Haftbefehl nach Kindermord in Herne – Was wir bisher wissen
•
Lesezeit: 4 Minuten
Herne. Marcel H. sitzt nun offiziell in Haft. Der mutmaßliche Kindermörder stellte sich der Polizei. Noch sind viele Fragen offen. Die Fakten.
Drei Tage lang ist Marcel H. auf der Flucht, ehe sich der mutmaßliche Kindermörder am Donnerstagabend in Herne stellt. Die Polizei nimmt den 19-Jährigen fest. Wenig später finden die Ermittler eine weitere Leiche. Ein Überblick:
Was wir bisher wissen
• Die Tat: Ein Junge (9) wird am Montagabend in Herne erstochen im Keller des Nachbarn Marcel H. (19) gefunden. Der Junge ist laut Obduktion mit mehreren Messerstichen getötet worden. Der Polizei liegen im Internet verbreitete Fotos vor, die Marcel H. blutverschmiert neben dem Kind zeigen. Die Aufnahmen machen selbst Ermittler fassungslos. Nach Angaben des Anwalts von der Familie des Ermordeten, Reinhard Peters, lockte H. den Jungen unter einem Vorwand zu sich rüber. Demnach bekam der Bruder mit, wie H. fragte, ob der Junge eine Leiter halten könne.
• Der Fund: Ein bislang unbekannter Internet-Nutzer sieht die Bilder im Netz und verständigt die Polizei. Einsatzkräfte dringen in das Haus von Marcel H. ein und finden den getöteten Jungen. Fast zeitgleich trifft am Tatort der Stiefvater ein, der nach Angaben des Anwalts nach dem Jungen gesucht hat. H. finden die Beamten nicht.
• Der Verdächtige: Die Polizei stufte Marcel H. bei der Fahndung als gefährlich ein. Der 19-Jährige deutete den Ermittlern zufolge weitere Taten an. H. ist Brillenträger, hat kurze Haare, ist schlank und etwa 1,75 Meter groß.
• Die Festnahme: Die Polizei fasst Marcel H. am Donnerstagabend in Herne – drei Tage nach dem Verbrechen im Haus. Nach Angaben der Ermittler betrat der 19-Jährige einen Imbiss und bat darum, die Polizei zu verständigen. H. gab den Ermittlern nach seiner Festnahme Hinweise auf einen Brand in Herne. Am Brandort fanden Einsatzkräfte eine männliche Leiche. H. wird von den Ermittlern vernommen.
• Der Haftbefehl: Marcel H. sitzt seit Freitag offiziell in Haft. Er werde in eine Justizvollzugsanstalt gebracht, teilte die Polizei mit. Bei dem Haftbefehl gehe es bislang nur um die Tötung des Neunjährigen. „Der Haftbefehl wird wahrscheinlich noch erweitert“, sagte der Bochumer Oberstaatsanwalt Paul Jansen, ohne weitere Details zu nennen.
• Ein weiteres Opfer: Der in der Brandwohnung in Herne gefundene Tote ist ein junger Bewohner der Stadt. „Wir wissen nur, dass es sich um einen männlichen Mitbürger unserer Stadt handelt, der noch relativ jung ist“, sagte der Herner Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD). Einsatzkräfte hatten die Leiche am Donnerstagabend kurz nach der Festnahme von Marcel H. gefunden.
• Die Suche: Die Behörden fahndeten bundesweit nach Marcel H. und gingen bis Donnerstag mehr als 1400 Hinweisen aus ganz Deutschland nach. Es gab immer wieder Großeinsätze, unter anderem in Herne, Mönchengladbach, Wetter (Ruhr) und im Siegerland. Die Polizei setzte Hubschrauber, Wärmebildkameras und Hunde ein.
Was wir nicht wissen
• Das Motiv: Der mutmaßliche Kindermörder H. ist der Polizei vor der Tat nicht strafrechtlich aufgefallen. Die Polizei beschreibt ihn als Einzelgänger. Er hat den Angaben zufolge auch Gedanken an einen Suizid angedeutet. Doch was den 19-Jährigen getrieben haben könnte, wollen die Ermittler aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst nicht sagen.
Am Donnerstag werteten die Ermittler eine digitale Audiobotschaft mit Schilderungen zu der Tat aus. Die Polizei nimmt an, dass sie vom Täter stammt. Auffallend sei die Gefühlskälte bei den Beschreibungen. Die Polizei machte keine Angaben, wie sie auf die Audiobotschaft gestoßen ist.
• Ein weiteres Opfer: Unklar ist, wie es zu dem Brand in Herne kam. Auch die Identität des Opfers ist noch nicht öffentlich bekannt, genauso wenig wie die Beziehung, in der der Tote zu Marcel H. stand.
Bereits während der Fahndung prüfte die Polizei Hinweise auf ein weiteres Opfer. Ein User hatte sich laut Polizei in einem Internet-Chat als der Kindermörder ausgegeben und dort beschrieben, wie er eine Frau überwältigt habe, um an Daten für einen Bankzugang sowie Computer und Telefon zu kommen. In dem von der Polizei veröffentlichen Chat-Text beschreibt der User, wie er ein „120 kg Biest bekämpft“ habe. (dpa)