Washington. Hollywood fremdelt mit Donald Trump. Meryl Streep fand nun deutliche Worte für den baldigen Präsidenten. Der reagierte wie gewohnt.
Da mag Sylvester Stallone auch noch so altersramboman auf der Neujahrs-Party von Donald Trump im Prunk-Anwesen Mar-a-Lago gefeiert haben. Mit Hollywood und dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, das wird keine Romanze a la „La La Land“. Amerikas Schauspielerzunft fremdelt bis auf ganz wenige Ausnahmen (Jon Voight, Clint Eastwood, mehr fällt einem nach hartnäckigem Durchforsten der Namenslisten nicht ein) mit dem Selbstdarsteller aus New York.
Was sich bereits im Wahlkampf an Kritik und Kopfschütteln gegen den mit Hass und Hetze gegen Andersdenkende zu Werke gehenden Milliardär angesammelt hat, bündelte am Sonntag bei der Verleihung der alljährlich von den Auslandskorrespondenten Hollywoods vergebenen Golden Globes die Grand Dame des Abends.
Meryl Streep nutzte ihre Dankesrede für den begehrten Cecil B. DeMille-Preis für ihr Lebenswerk mit heiserer Stimme für eine unter die Haut gehende Gardinen-Predigt, bei der Trumps Name nicht ein einziges Mal fiel. Und doch wusste jeder im Saal schon nach einem Satz, wer gemeint war. „Wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle.“
Trump hatte sich über Journalisten lustig gemacht
Die 67-Jährige, die derzeit als wunderbar schief singende Opernsängerin „Florence Foster Jenkins“ in den Kinos für Anteilnahme sorgt, schilderte mit bebender Stimme die aus ihrer Sicht schlimmste Schauspiel-Einlage der vergangenen Jahre.
Donald Trump hatte im Wahlkampf-Ende 2015 auf offener Bühne in South Carolina den renommierten „New York Times“-Journalisten Serge Kovaleski nachgeäfft und sich über dessen angeborene Gelenkversteifung namens Arthrogryposis lustig gemacht.
Hintergrund: Trump hatte damals behauptet, Tausende Muslime hätten unmittelbar nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 in New Jersey (gegenüber von Manhattan und den eingestürzten Türmen des World Trade Center) gejubelt und gefeiert.
Er berief sich dabei auf einen Artikel von Kovaleski. Als der sich völlig falsch zitiert fühlte, schoss Trump zurück. „Und jetzt dieser arme Typ – Sie müssten diesen Typen sehen: ‘Ah, ich weiß nicht, was ich gesagt habe! Ich erinnere mich nicht!“ Dazu machte Trump zuckende Bewegungen mit seinen Armen. Eine gewaltige Protestwelle war die Folge. Trump sagte ungerührt, er kenne Kovaleski gar nicht und würde „niemals“ Behinderte verspotten.
Die Stars bei den Golden Globes 2017
„Gewalt animiert zu Gewalt“
Meryl Streep geht diese Szene wie vielen Amerikanern immer noch nah. „Es hat mein Herz gebrochen, als ich es gesehen habe, und ich kann es noch immer nicht aus meinem Kopf bekommen.“
Im Festsaal der Golden Globes in Beverly Hills zeigten die Kameras erste feuchte Gesichter, als die dreifache Oscar-Preisträgerin weiter argumentierte, ohne den Übeltäter beim Namen zu nennen: Der Instinkt, andere zu demütigen, ziehe in den Alltag ein, gerade dann, wenn es die Mächtigen vormachten. Andere fühlten sich nun berechtigt, dasselbe zu tun. „Respektlosigkeit lädt zu Respektlosigkeit ein, Gewalt animiert zu Gewalt.“
Binnen Minuten entfachte der Auftritt in den sozialen Netzwerken Feuer. Viele Schauspielkollegen sprangen der mit hoher Autorität ausgestatteten Mimin bei. „Überwältigender Moment“, schrieb der Regisseur Michael Moore, selbst ein erbitterter Trump-Gegner.
Streep nahm auch ausführlich Gelegenheit, Trumps latent fremdenfeindliche Haltung, etwa gegen Einwanderer aus den südlichen Anrainer-Staaten der USA, aufzuspießen. Hollywood „wimmelt von Außenseitern und Ausländern“, sagte sie und trug die Geburtsländer vieler Stars von Amy Adams (Italien) bis Ryan Gosling (Kanada) vor, „wenn wir sie alle rauswerfen, gibt es für uns nichts anderes mehr zu schauen als Football und Mixed Martial Arts, und das ist keine Kunst“.
Bei den Oscars könnte es politisch weitergehen
Weil Trump es zu seinen Markenzeichen gemacht hat, die Medien pauschal als „unehrlich“ zu verunglimpfen, verabschiedete sich Streep mit dem Aufruf, dass Journalisten den Mächtigen unbedingt weiter auf die Finger zu schauen hätten, um sie „für jeden Frevel“ haftbar zu machen.“
Streeps hochpolitischer und zugleich respektvoll besorgter Auftritt machte Schule. „In diesem Saal sitzen Menschen aus China, Amerika und Europa“, sagte die französische Schauspielerin Isabelle Huppert (prämiert für ihre Rolle in dem Drama „Elle“) in Anspielung auf Trumps Abschottungsstrategie gegenüber Mexiko, „erwartet nicht, dass das Kino Mauern und Grenzen errichtet“.
Meryl Streeps Auftritt wurde in den USA als Aufgalopp zu einer Reihe von medienwirksamen Künstler-Statements zu Trump verstanden. Nächster Halt: Die Oscars am 27. Februar.
Trump nennt Meryl Streep „überschätzt“
Der Gescholtene reagierte wie gewohnt. Über Twitter bezeichnete er Meryl Streep als einer der „am meisten überschätzten“ Schauspielerinnen Hollywoods. Abgesehen davon: Er habe nie einen behinderten Reporter verhöhnt.
Aber, und an dieser Stelle wird es interessant, weil Trump bisher stets abgestritten hatte, Serge Kovaleski überhaupt zu kennen: „Ich habe ihn lediglich unterwürfig („groveling“) gezeigt, weil er eine 16 Jahre alte Geschichte verändert hat, um mich schlecht aussehen zu lassen.“ (Anmerkung der Redaktion: Kovaleski hat keine Geschichte verändert. Er hatte niemals behauptet, dass Tausende Muslime über „9/11“ in Jubelstürme ausgebrochen sind.)