München. Die Adoptivmutter des Opfers eines Mordes geht auf die mutmaßliche Täterin zu. Vor Gericht spielten sich dabei ungewöhnliche Szenen ab.

Obwohl die Angeklagte den Sohn brutal getötet haben soll, hat die Mutter des Opfers im Prozess um einen Kreissägen-Mord in München den Kontakt zu der mutmaßlichen Mörderin gesucht. Die Adoptivmutter, die in dem Aufsehen erregenden Prozess als Nebenklägerin auftritt, äußerte am Dienstag vor dem Landgericht München den Wunsch nach einem persönlichen Gespräch. Nachdem die Besucher den Saal verlassen hatte, setzte sich die Nebenklägerin neben die mutmaßliche Täterin auf die Anklagebank.

Der Vorsitzende Richter Michael Höhne hatte zuvor gesagt, dies sei nach Ende der Verhandlung möglich – wenn die Angeklagte dies ebenfalls wolle. Offensichtlich hatte die Angeklagte dann die Zustimmung symbolisiert. Zuvor hatte die Mutter bereits versucht, die Hand der 32 Jahre alten Angeklagten zu ergreifen, wurde aber von einem Justizbeamten daran gehindert.

Adoptivmutter des Opfers: „Ich habe auch keinen Hass“

Die junge Frau hat gestanden, ihren Lebensgefährten im Dezember 2008 beim Sexspiel mit einer Kreissäge getötet zu haben. Die Mutter des Opfers sagte nun, sie habe die Angeklagte immer als „angenehm und liebenswert“ und als „liebevollen Menschen“ erlebt. „Ich habe auch keinen Hass“, sagte die Frau, die das Opfer großgezogen hatte.

So furchtbar es auch gewesen sei, vom Schicksal ihres Sohnes zu erfahren, so erleichtert sei sie auch, nun Gewissheit zu haben. Jahrelang habe sie sich Vorwürfe gemacht, sie sei schuld daran, dass ihr Sohn den Kontakt abgebrochen habe. Heute wisse sie: Er habe sich nicht gemeldet, „weil er sich nicht melden wollte, sondern weil er sich nicht melden konnte.“ Erst im Jahr 2016 war die Leiche des jungen Mannes im Garten der Angeklagten gefunden worden.

In E-Mail schrieb mutmaßliche Täterin über Trennung

Polizisten berichteten am Dienstag vor Gericht von den Ermittlungen. Die Angeklagte gaukelte ihren Bekannten demnach vor, sie habe sich von ihrem Freund getrennt. „Alex und ich sind nicht mehr zusammen“, schrieb sie im Januar in einer E-Mail an eine ehemalige Mitbewohnerin. „Es ist nun wirklich aus.“ Zu dem Zeitpunkt war ihr Lebensgefährte schon einen Monat tot.

Nach Angaben ihrer Anwältin hat die Studentin der Waldorf-Pädagogik die Tötung gestanden. Bei ihrer Aussage zum Prozessauftakt am Montag war die Öffentlichkeit allerdings zum Schutz der Privatsphäre von Täter und Opfer ausgeschlossen. Bei der Aussage ging es vor allem um das Sexleben des Paares.

Ursprünglich war für Dienstag die Aussage des derzeitigen Verlobten der Angeklagten geplant, der wegen Strafvereitelung im Gefängnis sitzt. Das Amtsgericht hatte ihn verurteilt, weil er half, die Leiche im Garten zu vergraben. Er soll nun zu einem anderen Zeitpunkt aussagen. (dpa)