Rostock/Lübeck. Die Sturmflut hat im Norden Schäden angerichtet. Inzwischen sinken die Pegelstände zwar wieder. Doch das ungemütliche Wetter bleibt.

  • Die Sturmflut setzte zahlreiche Ortschaften in Küstennähe unter Wasser
  • In Lübeck und Flensburg mussten viele Autos aus den Fluten gezogen werden
  • An der Ostsee lagen die Pegelstände bis zu 170 Zentimeter höher als sonst

Die stärkste Sturmflut an Deutschlands Ostseeküsten seit 2006 hat in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu Überschwemmungen und Schäden geführt. Am Donnerstagmorgen sanken die Pegelstände entlang der Küste aber überall wieder. Vielerorts waren Keller vollgelaufen, Autos mussten weggeschleppt werden. Menschen wurden nach Angaben der Polizei durch die Wassermassen nicht verletzt.

Von der Sturmflut betroffen waren etwa Kiel, Lübeck, Rostock, Warnemünde, Flensburg, Eckernförde, Wismar und Usedom. Auf Rügen wurden einzelne Deiche überspült. Häuser in Strandnähe liefen voll wie bei Heikendorf und Laboe (Kreis Plön) oder in Warnemünde das Restaurant „Seehund“. Teils drückte die Sturmflut auch Boote auf Stege.

Gefahren der Sturmflut sind gebannt

An der Ostsee lagen vielerorts die Pegelstände am späten Mittwochabend zwischen 150 und 170 Zentimeter höher als üblich – in Lübeck wurden sogar 1,79 Meter und in Wismar 1,83 gemessen, wie auf „Pegel Online“ registriert wurde.

Am frühen Donnerstagmorgen war ein Teil des Wassers wieder abgelaufen: Um 04.45 Uhr stand es nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Wismar und Flensburg noch 1,47 Meter, in Greifswald 1,41 Meter und in Kiel-Holtenau 1,42 Meter höher als normal. In Lübeck wurden 1,48 Meter höher als gewöhnlich gemessen.

„Es war die stärkste Sturmflut seit 2006“, sagte Jürgen Holfert, Leiter des Wasserstanddienstes Ostsee des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Am Donnerstagmorgen dürfte der Wasserstand zwar vielerorts noch einen Meter höher als sonst sein. „Die Gefahren der Sturmflut sind aber gebannt.“ Die Wasserstände seien etwa zehn Zentimeter höher ausgefallen als prognostiziert, in der Region Lübeck noch etwas mehr.

Sturmflut trifft Ostseeküste

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    Größere Schäden auf Insel Usedom

    Die Höhe der Sachschäden könne noch nicht beziffert werden, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstagmorgen. In Lübeck und Flensburg wurden zahlreiche Autos aus den Fluten gezogen. Mehrere Keller in Lübeck und Neustadt in Holstein liefen voll. In Kiel mussten mehrere Straßen für den Verkehr gesperrt werden. Zugänge zur Lübecker Altstadt waren für Fußgänger nicht mehr passierbar.

    Der Einsatzstab in der Welterbe-Stadt sei kurzfristig personell verstärkt worden wegen zunehmender Notrufe, sagte Matthias Schäfer von der Feuerwehr Lübeck. „Viele Leute hatten ihre Häuser nicht genügend gesichert, wir mussten mit Sandsäcken die Objekte schützen.“

    Auf der Insel Usedom verursachte die Sturmflut größere Schäden. Es wurde dort die Alarmstufe 3 ausgerufen. Zwischen Koserow und Zempin habe es Steiluferabbrüche gegeben. Treppenaufgänge, Imbissbuden und Teile von Strandpromenaden seien weggerissen worden, sagte der Sprecher des Kreises Vorpommern-Greifswald, Achim Froitzheim. „Das ist kein Kindergeburtstag. Das ist schlimmer als erwartet.“

    Sturmtief "Axel" fegt über Deutschland

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      In Wismar liefen einige Keller voll

      In Rostock entlang der Warnow waren viele Häuser in einem zwei Kilometer langen Abschnitt gefährdet. Eine Straße wurde über mehrere Kilometer wegen des Hochwassers gesperrt, in Häuser drang Wasser ein.

