Darum war der „Tatort“ aus Münster endlich wieder sehenswert
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Von Jana Hannemann
Berlin. Es geht auch anders in Münster: Der „Tatort: Feierstunde“ war ein spannender Krimi – ganz ohne nervigen Klamauk. Der „Tatort“ im Check.
Klamauk und alberne Sprüche ist der Zuschauer vom Münsteraner „Tatort“ gewohnt. Eine 90-minütige Gag-Show, die nur selten einem spannenden Kriminalfall ähnelt. Der „Tatort: Feierstunde“ zur 30. Episode des Krimi-Duos Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Boerne (Jan Josef Liefers) geht aber endlich mal wieder andere Wege: Ein spannendes Kammerspiel, das gekonnt die Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit findet. Der „Tatort“ im Schnellcheck:
Was passiert?
Während Professor Boerne berufliche Erfolge feiert, plagen Wissenschaftler Harald Götz (Peter Jordan) extreme Rachefantasien. Er vergiftet Boerne und nimmt ihn mitsamt seinen Uni-Kollegen als Geiseln. Kommissar Frank Thiel und die Psychologin Dr. Corinna Adam (Oda Thormeyer) schreiten ein, eigentlich um die Situation zu entschärfen. Doch die Therapeutin zieht einen eigenen Racheplan durch und will Boerne töten.
Rührendster Moment: Professor Karl-Friedrich Boerne hat ein Herz – für Alberich. Regelmäßig demütigt er seine Kollegin. Natürlich auch dieses Mal. Doch die Forschungsgelder hat er nur ihretwegen beantragt, um ihren Job zu retten. Da ist selbst Alberich ganz baff. Emotionen und Weitsicht, was man von Boerne so gar nicht kennt.
Fragezeichen des Abends: ALS, Tollwut, Botulismus, hysterische Parese: Bei all den Krankheiten, die im „Tatort“ genannt werden, hätte der Zuschauer ein Medizinstudium hinter sich bringen müssen, um all das verstehen zu können. Oder womit wurde Professor Boerne nun infiziert und was hat das bitte mit Botox zu tun?
„Tatort“: Boerne in Lebensgefahr
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„Äh?“-Moment: Die Psychologin kann in die Zukunft sehen, also so halb. Zumindest behauptet sie, sie habe den Unfalltod ihrer Eltern vorausgesehen und habe eine Verbindung zu einem Bereich, der zwischen Leben und Tod liege. Klarer Hinweis für den Zuschauer: Mit der Frau stimmt was nicht. Im Auge behalten! Amokläufer Götz fasst es kurz vor seinem Ende dann auch gut zusammen: „Ich glaube, sie sind verrückt, Frau Doktor.“
Den kennt man doch: Das bekannte „Tatort“-Problem – die Auswahl an Schauspielerin ist in Deutschland anscheinend zu klein. Darsteller Peter Jordan, im Krimi der Amokläufer, spielte früher im Hamburger „Tatort“ den Kommissar Uwe Kohnau, Vorgesetzter von Cenk Batu (Mehmet Kurtulus).
Schönstes Outfit: Kommissar Frank Thiel im zwei Nummern zu kleinen gelben Plastikanzug sieht aus wie eine Kreuzung zwischen Michelin-Männchen und Minion.
Bester Spruch I: „Der ist doch halb gelähmt, der lässt sich doch bestimmt leicht erwürgen“, denken Boernes Ärzte-Kollegen über eine Methode nach, wie sie den Professor möglichst schnell um die Ecke bringen können.
Bester Spruch II: „Professor Boerne ist unsterblich!“ (Und das sagt tatsächlich Frank Thiel)
Unglaubwürdigster Moment: Professor Boerne sagt, er wolle ein besserer Mensch werden – großzügig, bescheiden, selbstlos. Das glaubt keiner.
Das lernt der Zuschauer: Auch in der Medizin geht es nur ums Geld. Und für einen Job gehen Nachwuchsmediziner über Leichen, da soll sogar Professor Boerne dran glauben. Mediziner-Ethik – kann man vergessen.