Berlin. Clint Buffington sammelt seit Jahren Nachrichten aus dem Meer. Bei seiner Suche nach den Absendern helfen ihm auch mal Facebook-Nutzer.

Clint Buffington sammelt Flaschen. Weinflaschen, Bierflaschen, Saftflaschen. Doch wichtig sind dem 32-jährigen Amerikaner nicht die Behältnisse, sondern ihr Inhalt: Buffington, Autor, Musiker und Dozent, ist vom Jagdfieber nach Flaschenpost erfasst. 83 Nachrichten, die in Flaschen über das Meer auf Reisen geschickt wurden, hat er schon gefunden.

Die ungewöhnliche Faszination begann auf einer Reise vor zehn Jahren. Buffington, damals 22, war gerade mit der Uni fertig und mit seinem Vater in der Karibik unterwegs. Die beiden spazierten am Strand entlang, auf der Suche nach Muscheln und interessantem Treibgut, als Buffington eine blaue Flasche auffiel. „Die Lieblingsfarbe meines Bruders ist blau“, so Buffington, „und er war traurig, dass er nicht dabei sein konnte, also dachte ich, ich bringe sie ihm mit, als Souvenir.“ Erst als er näher kam, sah er, dass in der Flasche Papier steckte.

Flaschenpost kam von Paar aus British Columbia

Die Nachricht, eingewickelt in Geldscheine, hatte ein Paar aus der kanadischen Provinz British Columbia geschickt, das auf einem Kreuzfahrtschiff von Frankreich aus Richtung Karibik den Atlantik überquerte. Die Botschaft war schlicht: „Das ist eine Erfahrung, die wir nie vergessen werden“, stand auf dem orangefarbenen Papier – und eine E-Mail-Adresse.

Buffington war begeistert. „Ich musste sie einfach kontaktieren“, sagt er. Er schrieb eine E-Mail und bekam Antwort. Das Paar aus Kanada freute sich, von ihm zu hören, und antwortete. Der Kontakt zu den Absendern der ersten Nachricht, die Buffington fand, brach irgendwann ab. Doch Buffingtons Interesse war geweckt: Er begann, gezielt nach Flaschen und ihren Absendern zu suchen.

Suche ist nur Teil der Faszination

Buffington lebt in Salt Lake City, Utah – weit weg von jedem Meer. Doch wann immer er kann, geht er auf Reisen, auf der Suche nach neuen Schätzen an neuen Stränden. „Ich verwende einen großen Teil meiner Zeit und meines Geldes auf das Sammeln“, so Buffington. Doch die Suche ist nur ein Teil der Faszination. Auch das Öffnen der Flasche und das Fahnden nach den Autoren der Botschaften ist eine Herausforderung.

„Man kann die Flasche nicht einfach aufschlagen, das Papier ist sehr fragil“, erklärt er. Stattdessen öffnet er die Flaschen, wenn sie nicht aus Plastik sind, mit einem Glasschneidewerkzeug.

Dann beginnt die Detektivarbeit. Ist die Nachricht lesbar? Gibt es eine Möglichkeit, den Autor zu kontaktieren, oder zumindest Hinweise, wo die Suche beginnen kann? „Wenn ich Glück habe, hat der Absender die Nachricht mit Bleistift geschrieben“, sagt Buffington. „Bleistift verblasst nicht. Tinte verblasst bis zur Unsichtbarkeit.“

Facebook-Nutzer helfen bei Suche nach Absenderin

Flaschenpostjäger Clint Buffington mit dem Brief von Sabine Roy.
Flaschenpostjäger Clint Buffington mit dem Brief von Sabine Roy. © CLINT BUFFINGTON | CLINT BUFFINGTON

Doch nicht immer hat er Glück. 2011 gräbt er eine Plastikflasche mit einer Nachricht aus dem Sand. Doch der Brief, geschrieben auf Papier mit dem Logo eines Kreuzfahrtschiffs, ist kaum noch lesbar – alles, was der Sammler mit Mühe entziffern kann, sind drei Wörter: „Sabine Roy“ und „Düsseldorf“. Buffington setzt sich an den Computer und beginnt zu recherchieren. Auf Facebook gibt es mehrere Nutzerinnen mit diesem Namen, doch die Autorin der Nachricht ist nicht dabei. Auch Suchmaschinen helfen nicht weiter.

Buffington gibt nicht auf. Über Jahre sucht er immer wieder nach Sabine Roy. Er wühlt sich durch Google-Ergebnisse, bis er an die Grenzen seiner Deutschkenntnisse kommt, bittet Zeitungen um Unterstützung. Schließlich fragt er seine Facebook-Fans um Hilfe. Diese teilen seinen Post fleißig, Tausende Menschen sehen den Aufruf. Bei Buffington laufen aus der ganzen Welt Hinweise auf die Identität von Sabine Roy ein. Ein Facebook-Nutzer aus Helgoland stellt den Kontakt zwischen Buffington und Roy schließlich her. Im Juli 2015, vier Jahre nachdem er ihre Nachricht gefunden hatte, trifft Buffington Sabine Roy in Düsseldorf.

Damit die Welt nicht mehr voller Fremder ist

Begegnungen wie diese sind es, die für Buffington die Faszination dieser Art der Kommunikation ausmachen. „Eine Flaschenpost ist für mich ein Schatz, denn sie führt zu Freundschaften“, sagt er. „Sie führt dazu, dass die Welt nicht mehr voller Fremder ist, und das finde ich sehr wertvoll.“ Seit er angefangen hat zu sammeln, hat er 83 Flaschen gefunden. Mit zwanzig Absendern ist er in Verbindung, elf hat er – wie Sabine Roy – persönlich getroffen. „Ich habe so echte Freunde gefunden“, so Buffington.

Noch ist die nächste Schatzsuche nicht geplant. Eine Vorstellung, wo es hingehen soll, hat Buffington schon. „Grönland oder Island würden mich interessieren. Da gibt es so viel Küste – und so wenig Menschen. Ich kann mir vorstellen, dass man dort viel findet.“

Alle Flaschenpost-Geschichten gibt es auf Clint Buffingtons Webseite nachzulesen.