Atlanta/Berlin. Fast 1300 Kinder sterben in den USA jährlich an Schusswunden, zeigt eine Studie. Die Gründe sind vielfältig – und oft vermeidbar.

Ein Drittklässler in Seattle lässt an einem Herbsttag im Klassenzimmer seinen Rucksack fallen – und als die Tasche auf dem Boden fällt, löst der Aufprall einen Schuss der darin versteckten Pistole aus. Die Kugel bleibt im Bauch eines anderen Schülers stecken. Der Schüler, der die Waffe eines Elternteils mit zur Schule gebracht hatte, ist schockiert. Das Unglück aus dem Jahr 2011 ist kein Einzelfall. Erzählt hat sie Thomas Weiser gegenüber dem US-Sender CNN. Der Trauma-Chirurg hatte im Jahr 2011 am Stanford University Medical Center die Verletzungen des jungen Opfers behandelt.

Während US-Präsident Donald Trump die Waffenlobby umgarnt, wird in seinem Land seit langem über die Verschärfung der Waffengesetze diskutiert. Und eine neue Studie dürfte nun die Befürworter strengerer Gesetze in ihren Forderungen bestärken. Denn nicht nur sterben in den Vereinigten Staaten im Schnitt pro Tag 89 Menschen durch eine Schusswaffe, wie eine Erhebungen der Organisation Doctors for America im Jahr 2016 zeigte. Jährlich sind auch Tausende Kinder unter den Opfern zu beklagen.

Jährlich fast 6000 Kinder mit Schusswunden

Wie eine neue Untersuchung nun zeigt, sterben jedes Jahr fast 1300 Kinder im Alter bis 17 Jahren in den USA an den Folgen von Schussverletzungen, 5790 werden jährlich wegen Schusswunden behandelt.

Besonders Jungen, ältere Minderjährige und Kinder aus ethnischem Minderheiten sind häufig betroffen, schreiben die Autoren der Studie, die im Fachmagazin „Journal of Pediatrics“ erschienen ist. Obwohl demnach die unbeabsichtigten Todesfälle durch Schusswaffen bei Kindern zwischen 2002 bis 2014 zurückgegangen sind und auch die Zahl der Tötungsdelikte durch Schusswaffen von 2007 bis 2014 abgenommen hat, ging die Zahl der Suizide durch Schusswaffen in den Jahren 2007 bis 2014 deutlich nach oben.

Besonders viele junge Opfer in den Südstaaten

Auffällig sind auch die regionalen Unterschiede. So erliegen in den Südstaaten und einigen Bundesstaaten des Mittleren Westens mehr Kinder einer tödlichen Schusswaffen-Verletzung, als in anderen Teilen des Landes. Ältere Kinder starben laut der Studie häufiger im Zusammenhang mit Verbrechen und Gewalt. Suizide durch Feuerwaffen waren besonders häufig in Verbindung mit Situations- und Beziehungsproblemen.

Versehentlich abgefeuerte Waffen häufig Ursache für Tode

Auch Todesfälle und Verletzungen von Kindern durch versehentlich abgefeuerte Waffen sind keine Seltenheit. Wurden jüngere oder ältere Kinder Opfer einer ungewollt abgefeuerten Waffe, hatte der Schütze meist mit einer Pistole gespielt, wie im Fall des Drittklässlers in Seattle.

Die Autoren der Studie ziehen daraus ernste Schlüsse: „Schusswaffenverletzungen sind ein großes Problem der öffentlichen Gesundheit, das wesentlich zu vorzeitigem Tod und einer Behinderung von Kindern beiträgt“, schreiben sie. Die Natur von Schusswaffen und ihr Risiko richtig einzuschätzen, sei ein erster Schritt zur Prävention solcher tragischen Fälle. (nsa)