufnahme) nahmen Les Brünettes in den legendären Abbey Road Studios in London auf – dort, wo auch John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr viele ihrer Hits eingespielt haben. Die Frauen covern Klassiker wie „Lady Madonna“, „Penny Lane“ und „Let it be“, aber auch weniger bekannte Songs.

Ihre Auseinandersetzung mit den Beatles verstehen sie auch als Beschäftigung mit der Vergänglichkeit. „Über der Geschichte der Band schwebt die Tragik ihrer Trennung“, sagt Pellegrini. „Für die Beatles war es schwer, den unfassbaren Ruhm zu verkraften. Irgendwann haben sie sogar aufgehört, Konzerte zu geben, weil die Groupies zu laut gekreischt haben. Um die Band ranken sich viele Mythen.“

Bestens organisiert

Häufig werden sie gefragt, wie der Alltag in einer reinen Frauengruppe eigentlich funktioniert. „Wie in einer guten Ehe“, antwortet Julia Pellegrini. „Manchmal streiten wir uns lautstark.“ Da ist es wohl ein Glück, dass sie gar nicht so häufig zum Streiten kommen. Die Brünetten leben über die Republik verteilt: Pellegrini in Berlin, Herbolzheimer in Hamburg, Neigel in Köln und Brousset weiterhin in Mannheim.

Viel Zeit verbringen sie also auf der Autobahn. Aber es funktioniert, anscheinend bestens organisiert. „Klar sind wir das“, sagt Pellegrini – „wir sind ja eine Frauenband.“ Dann muss sie ganz schnell los. Ihre Kinder warten.