Colmnitz/Berlin. Ein Dorf feiert Heimatfest – und beim Festumzug tragen Einwohner Hakenkreuz-Uniformen. Skandal oder skurrile Geschmacksverirrung?

Wehrmachtsuniformen, ein Fahrzeug in Tarnfarben und mit aufmontiertem Maschinengewehr und auch das Hakenkreuz war zu sehen – kein Neonazi-Aufmarsch, sondern der Festumzug des örtlichen Heimatvereins. Wie das?

Ort des irritierenden Geschehens war die 1400-Einwohner-Ortschaft Colmnitz in Sachsen. Dort, nicht weit entfernt von Freiberg mit seiner Bergakademie, feierten die Einwohner am Wochenende ihr „Colmnitzer Schul- und Heimatfest“. Auf der Homepage des Heimatvereins heißt es dazu: „Der Termin orientiert sich an der ersten urkundlich verbrieften Erwähnung von Colmnitz im Jahr 1346.“ Einige Beobachter des Umzug fühlten sich am Wochenende aber streckenweise eher an eine andere Epoche der Geschichte erinnert – als nämlich die Gruppe in Wehrmachts-Outfit als Teil des Festumzugs durch den Ort marschierte. Der Fotograf Marcus Fischer hielt die Szenerie für einen Bericht in der „Leipziger Internetzeitung“ fest. Auch auf Facebook wurden Fotos von dem Umzug veröffentlicht.

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„Manche der Schaulustigen haben die Militaria-Fans eher bejubelt und beklatscht“, sagte Fischer gegenüber „Spiegel Online“, wo ebenfalls über den Auftritt berichtet wurde. Ihn als Fotografen hätten einige Zuschauer am Straßenrand halb spöttisch, halb verächtlich als Vertreter der „Lügenpresse“ beschimpft. Pikant: Colmnitz liegt nur rund 20 Kilometer entfernt von Freital, das im Sommer vergangenen Jahres bundesweit für negative Schlagzeilen sorgte: Tagelang war es zu fremdenfeindlichen Protesten vor einem Flüchtlingsheim in einem ehemaligen Hotel.

Das Zeigen des Hakenkreuzes ist gesetzlich verboten

Der 22 Mitglieder zählende Heimatverein von Colmnitz, der den Festumzug am Sonntag vorbereitete, schreibt über seine Grundsätze: „Weiterhin verfolgt unser Verein das Ziel Heimatpflege, Heimatkunde und Heimatgeschichte sowie das heimatliche Brauchtum zu fördern und zu pflegen. Dabei wollen wir Überliefertes und Neues sinnvoll vereinen, pflegen und weiterentwickeln, damit die Kenntnis, die Verbundenheit und die Verantwortung für unsere Heimat in der Bevölkerung auf allen dafür in Betracht kommenden Gebieten geweckt, erhalten und gefördert werden.“

Süffisant kommentiert dies die „Leipziger Internetzeitung“ nach dem Wochenende so: „So geht sächsische Heimatliebe. Ein bisschen Waffen spazieren fahren, Hakenkreuze zeigen und augenzwinkernd an die Nazizeit erinnern. Halt, Überliefertes und Neues sinnvoll vereinen, pflegen und weiterentwickeln.“

Rechtlich brisant bei der Maskerade ist zumindest das Zeigen des Hakenkreuzes der Nazis. Das fällt unter den Paragrafen 86a des Strafgesetzbuchs, wo das „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ geregelt ist. Es drohen eine Geldstrafe und sogar bis zu drei Jahren Haft. Die Polizei hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen.

Im Internet halten sich negative und eher gelassene Kommentare zu der Nazi-Symbolik die Waage. Neben Kritik an der Umzugs-Gruppe finden sich auch Kommentare des Inhalts, man solle nicht gleich einen Skandal aus der fragwürdigen Verkleidung machen. Der Fairness halber muss erwähnt werden, dass in dem Festumzug die Colmnitzer Geschichte der vergangenen Jahrhunderte aufgezeigt werden sollte. Und auch Fotograf und Augenzeuge Fischer zeigte sich in einer Twitter-Botschaft nachsichtig. (W.B.)

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