Peking. Wegen des Männerüberschusses müssen Chinesen ihren künftigen Frauen viel bieten. Nur mit hoher Mitgift haben sie Chance auf Heirat.

Immobilienbesitz ist ein Muss. Ebenso ein Auto. Ein gutes Einkommen sowieso. Doch will der 31-jährige Junggeselle Jue Hao eine Frau fürs Leben finden, reicht nicht einmal das. Umgerechnet 10.000 Euro würde er der Familie seiner Zukünftigen bieten. Das hat er zumindest in einer Kontaktanzeige geschrieben. Gemeldet hatte sich keiner. „Das war wohl noch zu wenig“, sagt er frustriert. Aber mehr Geld hat seine Familie nicht.

Nach drei Jahrzehnten Ein-Kind-Politik gibt es im bevölkerungsreichsten Land einen eklatanten Männerüberschuss. Weil lange Zeit Jungs mehr zählten als Mädchen, wurden weibliche Föten vielfach abgetrieben. Erst vor einem Jahr hat die chinesische Führung die Ein-Kind-Politik aufgehoben. Nun gibt es landesweit 33 Millionen mehr Männer als Frauen. Von diesen Männern sind etwa 20 Millionen im heiratsfähigen Alter. Wer eine Frau finden will, muss daher tief in die Tasche greifen.

Die Angst der jungen Männer, im Junggesellendorf zu landen

100.000 Yuan (etwa 13.000 Euro) sind die Männer und ihre Familien im Schnitt bereit, der Familie ihrer Zukünftigen zu bezahlen – eine Art Mitgift. In einigen Gegenden liegt der „Brautpreis“ sogar bei mehr als einer Million Yuan. „Gerade auf dem Land ist die Angst von jungen Männern groß, in einem der Hunderten Junggesellendörfer zu enden“, sagt der Pekinger Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler Hu Xingdou. Insgesamt sind in China mehr als 200 Millionen Menschen alleinstehend.

Die Bezirksregierung von Taiqian in der zentralchinesischen Provinz Henan hat nun auf die – in ihren Worten – „ausufernden Ausgaben“ reagiert. Der Brautpreis darf nicht höher als bei 60.000 Yuan (etwa 8.000 Euro) liegen, heißt es in einer neuen Richtlinie. Die Behörde ruft zudem zu bescheideneren Hochzeitsfeiern auf. Auch die hätten „groteske Ausmaße“ angenommen.

Zahl der Tische bei Feier vorgeschrieben

Hochzeitsbanketts mit mehr als 1000 Gästen seien üblich. „Zehn Tische pro Feier reichen“, heißt es nun. Auch sollte der Autokorso aus nicht mehr als sechs Fahrzeugen bestehen. Strafen sind noch nicht vorgesehen. Die Bezirksregierung hat jedoch Hochzeitsplaner und lokale Parteifunktionäre angewiesen, „unverzüglich“ einzugreifen, sollten es Paare mit den Ausgaben übertreiben.

Viele begrüßen diese Entscheidung. Die Anweisungen stoßen allerdings nicht nur auf Wohlwollen. Die Regeln seien zwar gut gemeint, schreibt ein Weiterer: „Doch wie viel eine Familie für eine Hochzeit auszugeben bereit ist, sollte Privatsache bleiben.“

30. Geburtstag ist die magische Grenze

Heiraten hat in China immer noch einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Vor dem 30. Geburtstag sollten alle unter der Haube sein, lautet die gängige Sichtweise. Bei den meisten Frauen ist das auch der Fall. Nach Angaben des chinesischen Statistikamts sind etwa 90 Prozent aller Frauen vor ihrem 30. Lebensjahr den Bund des Lebens eingegangen. Wer jedoch zu den restlichen zehn Prozent gehört, hat es umso schwerer.

Denn anders als bei Männern können sie sich ihren Ehepartner nicht einmal „kaufen“. Im Gegenteil: Eine Frau, die beruflich erfolgreicher und womöglich auch wohlhabender als der Mann ist, gilt als verpönt. Als „übrig geblieben“ werden sie bezeichnet. Oder gar als „Nühanzi“, als „Mannweib“. Dabei gibt es in China immer mehr Frauen, die Kariere machen und finanziell nicht auf eine Ehe angewiesen sind.