      Auf der Insel Rügen überspülte das Hochwasser im Bereich Mönchgut-Granitz eine Straße und schnitt einen Ortsteil von der Hauptgemeinde Gager ab. Das Wasser stand 40 Zentimeter hoch auf der Zufahrtsstraße. Zudem wurde nach Feuerwehrangaben auf Mönchgut-Granitz ein Deich auf etwa 100 Meter Länge überflutet. Menschen seien nicht gefährdet, hinter dem Deich lägen Wiesen. 120 Feuerwehrleute seien dort alarmiert worden.

      In Wismar liefen im Hafenbereich der Altstadt einige Keller voll, wie Stadtsprecher Marco Trunk sagte. Der Pegelstand habe einer schweren Sturmflut entsprochen. Teile des Alten Hafens waren überflutet.

      Heiligenhafen wurde 2006 von Sturmflut stark getroffen

      Da in Stralsund die Hafeninsel teilweise überflutet wurde, wurde das Ozeaneum – Mecklenburg-Vorpommerns besucherstärkstes Museum – mit Spundwänden gesichert. In Kiel wurde die Uferstraße an der Förde zwischen dem Institut für Weltwirtschaft und dem Marinehafen überschwemmt.

      In Heiligenhafen (Kreis Ostholstein), das bei der Sturmflut 2006 stark getroffen worden war, bewährte sich laut Bürgermeister Heiko Müller das seitdem aufgebaute Hochwasserschutzsystem. Im Hafenbecken sei das Wasser höher als an Land, aber eine 800 Meter lange Spundwand habe das Wasser abgehalten.

      Allerdings habe es geschneit, und der Schnee sei dann schnell geschmolzen – mit der Folge, dass sich fast Gummistiefelhoch Wasser hinter der Spundwand sammelte. Am Nordstrand wurde erst im Herbst aufgeschütteter Sand vom aufgewühlten Meer weggespült. „Das ist alles futsch“, sagte Müller auf dem Deich stehend; das Wasser stand nur noch einen Meter unter der Deichkrone.

