Los Angeles/Berlin. Es war eine sehr politische Oscar-Verleihung. Vor allem Moderator Jimmy Kimmel nutzte die Show für Kritik an US-Präsident Donald Trump.
Der US-Präsident kam gar nicht gut weg bei der diesjährigen Oscar-Verleihung. Die Gala wurde zu einer großen Anti-Trump-Show. Obwohl nicht immer namentlich genannt, war klar, dass der neue Präsident Ziel so mancher Stichelei war.
Vom Moderator Jimmy Kimmel über zahlreiche Nominierte und Künstler auf dem roten Teppich bis zu den Dankesreden – viele machten mit einem Seitenhieb oder einem politischen Appell auf die politische Lage in den USA aufmerksam.
Blaue Schleifen auf den Kleidern
Zahlreiche Filmschaffende hatten sich kleine hellblaue Schleifen an ihre Kleider gepinnt. So etwa die äthiopisch-irische Schauspielerin Ruth Negga und das Model Karlie Kloss, aber auch der Regisseur Barry Jenkins und das Songtexter-Team Benj Pasek und Justin Paul, die mit Komponist Justin Hurwitz für „City of Stars“ den Oscar für den besten Song gewannen. Kein modisches Statement, sondern ein politisches.
Damit unterstützen sie die American Civil Liberties Union (ACLU), die sich für die Bürgerrechte aller Amerikaner einsetzt – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Religion oder sexueller Orientierung.
Die ACLU hatte schon vor der Oscar-Verleihung angekündigt, dass man die blauen Schleifen bei der Gala in Los Angeles sehen würde. Sie sind eigentlich ein Zeichen für Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung. Im Zusammenhang mit der Politik von US-Präsident Donald Trump sind sie ein Protest gegen seine Beschränkung der Pressefreiheit und auch gegen seine restriktive Einwanderungspolitik.
Moderator Jimmy Kimmel
Jimmy Kimmel wurde gleich in seinem Eingangs-Statement politisch: „Diese Übertragung wird von Millionen Amerikanern geschaut und in mehr als 225 Ländern – die uns nun alle hassen“, sagt er. Das Land sei geteilt. Aber er könne es nicht vereinen. Es gebe nur einen Braveheart – und selbst der werde wohl wenige vereinen, sagt Kimmel mit Blick auf Mel Gibson im Publikum. Ein Seitenhieb auf Gibsons anti-semitische Äußerungen vor Jahren, nach denen er erstmal in der Hollywood-Versenkung verschwand.
Dann sprach er direkt über den US-Präsidenten. „Wir sollten Donald Trump danken. Erinnert ihr euch noch an letztes Jahr, als die Oscar-Verleihung rassistisch war?“ Das war ein Verweis auf die Kritik im vergangenen Jahr, als kein schwarzer Filmschaffender unter den Nominierten war. Der Hashtag #OscarsSoWhite wurde damals zum großen Thema in den sozialen Medien und hatte eine breite Diskussion über Rassismus in der Filmbranche ausgelöst.
Auch Trumps gespaltenes Verhältnis zur Presse war Thema im Eingangsstatement des Moderators. „Ist hier irgendjemand von der CNN oder der New York Times? Irgendwelche Journalisten, die für ein Medium arbeiten, in dem das Wort ‘Times’ vorkommt?“ Er wolle sie höflich bitten, den Saal sofort zu verlassen. „Wir mögen keine Fake News.“
Besonders herzlich begrüßte Kimmel übrigens Meryl Streep. Trump hatte sie als „absolut überbewertet“ bezeichnete. Es gab stehende Ovationen.
Einen besonderen Tipp hatte der Moderator auch für die Gewinner des Abends parat. Sie sollten sich freuen. Schließlich bekämen sie die Chance, dass der Präsident „in Großbuchstaben über sie twittert, wenn er morgen früh um 5 Uhr Verdauungsprobleme hat“. Weil er das während der gesamten Gala nicht tat, fragte Kimmel ihn via Twitter, ob er denn überhaupt wach sei.
Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs
Die Präsidentin der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die die Oscars vergibt, nutzte ihre kurze Ansprache ebenfalls für einen Seitenhieb auf Präsident Trump. „Der heutige Abend ist Beweis dafür, dass die Kunst keine Mauern kennt. Und sie gehört auch nicht einem bestimmten Glauben“, sagte Cheryl Boone Isaacs auf der Bühne. Alle Künstler auf der ganzen Welt seien durch ein unzerbrechliches Band miteinander verbunden, das stark und dauerhaft sei.
Dankesrede des iranischen Oscar-Gewinners Asghar Farhadi
Nicht „Toni Erdmann“ bekam den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Sieger wurde „The Salesman“ vom iranischen Regisseur Asghar Farhadi. Er nahm die Auszeichnung aber nicht persönlich entgegen – aus Protest gegen die Politik von Donald Trump. Stattdessen las die iranisch-amerikanische Multimillionärin und erste Weltraumtouristin Anousheh Ansari ein Statement vor.
Er sei aus Solidarität für seine Landsleute und Kollegen aus den anderen sechs Ländern, die der US-Präsident mit einem Einreisebann belegt hätte, zu Hause gebleiben, ließ Farhadi mitteilen. „Wer die Welt in Kategorien von „Wir“ und „unsere Feinde“ einteilt, schafft Angst. (...) Filmemacher erzeugen Empathie zwischen uns und anderen. Und Empathie ist das, was wir heute mehr brauchen denn je.“
Schon zuvor hatte Farhadi mit Verweis auf Donald Trump gesagt: „Engstirnige Individuen nutzen das Einflößen von Angst häufig dazu, Extremismus und fanatisches Verhalten zu rechtfertigen.“
Regisseure der nominierten fremdsprachigen Filme
Die Regisseure der fünf Filme, die für den Auslands-Oscar nominiert waren – also auch Maren Ade von „Toni Erdmann“ – hatten bereits Tage vor der Oscar-Verleihung einen gemeinsamen Brief veröffentlicht. Darin bekennen sie sich zur Vielfältigkeit der Künste. Ein klares Statement gegen den US-Präsidenten.
„Unabhängig davon, wer den Oscar für den besten ausländischen Film am Sonntag gewinnt, weigern wir uns, in Grenzen du denken. Wir glauben, dass es nicht das beste Land, das beste Geschlecht, die beste Religion oder die beste Hautfarbe gibt. Diese Auszeichnung soll ein Symbol der Einheit zwischen den Nationen und der Freiheit der Künste sein.“
Die Oscar-Verleihung zum Nachlesen finden Sie hier in unserem Live-Blog aus der Nacht.