Berlin. Auch Neonazis können tierlieb sein. Durch eine Spendenaktion fühlen sich aber Tierheime deutschlandweit reingelegt und ausgenutzt.

Zum Jahreswechsel stellte die Facebookseite einer als rechtsextremistisch eingestuften Splitterpartei eines klar: „Guten Rutsch“ könne nicht der korrekte deutsche Gruß sein, weil die Redewendung aus dem Jiddischen stammen könnte. Bei anderen Aktionen rund um Silvester traten die Neonazis offenbar nicht so klar auf: Deutschlandweit fühlen sich Tierheime hinters Licht geführt und für Propaganda missbraucht. Mindestens zehn Tierheime haben Spenden erhalten, mit denen die Partei wirbt. Eines wird für seine deutliche Reaktion gefeiert.

Die Partei „Der III. Weg“ hatte sich zu Silvester in Verlautbarungen und auf Plakaten gegen Pyrotechnik ausgesprochen und eine Aktion ausgerufen: stattdessen Tierfutter spenden. Und mit dem Futter oder Geld standen Vertreter der Partei dann in vielen Teilen Deutschlands in Tierheimen auf der Matte. Auf der Facebookseite findet sich das in vielen Fotos dokumentiert. Die Tierheimmitarbeiter seien „sichtlich erfreut“ gewesen, heißt es in den Texten. Zu sehen sind sie in den Bildern nicht.

Durch Anruf von Neonazi-Posting erfahren

Viele schildern das Vorgehen so wie Carola Greiner, Leiterin des Tierheims im schwäbischen Horb am Neckar. Privatpersonen brachten Spenden in Form von Futter und Bargeld. Doch sie kann sich nicht mehr freuen. „Wir haben durch einen Anruf einer SPD-Funktionärin erfahren, wofür wir missbraucht worden sind. Wir wussten auch nichts von dem Posting.“ Der Tierschutzverein fordert nun in einem Schreiben die Löschung des Beitrags auf Facebook und distanziert sich von der Partei.

Das Tierheim in Siegen ging noch weiter und wurde deshalb von den Neonazis angefeindet: Der Vorstand entschied umgehend, einen Anwalt einzuschalten und das Geld zurückzugeben. Als der örtliche „Siegerlandkurier“ darüber berichtet hatte, rief die rechtsextreme Gruppierung ihre 14.000 Facebook-Fans auf, beim Tierheim den Unmut zu äußern. Nach einigen negativen Bewertungen auf der Facebookseite schlug die Aktion ins Gegenteil um: Auf das Tierheim regnet es positive Bewertungen und Glückwünsche zu seiner Haltung, dazu kündigen Nutzer Spenden an.

Spendenboten „trugen Parteikleidung“

© Facebook/Screenshot | Facebook/Screenshot

Die Partei wirft nun Tierheim-Verantwortlichen indirekt Lüge vor. Dass Tierschützer erklären, hinters Licht geführt worden, sei „politischer Korrektheitswahn und Resultat linker Bedrohungen“. In einer Antwort auf eine Anfrage unserer Redaktion heißt es, ehrenamtliche Tierheime seien „stets über die Herkunft der Spenden informiert“ gewesen. „In Gesprächen mit Helfern der verschiedenen Tierheimen wurde unsere Partei offen erwähnt und der Sinn der Kampagne erläutert.“ Die Mitglieder hätten Parteikleidung getragen und im Fall Siegen sogar eine Grußkarte der Partei dagelassen. Dort heißt es dazu: ehrenamtliche Aushilfen seien an einem Sonntag überrumpelt worden.

Das Tierheim im brandenburgischen Angermünde bestätigt, dass die Spender zumindest dort offen erklärt haben, wer sie sind. „Ich konnte damit zunächst nichts anfangen“, so Leiterin Doreen Bendiks. Das habe sie erst im Nachhinein gelesen. Zu einem Umdenken hat es nicht geführt. „Ich kannte die Leute nicht, mit denen will man sich auch nicht unbedingt zusammensetzen. Aber wir brauchen die Spenden und haben uns gefreut.“ Anderen Tierheimen ist der Fall schlicht peinlich, einige nahmen auf Anfrage nicht Stellung. Ein Tierheim hat erklärt, das Geld „Pro Asyl“ spenden zu wollen, will das aber aus Sorge vor möglichem Vandalismus nicht öffentlich machen.

Spendenquittungen für Privatpersonen

An den Spendenquittungen konnten die Tierheime nicht erkennen, woher das Geld stammt. Die Partei bestätigt, Quittungen seien auf „berechtige Personen der Partei“ ausgestellt worden. Das bedeutet wohl auch: Das Geld, das die Partei gesammelt und vermeintlich gespendet hat, wird dann von Funktionären von der Steuer abgesetzt.