Berlin. 1333 Drogentote gab es 2016 in Deutschland. Schlimm genug, aber in den USA sterben jährlich Zehntausende – an Superdrogen aus China.

Fentanyl ist ein Wunder der modernen Medizin. Etwa 300 Mal so stark wie Morphium, benutzen Ärzte das synthetische Opioid, um Patienten vor einer Operation in Vollnarkose zu versetzen.

Doch in den USA hat sich das 1960 entwickelte Medikament zu einem Albtraum entwickelt: Etwa 9500 US-Amerikaner starben 2015 allein an Fentanyl-Überdosen. An illegalen Opiaten insgesamt starben dort in dem Jahr mehr als 33.000 Menschen – erstmals mehr als durch Schusswaffen und fast viermal so viele wie 1999 (8280).

Schon seit einigen Jahren erlebt das Land eine Heroin-Epidemie, wie es sie seit den 70er-Jahren nicht mehr gab. Nach Angaben der US-Regierung ist die Zahl der Konsumenten zwischen 2007 und 2013 von 373.000 auf 681.000 gestiegen.

Hintergrund ist eine weit verbreitete Abhängigkeit von verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln. Fast zwei Millionen Amerikaner waren 2014 abhängig von legalen Opiaten, so die US-Gesundheitsbehörde CDC. Von der Medikamentensucht sei der Weg nicht mehr weit zum billigeren Schwarzmarkt-Heroin, heißt es da.

Neue Superdroge wurde schon als Kampfstoff eingesetzt

Das Problem: Immer häufiger verschneiden Drogendealer Heroin mit Fentanyl, das schon in viel geringeren Dosen tödlich wirkt.

Der Sänger Prince starb 2016 an einer Überdosis Fentanyl.
Der Sänger Prince starb 2016 an einer Überdosis Fentanyl. © imago/ZUMA Press | imago stock&people

Nach Angaben der CDC stammt das Fentanyl häufig aus illegaler Produktion. Doch ein Großteil der Substanz dürfte aus chinesischen Laboren stammen. Dort wird Fentanyl legal hergestellt und völlig unreguliert kiloweise ins Ausland verschickt, wie die Nachrichtenagentur AP recherchiert hat.

Aus China gelangt nun auch die nächste Superdroge in die USA: Carfentanyl. Laut US-Forschern wurde die Substanz 2002 bei einem russischem Anti-Terroreinsatz verwendet – und tötete dabei 125 Menschen.

Auch Carfentanyl ist ein synthetisches Opioid, abgeleitet von Fentanyl – in seiner Wirkung allerdings bis zu 100 Mal stärker. In US-Medien häuften sich zuletzt Berichte über Carfentanyl-Tote. Entwickelt wurde es, um Elefanten und andere große Säugetiere zu betäuben.

Die für Menschen tödliche Dosis liegt nochmal deutlich niedriger als bei Fentanyl – schon Hautkontakt mit der Substanz kann tödlich enden. Die Anti-Drogen-Behörde der USA, DEA mahnt Ersthelfer und Polizisten zu extremer Vorsicht in Situationen, in denen Carfentanyl im Spiel sein könnte.

Carfentanyl wird in Deutschland erst seit 2016 erfasst

Auch in Deutschland ist die Zahl der Drogentoten 2016 wie in den Vorjahren wieder gestiegen – um neun Prozent von 1226 auf 1333. Das zeigt der am Montag veröffentlichte Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung. Die Zahl der Todesfälle durch Fentanyl ist in der gleichen Zeit von 87 auf 96 gestiegen.

„Seit 2006 ist ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen“, sagte Marianne Falasch vom Bundeskriminalamt dieser Redaktion. „Der ansteigende Trend hat sich bis ins Jahr 2013 fortgesetzt. Ab dem Jahr 2014 werden sinkende Fallzahlen registriert.“

Erst seit 2016 werden in Deutschland auch Todesfälle durch Fentanylderivate wie Carfentanyl erfasst – 22 waren es in dem Jahr. Bei synthetischen Opioiden sei aber von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, weil sie als Todesursachen schwer zu erkennen seien, sagt Falasch.