Berlin/München. Sie war Kinderstar und in Hollywood umjubelt. In der Nacht zu Dienstag erlag die Schauspielerin Christine Kaufmann ihrem Krebsleiden.

Sie schrieb Bücher, spielte in TV-Serien, vertrieb ihre eigene Kosmetikserie im Fernsehen. Doch es gab eine Zeit, in der standen Christine Kaufmann in Hollywood alle Türen offen.

Mit 15 Jahren spielte sie das Vergewaltigungsopfer Karin Steinhof in „Stadt ohne Mitleid“ mit Kirk Douglas – und beeindruckte vor allem mit dieser Szene: „Macht es Ihnen Spaß, Fräulein Steinhof, Ihren Körper fremden Männern zu zeigen?“, fragt der Anwalt die junge Frau im Zeugenstand. Die schüttelt vehement den Kopf und ruft verzweifelt in den Saal: „Nein, ich sagte Ihnen doch, das habe ich nicht getan!“ Für diese Rolle bekam sie den Golden Globe.

Keine gute Kindheit

In der Nacht zum Dienstag ist der beliebte Film- und TV-Star mit 72 Jahren im Krankenhaus gestorben. Bei ihr waren ihr Bruder, ihre beiden Töchter und ihre Enkel. Zuletzt war die leukämiekranke Schauspielerin ins Koma versetzt worden.

Geboren wurde sie im letzten Kriegsjahr 1945 in der Steiermark. Die Eltern, ein Ex-Offizier und eine französische Maskenbildnerin, trennten sich bald, Kaufmann wuchs in München auf. Sowohl Christine als auch ihr Bruder Hans-Günther beklagten sich später, sie hätten keine gute Kindheit gehabt.

Erste Hauptrolle mit neun Jahren

Die Mutter drängte die kleine Christine dazu, beim Münchner Ballett des Gärtnerplatztheaters zu tanzen. Als Siebenjährige wurde sie für „Im weißen Rößl“ mit Johannes Heesters entdeckt und spielte danach in dem Kinofilm „Salto Mortale“.

