Paderborn. Der Prozess um das „Horror-Haus“ von Höxter geht weiter: Wilfried W. sagte nun aus, dass seine Frau „treibende Kraft“ gewesen sei.

Der Angeklagte im Prozess um das „Horror-Haus“ von Höxter hat sich als Mitläufer bei den Misshandlungen von Frauen dargestellt. Wilfried W. gab bei seiner erneuten Befragung am 14. Verhandlungstag vor dem Landgericht Paderborn am Dienstag zwar erstmals auch körperliche Gewalt gegenüber Frauen wie Schubser, Haare ziehen und Schläge zu. Die treibende Kraft sei aber stets seine Ex-Frau gewesen, bekräftige er. Die Bekanntschaftsanzeigen, auf die sich dann spätere Opfer meldeten, habe er stets geschaltet, um die Frau fürs Leben zu finden. Daran habe er bis zuletzt geglaubt.

Der Angeklagte und seine Ex-Frau sind wegen Mordes durch Unterlassen und mehrfacher Körperverletzung angeklagt. Über Jahre hinweg soll das Duo mehrere Frauen in das Haus nach Ostwestfalen gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen aus Niedersachsen starben infolge der Quälereien. Die Angeklagten belasten sich gegenseitig, die treibende Kraft gewesen zu sein. Der Prozess wird am 28. März fortgesetzt. Ein Urteil wird nicht vor Herbst 2017 erwartet.