      Stärkste Sturmflut seit 2006

      Es war seit 2006 die stärkste Sturmflut an der Ostseeküste in Deutschland. Pegelstände zwischen 150 und 170 Zentimetern höher als üblich wurden gemessen, Deiche überspült, Häuser und Keller geflutet. Die Stadt Warnemünde (Mecklenburg-Vorpommern) war von der Sturmflut betroffen.
      Es war seit 2006 die stärkste Sturmflut an der Ostseeküste in Deutschland. Pegelstände zwischen 150 und 170 Zentimetern höher als üblich wurden gemessen, Deiche überspült, Häuser und Keller geflutet. Die Stadt Warnemünde (Mecklenburg-Vorpommern) war von der Sturmflut betroffen. © dpa | Stefan Sauer
      In der Stadt lief das Restaurant „Seehund
      In der Stadt lief das Restaurant „Seehund" voll Wasser. © dpa | Bernd Wüstneck
      Feuerwehrkräfte waren verstärkt im Einsatz.
      Feuerwehrkräfte waren verstärkt im Einsatz. © dpa | Bernd Wüstneck
      In Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) entsprach der Pegelstand einer schweren Sturmflut. In der Altstadt liefen Keller voll. Auch ein historisches Speichergebäude am Stadthafen stand unter Wasser.
      In Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) entsprach der Pegelstand einer schweren Sturmflut. In der Altstadt liefen Keller voll. Auch ein historisches Speichergebäude am Stadthafen stand unter Wasser. © dpa | Jens Büttner
      Die Sandsackmauer, die zuvor errichtet worden war, konnte da nicht mehr viel ausrichten.
      Die Sandsackmauer, die zuvor errichtet worden war, konnte da nicht mehr viel ausrichten. © dpa | Jens Büttner
      In Lübeck (Schleswig-Holstein) wurde ein Pegelstand von 1,79 Metern gemessen.
      In Lübeck (Schleswig-Holstein) wurde ein Pegelstand von 1,79 Metern gemessen. © dpa | Bodo Marks
      Fahrräder verschwanden fast im Hochwasser der Trave.
      Fahrräder verschwanden fast im Hochwasser der Trave. © dpa | Bodo Marks
      Die Zugangsstraßen zum Fluss wurden gesperrt.
      Die Zugangsstraßen zum Fluss wurden gesperrt. © dpa | Bodo Marks
      Einsatzkräfte zogen zahlreiche Autos aus den Fluten.
      Einsatzkräfte zogen zahlreiche Autos aus den Fluten. © dpa | Bodo Marks
      Der Einsatzstab in Lübeck war kurzfristig personell verstärkt worden. Viele Leute hatten ihre Häuser nicht genügend mit Sandsäcken gesichert. In der Nacht wurden noch immer Sandsäcke verteilt.
      Der Einsatzstab in Lübeck war kurzfristig personell verstärkt worden. Viele Leute hatten ihre Häuser nicht genügend mit Sandsäcken gesichert. In der Nacht wurden noch immer Sandsäcke verteilt. © dpa | Bodo Marks
      Wer sein Haus gesichert hatte, wurde mit Glück von den Wassermengen verschont.
      Wer sein Haus gesichert hatte, wurde mit Glück von den Wassermengen verschont. © dpa | Bodo Marks
      Dieser Lübecker fotografierte die Überschwemmung vor der Haustür.
      Dieser Lübecker fotografierte die Überschwemmung vor der Haustür. © dpa | Bodo Marks
      In Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) entlang der Warnow waren viele Häuser in einem zwei Kilometer langen Abschnitt gefährdet. Eine Straße musste gesperrt werden.
      In Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) entlang der Warnow waren viele Häuser in einem zwei Kilometer langen Abschnitt gefährdet. Eine Straße musste gesperrt werden. © dpa | Bernd Wüstneck
      Mit Regenjacke und Gummistiefeln erkundete dieses Kind die überschwemmte Straße.
      Mit Regenjacke und Gummistiefeln erkundete dieses Kind die überschwemmte Straße. © dpa | Bernd Wüstneck
      In Hamburg stand die Fischauktionshalle am Fischmarkt unter Wasser.
      In Hamburg stand die Fischauktionshalle am Fischmarkt unter Wasser. © dpa | Daniel Reinhardt
      In Neuharlingersiel (Niedersachsen) lief die Sturmflut nicht so hoch wie befürchtet auf.
      In Neuharlingersiel (Niedersachsen) lief die Sturmflut nicht so hoch wie befürchtet auf. © dpa | Ingo Wagner
      Bereits am Mittwochnachmittag war die Ostsee über die Ufer getreten.
      Bereits am Mittwochnachmittag war die Ostsee über die Ufer getreten. © dpa | Stefan Sauer
      Die Wellen türmten sich meterhoch auf.
      Die Wellen türmten sich meterhoch auf. © dpa | Bernd Wüstneck
      In Binz auf der Insel Rügen erreichte das Wasser den Dünenfuß.
      In Binz auf der Insel Rügen erreichte das Wasser den Dünenfuß. © dpa | Stefan Sauer
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      Unfälle in Süddeutschland

      Auf Rügen und Usedom hatten die Wellen bereits am Nachmittag an den Stränden genagt. In Binz auf Rügen erreichte das Wasser den Dünenfuß, ebenso in Heringsdorf auf Usedom, wie die Bürgermeister berichteten. Der Fähranleger an der Seebrücke Binz wurde gesperrt, ebenso die Seestege in Bansin und Ahlbeck.

      Sturm und Schnee sorgten auch für zahlreiche Unfälle in Mecklenburg-Vorpommern, allein zwischen 18 und 22 Uhr wurden der Polizei 22 glättebedingte Unfälle gemeldet. Auch in Bayern und Baden-Württemberg brachten glatte Straßen Autofahrer ins Schleudern. In Oberbayern krachte es nach Polizeiangaben dreimal so häufig wie sonst.

      Tief „Axel“ sollte von Skandinavien in der Nacht quer über die Ostsee weiter nach Weißrussland ziehen. Vor allem im Osten und Süden Deutschlands kann es laut DWD aber auch am Donnerstag tagsüber noch bei kräftigen Schnee- und Graupelschauern zu Wintergewittern kommen.

      An den Nordrändern der Mittelgebirge sowie an den Alpen könne es lang anhaltende Schneefälle geben. Im Bergland könnten die Temperaturen über frisch gefallenem Schnee sogar auf minus 20 Grad sinken. Am Freitag sei in ganz Deutschland tagsüber „gemäßigter Frost“ bis minus sieben Grad zu erwarten. (dpa)