Christine Kaufmann: Ihr Leben in Bildern

Die Schauspielerin und Autorin Christine Kaufmann starb am 28. März 2017 im Alter von 72 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in München.
Die Schauspielerin und Autorin Christine Kaufmann starb am 28. März 2017 im Alter von 72 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in München. © imago/Sven Simon | imago stock&people
Christine Kaufmann begann ihre Karriere als Kinderstar: Nach ihrem ersten großen Erfolg als „Rosen-Resli“ 1954 spielte sie ein Jahr später im Alter von zehn Jahren in „Wenn die Alpenrosen blüh’n“ das Mädchen Christine, das in den Tiroler Bergen abstürzt – wodurch Christines Eltern wieder zueinander finden.
Christine Kaufmann begann ihre Karriere als Kinderstar: Nach ihrem ersten großen Erfolg als „Rosen-Resli“ 1954 spielte sie ein Jahr später im Alter von zehn Jahren in „Wenn die Alpenrosen blüh’n“ das Mädchen Christine, das in den Tiroler Bergen abstürzt – wodurch Christines Eltern wieder zueinander finden. © imago/United Archives | imago stock&people
„Stimme der Sehnsucht“ aus dem Jahr 1956: Opernstar Rudolf Schock spielt den Tenor Stefan Berger, der dem Waisenkind Eva (Christine Kaufmann) ein Ständchen bringt.
„Stimme der Sehnsucht“ aus dem Jahr 1956: Opernstar Rudolf Schock spielt den Tenor Stefan Berger, der dem Waisenkind Eva (Christine Kaufmann) ein Ständchen bringt. © imago/United Archives | imago stock&people
In „Mädchen in Uniform“ spielte Kaufmann (r.) 1958 eine Internatsschülerin.
In „Mädchen in Uniform“ spielte Kaufmann (r.) 1958 eine Internatsschülerin. © imago/United Archives | imago stock&people
„Die singenden Engel von Tirol“ aus dem Jahr 1958: Christine Kaufmann als Evi (mit Hans Söhnker, l., und Pauli Engel).
„Die singenden Engel von Tirol“ aus dem Jahr 1958: Christine Kaufmann als Evi (mit Hans Söhnker, l., und Pauli Engel). © imago/United Archives | imago stock&people
Ende der 50er-Jahre ließ Kaufmann, die am 11. Januar 1945 in Lengdorf in der Steiermark geborene Tochter eines ehemaligen deutschen Offiziers und einer französischen Maskenbildnerin, die Heimatfilme hinter sich. Sie ging nach Italien. In „Vacanze d’inverno“ (Winterferien) spielte Kaufmann mit Alberto Sordi.
Ende der 50er-Jahre ließ Kaufmann, die am 11. Januar 1945 in Lengdorf in der Steiermark geborene Tochter eines ehemaligen deutschen Offiziers und einer französischen Maskenbildnerin, die Heimatfilme hinter sich. Sie ging nach Italien. In „Vacanze d’inverno“ (Winterferien) spielte Kaufmann mit Alberto Sordi. © imago/United Archives | imago stock&people
„Die letzten Tage von Pompeji“: An der Seite von Steve Reeves spielte Kaufmann 1959 die junge Christin Elena, die zum Tod verurteilt ist.
„Die letzten Tage von Pompeji“: An der Seite von Steve Reeves spielte Kaufmann 1959 die junge Christin Elena, die zum Tod verurteilt ist. © imago/United Archives | imago stock&people
Ihr Hollywood-Debüt hatte Christine Kaufman 1960 in „Stadt ohne Mitleid“ an der Seite von Kirk Douglas und der deutschen Kollegin Barbara Rütting (r.). Für ihre darstellerische Leistung als Opfer einer Vergewaltigung in dem Drama gewann die damals 15-Jährige ihre höchste Auszeichnung, einen Golden Globe als beste Nebendarstellerin.
Ihr Hollywood-Debüt hatte Christine Kaufman 1960 in „Stadt ohne Mitleid“ an der Seite von Kirk Douglas und der deutschen Kollegin Barbara Rütting (r.). Für ihre darstellerische Leistung als Opfer einer Vergewaltigung in dem Drama gewann die damals 15-Jährige ihre höchste Auszeichnung, einen Golden Globe als beste Nebendarstellerin. © dpa | Georg Göbel
In „Taras Bulba“ spielte Kaufmann an der Seite des 20 Jahre älteren US-Stars Tony Curtis. Er verließ seine Frau ...
In „Taras Bulba“ spielte Kaufmann an der Seite des 20 Jahre älteren US-Stars Tony Curtis. Er verließ seine Frau ... © imago/Granata Images | imago stock&people
... und heiratete 1963 die junge Deutsche Schauspielerin.
... und heiratete 1963 die junge Deutsche Schauspielerin. © dpa | UPI
Tony Curtis, Christine Kaufmann 1964 in „Monsieur Cognac“.
Tony Curtis, Christine Kaufmann 1964 in „Monsieur Cognac“. © imago/United Archives | imago stock&people
Tony Curtis und Christine Kaufmann 1965 mit der damals einjährigen Tochter Alexandra an Bord des Passagierschiffes „France“ in New York auf dem Weg nach Europa.
Tony Curtis und Christine Kaufmann 1965 mit der damals einjährigen Tochter Alexandra an Bord des Passagierschiffes „France“ in New York auf dem Weg nach Europa. © dpa | UPI
