Essen. Gunther Tiersch ist seit 30 Jahren beim ZDF. Ein Gespräch mit dem bekannten Meteorologen über verregnete Sommer und Wettervorhersage.

Er ist seit 30 Jahren der Wetterfrosch vom Dienst im ZDF: Gunther Tiersch. Der 62-Jährige verrät den Zuschauern im Anschluss an die „heute“-Nachrichten regelmäßig, ob es am nächsten Tag stürmt oder regnet. Am 14. Juli 1986 war der Experte für Hoch- und Tiefdruckgebiete zum ersten Mal an der Wetterkarte im Fernsehen zu sehen, seit 2004 ist er für die ZDF-Wetterredaktion verantwortlich. Cornelia Wystrichowski sprach mit Gunter Tiersch über Dauerregen, Hitzewellen und die Kunst der Wettervorhersage am Computer.

Wie oft werden Sie am Tag gefragt, wie das Wetter wird?

Gunther Tiersch: Das hält sich in Grenzen, aber in Zeiten, in denen es so viel regnet wie dieses Frühjahr, ist es schon häufiger. Dann haben es die Leute satt und fragen mich: Wann hört es denn jetzt endlich auf? Verständlich. Ich konnte selber lange nicht in meinen Garten, weil es viel zu nass war, obwohl ich dringend einiges hätte schneiden müssen.

Ist das Wetter extremer geworden oder kommt das dem Laien nur so vor?

Ich muss schon sagen, dass es extremer geworden ist. Von sehr warm geht es jetzt sehr schnell wieder zu relativ kühl, ob das jetzt im Frühjahr, im Sommer oder im Herbst ist. Wir haben zuletzt relativ milde Winter erlebt, die haben in Deutschland zugenommen, und in diesem Frühjahr gab es viele Gewitter und Starkregen. Solche Wetterlagen waren früher nicht in dem Maße üblich.

Müssen wir uns in Zukunft auf häufigere Extremwetter wie Dauerregen und Hitzewellen einstellen?

In den Klimavorausberechnungen für die nächsten Jahrzehnte ist es ein eindeutiger Trend, dass die Extreme immer weiter zunehmen. Wir sind in einem Klimawandel, daran gibt es gar nichts zu rütteln. Die Auswirkungen sind wahrscheinlich stärker, als das bislang jemand vermutet hat, und darauf müssen wir uns einstellen. Stärkerer Wind bedeutet: Es muss geprüft werden, ob die Bäume in den Städten den Sturm- und Orkanböen überhaupt standhalten können. Sind die Dächer noch sicher? Was bedeutet es, wenn ein Regen in einer Stunde 100 Liter auf den Quadratmeter bringen kann? Viele Menschen sind sich der Tatsache gar nicht mehr bewusst, dass man den Wettergefahren ausgesetzt ist, wenn man sich draußen aufhält.

Ist das Wetter dadurch schwerer vorherzusagen als früher?

Nein, die Vorhersage wird immer besser, weil wir immer bessere Computer und bessere Rechenmodelle haben. Wir können auch kleinräumigere Prognosen machen, wobei wir einzelne Gewitter leider nicht vorhersagen können, dafür sind sie einfach zu kurzlebig.

Müssen Sie nur noch das vorlesen, was der Computer ausspuckt?

Ganz so einfach ist es nicht. Es gibt verschiedene Modelle, die ich mir angucke, dann überlege ich, welchem ich vertraue. Dann diskutiere ich die Prognose mit einem Kollegen. Der hat vielleicht noch eine andere Einschätzung, so dass ich die Sönnchen und die Wölkchen auf der Wetterkarte vielleicht ein bisschen anders setze.

Gibt es Wetterphänomene, die Sie beeindrucken?

Wir Meteorologen sind alle begeistert von gewaltigen Wolkenformationen, die sich am Himmel bilden.

Und welches Wetter mögen Sie gar nicht?

Als Meteorologe finde ich eigentlich jedes Wetter ganz schön, aber sonst muss ich sagen: Die feuchte Hitze, die Belastung im Sommer, das ist etwas, was mir nicht so liegt. Ich komme aus Norddeutschland, ich liebe die frische Luft dort. Am schönsten finde ich einen Septembertag mit einem kühlen Morgen und einzelnen Nebelschwaden, an dem es tagsüber noch mal bis 25 Grad warm wird, das finde ich super.

Zur Ferienzeit machen Sie in diesem Jahr fürs ZDF eine Wettertour an die Ostseeküste.

Das ist eine Urlaubsgegend, die nicht nur Strand und Meer bietet, sondern die auch eine interessante Fauna und Flora hat. Diese Aspekte sind aber in Zusammenhang mit dem Klimawandel gefährdet. Wir haben das Problem der Steilufer, die abbrechen. Da gibt es sehr viele interessante Sachen, auf die ich gerne eingehen möchte, wenn die Zeit reicht.