Mit Wasser verbrannt

Fall Höxter: Mord-Angeklagte vor Gericht

Über Jahre hinweg soll ein Paar per Zeitungsanzeigen mehrere Frauen aus Niedersachsen in ihr Haus nach Höxter (Nordrhein-Westfalen) gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen starben infolge der Quälereien. Die Angeklagten müssen sich wegen zweifachen Mordes und mehrfacher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Das Foto zeigt den Eingang und ein vernageltes Fenster des ehemaligen Hauses der Angeklagten im Ortsteil Bosseborn.
Über Jahre hinweg soll ein Paar per Zeitungsanzeigen mehrere Frauen aus Niedersachsen in ihr Haus nach Höxter (Nordrhein-Westfalen) gelockt und dort schwer misshandelt haben. Zwei Frauen starben infolge der Quälereien. Die Angeklagten müssen sich wegen zweifachen Mordes und mehrfacher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Das Foto zeigt den Eingang und ein vernageltes Fenster des ehemaligen Hauses der Angeklagten im Ortsteil Bosseborn. © dpa | Friso Gentsch
Prozess am Landgericht Paderborn in Nordrhein-Westfalen: Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten am 6. September für die beiden Deutschen Winfried W. (l.) und Angelika W. lebenslange Freiheitsstrafen, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und für Wilfried W. die Einweisung in die Psychiatrie gefordert.
Prozess am Landgericht Paderborn in Nordrhein-Westfalen: Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten am 6. September für die beiden Deutschen Winfried W. (l.) und Angelika W. lebenslange Freiheitsstrafen, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und für Wilfried W. die Einweisung in die Psychiatrie gefordert. © dpa | Guido Kirchner
Die Anwälte des Angeklagten wiesen die Vorwürfe in ihren Plädoyers zum Teil zurück und forderten eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Sie sprachen sich gegen eine lebenslange Haftstrafe aus, weil ihr Mandant nur vermindert schuldfähig sei. Diese Aufnahme zeigt Winfried W. mit seinem Verteidiger Detlev Binder.
Die Anwälte des Angeklagten wiesen die Vorwürfe in ihren Plädoyers zum Teil zurück und forderten eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Sie sprachen sich gegen eine lebenslange Haftstrafe aus, weil ihr Mandant nur vermindert schuldfähig sei. Diese Aufnahme zeigt Winfried W. mit seinem Verteidiger Detlev Binder. © dpa | Friso Gentsch
Die Staatsanwaltschaft und drei Nebenkläger forderten für einen versuchten und einen vollendeten Mord durch Unterlassen lebenslange Haftstrafen und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.
Die Staatsanwaltschaft und drei Nebenkläger forderten für einen versuchten und einen vollendeten Mord durch Unterlassen lebenslange Haftstrafen und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. © dpa | Guido Kirchner
Wilfried W.s frühere Ehefrau Angelika W. ist ebenfalls angeklagt. Die Aufnahme zeigt sie mit ihrem Anwalt Peter Wüller im Landgericht. Nach ihrer Festnahme im April 2016 hatte die 49-Jährige mehrfach stundenlang bei der Polizei von den brutalen Geschehnissen im sogenannten „Horror-Haus“ berichtet.
Wilfried W.s frühere Ehefrau Angelika W. ist ebenfalls angeklagt. Die Aufnahme zeigt sie mit ihrem Anwalt Peter Wüller im Landgericht. Nach ihrer Festnahme im April 2016 hatte die 49-Jährige mehrfach stundenlang bei der Polizei von den brutalen Geschehnissen im sogenannten „Horror-Haus“ berichtet. © dpa | Friso Gentsch
Angelika W. gilt nach Meinung einer Gutachterin als voll schuldfähig.
Angelika W. gilt nach Meinung einer Gutachterin als voll schuldfähig. © dpa | Guido Kirchner
Der Prozess gegen die Angeklagten läuft seit 26. Oktober 2016.
Der Prozess gegen die Angeklagten läuft seit 26. Oktober 2016. © dpa | Bernd Thissen
Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Opfer in ihr Haus im nordrhein-westfälischen Höxter gelockt und dort gequält zu haben. Sie sollen Frauen angekettet, starker Kälte ausgesetzt und mit Tritten und Schlägen systematisch gequält haben.
Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Opfer in ihr Haus im nordrhein-westfälischen Höxter gelockt und dort gequält zu haben. Sie sollen Frauen angekettet, starker Kälte ausgesetzt und mit Tritten und Schlägen systematisch gequält haben. © dpa | Jonas Güttler
Das Haus wurde schnell das „Horror-Haus von Höxter“ genannt.
Das Haus wurde schnell das „Horror-Haus von Höxter“ genannt. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Zwei Frauen starben in Folge der Folterungen, die sie erleiden mussten. Eine weitere Frau entkam ihren Peinigern. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sollen die beiden Angeklagten mindestens acht weitere Opfer um größere Geldsummen gebracht haben.
Zwei Frauen starben in Folge der Folterungen, die sie erleiden mussten. Eine weitere Frau entkam ihren Peinigern. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sollen die beiden Angeklagten mindestens acht weitere Opfer um größere Geldsummen gebracht haben. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Die Misshandlungsfälle waren im Sommer 2016 aufgeflogen, nachdem die beiden Angeklagten die lebensgefährlich verletzte Susanne F. aus Bad Gandersheim zurück nach Niedersachsen bringen wollten. Auf dem Weg hatten sie eine Autopanne und entschieden sich, den Notarzt zu verständigen. Für das Opfer kam die Hilfe jedoch zu spät. Susanne F. starb später im Krankenhaus.
Die Misshandlungsfälle waren im Sommer 2016 aufgeflogen, nachdem die beiden Angeklagten die lebensgefährlich verletzte Susanne F. aus Bad Gandersheim zurück nach Niedersachsen bringen wollten. Auf dem Weg hatten sie eine Autopanne und entschieden sich, den Notarzt zu verständigen. Für das Opfer kam die Hilfe jedoch zu spät. Susanne F. starb später im Krankenhaus. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Polizeiliches Siegel an der Tür des Hauses in Höxter: Die Angeklagte hatte detailliert ausgesagt und auch einen weiteren Todesfall aus dem Jahr 2014 zugegeben. Die Leiche der 33-jährigen Angelika W. sollen sie und ihr Ex-Mann demnach eingefroren, zerstückelt und nach und nach im Ofen verbrannt haben.
Polizeiliches Siegel an der Tür des Hauses in Höxter: Die Angeklagte hatte detailliert ausgesagt und auch einen weiteren Todesfall aus dem Jahr 2014 zugegeben. Die Leiche der 33-jährigen Angelika W. sollen sie und ihr Ex-Mann demnach eingefroren, zerstückelt und nach und nach im Ofen verbrannt haben. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Ermittler tragen Kartons aus dem Haus des beschuldigten Ex-Ehepaares. Während die Angeklagte bereits detailliert ausgesagt hatte, schwieg ihr geschiedener Ehemann Wilfried W. zunächst.
Ermittler tragen Kartons aus dem Haus des beschuldigten Ex-Ehepaares. Während die Angeklagte bereits detailliert ausgesagt hatte, schwieg ihr geschiedener Ehemann Wilfried W. zunächst. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
Passanten hatten nach Bekanntwerden der Taten Kerzen, Blumen und Kreuze im Gedenken an die Todesopfer vor dem Haus in Höxter niedergelegt. Die beiden Todesfälle stehen im Mittelpunkt des Prozesses.
Passanten hatten nach Bekanntwerden der Taten Kerzen, Blumen und Kreuze im Gedenken an die Todesopfer vor dem Haus in Höxter niedergelegt. Die beiden Todesfälle stehen im Mittelpunkt des Prozesses. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch
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Wilfried W. wies bei der Vernehmung empört zurück, seine heute 48-jährige Ex-Frau mit heißem Wasser vor Jahren an der Schulter verbrüht zu haben. Das hatte die Mitangeklagte in ihrer Aussage in den ersten Prozesswochen vor Gericht ausgesagt. Angelika W. habe sich vielmehr selbst kochend heißes Wasser über die Schulter gegossen.