Curtis und Kaufmann 1965 in Rom: Kaufmann zog sich einige Jahre von der Filmarbeit zurück. Die Ehe sei nicht glücklich gewesen, sollte sie später immer wieder betonen – sie sei für Curtis lediglich eine hübsche junge Visitenkarte gewesen. Als die Ehe nach fünf Jahren geschieden wurde, kehrte sie mit ihren Töchtern Alexandra und Allegra nach Deutschland zurück. Bei dem erbitterten Sorgerechtsstreit wurden die Kinder sogar nach Los Angeles entführt.
Curtis und Kaufmann 1965 in Rom: Kaufmann zog sich einige Jahre von der Filmarbeit zurück. Die Ehe sei nicht glücklich gewesen, sollte sie später immer wieder betonen – sie sei für Curtis lediglich eine hübsche junge Visitenkarte gewesen. Als die Ehe nach fünf Jahren geschieden wurde, kehrte sie mit ihren Töchtern Alexandra und Allegra nach Deutschland zurück. Bei dem erbitterten Sorgerechtsstreit wurden die Kinder sogar nach Los Angeles entführt. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
In Deutschland gelang ihr das Comeback: Sie war in TV-Serien wie „Der Kommissar“ (hier mit Gunter Stoll) und „Derrick“ zu sehen.
In Deutschland gelang ihr das Comeback: Sie war in TV-Serien wie „Der Kommissar“ (hier mit Gunter Stoll) und „Derrick“ zu sehen. © imago/ZUMA/Keystone | imago stock&people
Christine Kaufmann bei Theaterproben in Hamburg in den 70er-Jahren.
Christine Kaufmann bei Theaterproben in Hamburg in den 70er-Jahren. © imago/United Archives | imago stock&people
In „Egon Schiele – Exzesse“ spielte Kaufmann 1981 die Frau des Malers.
In „Egon Schiele – Exzesse“ spielte Kaufmann 1981 die Frau des Malers. © imago/United Archives | imago stock&people
In der erfolgreichen TV-Serie „Monaco Franze – Der ewige Stenz“ hatte Christine Kaufmann (hier mit Ruth Maria Kubitschek) Anfang der 80er eine Hauptrolle: Als Mauerblümchen Olga konnte sie ihr komödiantisches Talent zeigen.
In der erfolgreichen TV-Serie „Monaco Franze – Der ewige Stenz“ hatte Christine Kaufmann (hier mit Ruth Maria Kubitschek) Anfang der 80er eine Hauptrolle: Als Mauerblümchen Olga konnte sie ihr komödiantisches Talent zeigen. © imago/United Archives | imago stock&people
Kaufmann in einer Szene der Serie „Soko 5113“.
Kaufmann in einer Szene der Serie „Soko 5113“. © imago/United Archives | imago stock&people
Mit Leidenschaft pflegte Christine Kaufmann das Familienleben mit ihren Töchtern – hier ein Foto mit Allegra Curtis.
Mit Leidenschaft pflegte Christine Kaufmann das Familienleben mit ihren Töchtern – hier ein Foto mit Allegra Curtis. © imago/teutopress | imago stock&people
Christine Kaufmann und ihre Tochter Allegra Curtis 2016.
Christine Kaufmann und ihre Tochter Allegra Curtis 2016. © dpa | Abb
Nach dem Ende der Ehe mit Tony Curtis heiratete Kaufmann noch drei Mal – zuletzt den Zeichner Klaus Zey. Die Ehe wurde 2011 geschieden.
Nach dem Ende der Ehe mit Tony Curtis heiratete Kaufmann noch drei Mal – zuletzt den Zeichner Klaus Zey. Die Ehe wurde 2011 geschieden. © dpa | Horst Ossinger
Neben ihren Engagement als Schauspielerin war Christine Kaufmann auch als Autorin aktiv. Sie schrieb Bücher mit Titeln wie „Verführung zur Lebenslust“, „Der Himmel über Tanger“ und „Scheinweltfieber“, gab Wellness- und Beauty-Tipps ...
Neben ihren Engagement als Schauspielerin war Christine Kaufmann auch als Autorin aktiv. Sie schrieb Bücher mit Titeln wie „Verführung zur Lebenslust“, „Der Himmel über Tanger“ und „Scheinweltfieber“, gab Wellness- und Beauty-Tipps ... © imago | imago
... und vertrieb ihre eigene Kosmetiklinie.
... und vertrieb ihre eigene Kosmetiklinie. © imago/APress | imago stock&people
Christine Kaufmann wurde 72 Jahre alt. Uralt zu werden sei nicht ihr Wunsch, sagte sie in einem Interview: „Ich interessiere mich für ein gutes Leben, nicht für ein langes. Ich habe auch keine Angst vorm Sterben.“
Christine Kaufmann wurde 72 Jahre alt. Uralt zu werden sei nicht ihr Wunsch, sagte sie in einem Interview: „Ich interessiere mich für ein gutes Leben, nicht für ein langes. Ich habe auch keine Angst vorm Sterben.“ © imago/Rainer Unkel | imago stock&people
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Mit nur neun Jahren bekam sie 1954 die Hauptrolle in dem Film „Rosen-Resli“, ein Kassenschlager der 50er-Jahre: Ein junges Mädchen züchtet und verkauft Rosen, damit sie die Behandlung ihrer Pflegemutter bezahlen kann. Rote Blumen, untreue Männer und mittendrin ein unschuldiges Fräulein – mit diesem Stoff stand ihr der Weg nach Hollywood offen. Dort lernte sie ihren ersten Mann kennen, den Filmstar Tony Curtis.

