Berlin. Laut eines Greenpeace-Gutachtens ist die Praxis der Schweinehaltung illegal. Der Agrarminister kontert – mit Verweis auf Kostengründe.

  • Einem Gutachten von Greenpeace zufolge ist die konventionelle Schweinezucht gesetzeswidrig
  • Greenpeace möchte gerichtlich dagegen vorgehen – die Suche nach einem Kläger ist aber schwierig
  • Bundesagrarminister Christian Schmidt weist die Vorwürfe zurück – mit Verweis auf Kostengründe

Schweineställe in Deutschland gleichen offenbar meist einem Horrorszenario: Die Schweine tragen blutige Verletzungen auf der Haut, stecken zentrimeterhoch im eigenen Kot oder beißen sich an den Stangen im Stall das Maul wund. Das zumindest zeigen Aufnahmen aus deutschen Bauernhöfen, die Greenpeace vorliegen.

Daher hat die Tierschutzorganisation ein Rechtsgutachten über Haltungsbedingungen erstellen lassen. Mit dem Ergebnis: Die behördlichen Vorgaben zu der Haltung von Mastschweinen, denen viele Bauern folgen, seien gesetzeswidrig. Sie widersprechen dem Gutachten zufolge dem deutschen Tierschutzgesetz.

„Tierwohl“-Siegel auf Fleischprodukten wohl wirkungslos

Daher fordert Greenpeace gemeinsam mit den Anwälten Davina Bruhn und Ulrich Wollenteit, die das Gutachten erstellt haben, die behördliche Verordnung für Nutztierhaltung dem geltenden Tierschutzgesetz anzupassen. „Die Schweine sind derartig zusammengepfercht, dass sie Verhaltensstörungen wie Schwanzbeißen oder Leerkauen entwickeln“, sagt Bruhn dem Deutschlandfunk. Die Verordnung, welche die Schweine in den Ställen leiden lässt, widerspreche insbesondere dem Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes, der die verhaltensgerechte Unterbringung regelt.

Initiativen zur Verbesserung der Schweinehaltung außerhalb des gesetzlichen Rahmens erzielten wohl nicht die gewünschte Wirkung. So ist das „Tierwohl“-Siegel auf Fleischprodukten laut Gutachten aussagelos für Verbraucher. Denn die Haltungsbedingungen bei Trägern des Siegels seien nur unzureichend verbessert worden.

So erkenne ich, ob bei Lebensmitteln auf das Tierwohl geachtet wurde

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    Greenpeace sucht nach Kläger

    Greenpeace fordert nun vornehmlich vom Landwirtschaftsministerium, die behördliche Verordnung mit dem Tierschutzgesetz in Einklang zu bringen. „Und wenn vom Ministerium nichts kommt, dann hoffen wir sehr, dass eines der Bundesländer eine Normenkontrollklage anstrebt“, sagt Bruhn. Doch damit Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht angestrebt werden kann, muss dem Deutschlandfunk zufolge zunächst ein Kläger gefunden werden.

    In diesem Fall sind ausschließlich die Bundesregierung selbst, eine Landesregierung oder der Bundestag klagebefugt. Indes weist Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) die Vorwürfe der Tierschutzorganisation zurück. Er sagte dem SWR, die gesetzlichen Standards für die Schweinehaltung seien sehr hoch und würden allmählich weiter verbessert.

    Bundesagrarminister verweist auf Kostengründe

    Auch Kostengründe spielen Schmidt zufolge eine Rolle bei der behördlichen Praxis. Hierzu erklärt er: „Die höchsten Anforderungen nutzen nichts, wenn die Tiere dann aus Kostengründen im Ausland im Stall stehen.“ Greenpeace hingegen verweist darauf, dass die Haltungsbedingungen in Schweden, der Schweiz und Österreich bereits wesentlich art- und verhaltensgerechter seien als in Deutschland.