„Sie wollte nicht arbeiten. Sie hat sich ständig Krankenscheine besorgt, damit sie gegenüber den Behörden Argumente hatte, um weiterhin Hartz IV zu beziehen“, sagte der Angeklagte aus. Eins gab er zu: Als er seiner Ex-Frau helfen wollte, kaltes Wasser über die heiße Kleidung zu gießen, um die verbrühte Haut zu retten, habe er den Hahn für kaltes und warmes Wasser verwechselt. Das sei aber keine Absicht gewesen.

Ex-Frau war eifersüchtig

Der Angeklagte sagte ausführlich zum Verhältnis zu seiner Ex-Frau aus. Der 47-Jährige schilderte, wie sich die beiden nach einer Bekanntschaftsanzeige 1999 zum ersten Mal getroffen hatten. „Es hat sofort gefunkt, wir haben bereits am ersten Tag Zukunftspläne geschmiedet“, sagte Wilfried W.. Bereits am nächsten Tag hätten die beiden beschlossen, zu heiraten. Erste Probleme habe es kurze Zeit nach der Trauung gegeben. Seine damalige Frau sei schnell eifersüchtig gewesen und habe ihn ständig kontrolliert.

In den Jahren danach habe sich zwischen den beiden eine Beziehung mit viel Ärger und Streitereien entwickelt. Mal wohnten sie gemeinsam in einer Wohnung, dann trennten sie sich auch räumlich. Immer gab es aber täglichen Kontakt, auch nach der Scheidung der beiden im Jahr 2003. Der Verteidiger von Wilfried W. ging mit seinem Mandanten den Zeitraum durch, bis der 47-Jährige mit Angelika W. nach Höxter zog.

Bei der Aussage und anschließenden Befragung durch das Gericht, Staatsanwaltschaft, Nebenkläger und Gutachter über fast vier Stunden verwickelte sich Wilfried W. mehrmals in Widersprüche. Wiederholt antwortete er mit zeitlichem Abstand auf die gleichen Fragen unterschiedlich. Mal bezeichnete er sich als menschenscheu, dann wieder als jemand, der sich gerne mit Menschen unterhält.

Wie bereits bei der ausführlichen Aussage der Angeklagten blieb für alle Fragesteller am Ende offen, warum die beiden über Jahre trotz der geschilderten Probleme aneinander festhielten. (dpa)