Früher Rückzug aus Hollywood

Damals war sie gerade 18 Jahre, er war mehr als doppelt so alt. Kurz darauf wurde Präsident Kennedy erschossen – genau an dem Tag erfuhr Kaufmann, dass sie schwanger war. Nach der ersten Tochter Alexandra kam bald die zweite: Allegra. Doch die junge Mutter hasste den „American Way of Life“. „Mit 22 habe ich festgestellt, dass ich ihn nicht liebe“, sagte sie später über Curtis. Frisch geschieden ging sie nach Deutschland zurück.

Doch bei einem Urlaub in den USA ließ Curtis die Kinder nicht heimreisen und setzte vor Gericht durch, dass sie bei ihm blieben. „Es ist ein bisschen so, als ob einem das Herz herausgeschnitten wird“, sagte sie über diese Zeit. „Man lebt weiter,
indem man einen Teil der Gefühle abschaltet.“

Nach Curtis drei weitere Hochzeiten

Sie blieb in Deutschland und arbeitete an ihrer TV-Karriere. Dort trat sie in Serien auf wie „Der Kommissar“ und „Derrick“, drehte mit Regisseur Werner Schroeter den Film „Der Tod der Maria Malibran“ und mit Rainer Werner Fassbinder die Filme „Lola“ und „Lili Marleen“. In den 80er-Jahren spielte sie in der beliebten Bayern-Serie „Monaco Franze“ mit. Sie kannte Helmut Dietl vorher, jetzt gab der Regisseur ihr erstmals die Chance, ihr komisches Talent zu beweisen.

Die Beziehung zu ihren Töchtern hielt sie aufrecht. Jeden Sommer durften die Mädchen bei ihr in Deutschland sein. Bei einem dieser Besuche erfuhr sie von der Drogensucht von Tony Curtis. Erst im Erwachsenenalter zogen die Töchter wieder bei der Mutter ein. Kaufmann heiratete noch drei weitere Male: den Fernsehregisseur Achim Lenz, den Musiker und Schauspieler Reno Eckstein sowie den Zeichner Klaus Zey.

Auftritte im Homeshopping

In den 2000er-Jahren erfand sich Christine Kaufmann noch einmal neu: Sie vertrieb ihre Kosmetik-Produkte im Homeshopping-Kanal, trat in Münchner Theaterstücken auf – und schrieb Ratgeber über Wellness und Schönheit.

Vor zwei Wochen erst war sie in einer Kochshow zu Gast, sie sprach viel über das Ende des Lebens, Trauer und den Tod – und erinnerte an die Zeit ihrer Geburt: „Es ist schon anders, wenn man im Krieg geboren ist“, sagte sie nachdenklich, „man hat ein ganz anderes Gefühl für Leben und für Zeit.“