Kathmandu. Der Extrembergsteiger Ueli Steck wollte alleine und ohne Sauerstoff zum Gipfel des Mount Everest. Er bezahlte dies mit seinem Leben.

Der Tod ereilte die „Schweizer Maschine“ quasi beim Aufwärmen. Den Spitznamen verdiente sich der 40-jährige Bergsteiger Ueli Steck wegen seiner vielen halsbrecherischen Aktionen, bei denen er oft im Alleingang und ohne zusätzlichen Sauerstoff im Eiltempo auf die höchsten Gipfel der Welt stürmte. Am Wochenende ist Steck ums Leben gekommen, als er rund 1000 Meter in die Tiefe stürzte. Er war alleine und ohne Sicherung unterwegs, um sich zu akklimatisieren.

„Ich glaube fest an die Vorteile der aktiven Akklimatisierung“, hatte Steck am 26. April im Internet erklärt. Steck wollte nach einem zweitägigen Aufenthalt in Camp 1 am Mount Everest auf 7000 Meter Höhe steigen. Offenbar rutschte er auf eisigem Boden aus und konnte sich nicht auffangen. Seine Leiche wurde am Fuß des Mount Nuptse gefunden und inzwischen in Nepals Hauptstadt Kathmandu überführt.

Alpinisten aus aller Welt huldigten Steck

Steck hatte sich für diese Klettersaison am Mount Everest vorgenommen, zunächst den höchsten Berg der Welt (8848 Meter) zu besteigen und von dort über einen schmalen Grat zum Lhotse-Gipfel (8516 Meter) zu marschieren. Stattdessen ist der Schweizer nun der erste Tote der diesjährigen Klettersaison am Mount Everest. Der Schweizer war alleine losgezogen, weil der ihn begleitende Sherpa wegen Erfrierungen an den Gliedmaßen ausgefallen war.

Renommierte Alpinisten aus aller Welt huldigten Steck nach dessen Tod als einen der großen Bergsteiger der Gegenwart. Hunderte von Gipfelaspiranten warten zurzeit in Lagern am Mount Everest, um sich an die menschenfeindliche Höhe zu gewöhnen. Im Gegensatz zu Steck bleiben die meisten in der Nähe ihres Lagers und verbringen viel Zeit mit Schlafen.

Brenzlige Situationen hatte Steck schon mehrere überstanden. 2007, am Achttausender Annapurna, traf ihn ein Stein. Er verlor das Bewusstsein, rutschte Hunderte Meter ab, blieb aber heil. 2013 wurde er am Everest von wütenden Sherpas – den in der Region lebenden Nepalesen und Bergführern – fast erschlagen. Angeblich hatte er mit seinem Team einen Eisschlag ausgelöst und die Sherpas in Gefahr gebracht. Die Geschichte machte als „Krieg am Everest“ Schlagzeilen. Steck gab später zu, er habe damals eine „rote Linie“ überschritten.

Ohne GPS-Ortung unterwegs

Steck war in Bergsteigerkreisen nicht unumstritten. Er weigerte sich hartnäckig, GPS-Ortungsgeräte oder ähnliche Ausrüstungen bei seinen Touren mitzunehmen. Gerade nach Solo-Touren war die Welt deshalb darauf angewiesen, dem Schweizer seine vermeintlichen Erfolge in den Bergen abzunehmen. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit mehrere Fälle, bei denen angebliche Everest-Bezwinger des Betrugs überführt wurden. Steck geriet allerdings nie in die Verlegenheit, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Zu seiner jüngsten Bergbesteigung gab Steck dem Schweizer „Tages-Anzeiger“ ein Interview – vermutlich das letzte. Darin sagte er: „Irgendwann riskierst du so viel, dass es knallt.“ Der letzte Satz lautete: „Scheitern heißt für mich: Wenn ich sterbe und nicht heimkomme.“ Steck hinterlässt seine Frau. Kinder wollte er keine. Er war der Meinung, dass sich das mit seinem Beruf nicht vereinbaren ließ. Im Interview zu seinem 40. Geburtstag sagte er: „Es ist schon schwierig genug, das Risiko vor sich zu verantworten – und vor seiner Frau.“ Bestattet wird er nun vermutlich in Nepal. (mit dpa)