Münster/Köln. IS-Sympathisanten wollten mit Fotos ihre Unterstützung für die Terrormiliz in Europa zeigen. Die Polizei geht den Bildern jetzt nach.
Die Polizei in Deutschland und anderen Ländern geht Fotohinweisen nach, mit denen sich Islamisten möglicherweise selbst verraten haben. Am vergangenen Samstag hatten IS-Anhänger in Erwartung einer Rede eines IS-Führers Bilder verbreitet, die Vorfreude an verschiedenen Orten der Welt zeigen sollten. Beobachter der Islamistenszene spekulierten, dass die Fotos auch ein Zeichen der Stärke sein sollten. Doch mit unüberlegten Aufnahmen bewiesen manche der Fotografen vor allem wenig Verstand. Nach Auftauchen der Bilder hatten Twitternutzer die Aufnahmeorte zum Teil genau lokalisieren können.
Sowohl die Polizei in Münster wie auch die Polizei in Köln haben deswegen Ermittlungen aufgenommen, wie Sprecher gegenüber unserer Redaktion erklärte. Die Polizei in Köln hat demnach bereits einige Hinweise erhalten zu dem Foto, das einen Zettel mit einer Unterstützerbotschaft zeigte. Der Garten mit einer Schaukel in der Nachbarschaft dürfte durchaus Wiedererkennungswert haben. „Der Staatsschutz ermittelt in dieser Sache“, so ein Sprecher zu unserer Redaktion. Eine Person sei aber noch nicht ermittelt.
Funkzellenabfrage in Münster denkbar
Die Polizei in Münster erklärt, sie stehe mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung, um zu klären, ob das Foto echt sei und was genau der Text bedeute. Bereits kurz nachdem es auf Twitter zu finden war, hatten zwei Nutzer den genauen Ort bestimmen können.
Twitterer @ArtWendeley hatte mit einer im Netz verfügbaren Karte aller Litfaßsäulen die möglichen Orte zunächst eingegrenzt. Auch ein zweiter Nutzer kam unabhängig davon auf den Standort an der Königsberger Straße in Münster, einen Steinwurf entfernt vom Bundessprachenamt.
Von einem Sprecher der Polizei Münster hieß es, im Zuge weiterer Ermittlungen sei neben der Auswertung möglicher Überwachungsvideos auch eine Funkzellenabfrage denkbar. Damit wird dann ermittelt, welche Handys zu einer bestimmten Zeit in einer Mobilfunkzelle eingewählt waren. Der Zeitraum, an dem das Foto am Samstag aufgenommen wurde, lässt sich anhand der Tweets eingrenzen.
In Köln wie in Münster wollte sich die Polizei aber nicht dazu äußern, um welchen Straftatbestand es geht. Weil der sogenannte IS in Deutschland verboten ist, stellt Werbung für ihn aber zumindest ein Vergehen nach dem Vereinsgesetz dar. Vom Bundeskriminalamt steht eine Antwort auf eine Anfrage unserer Redaktion noch aus.
Niederlande: Nationaler Koordinator eingeschaltet
Niederländische Zeitungen berichten, dass sich nach einem Foto aus Amsterdam der Nationale Koordinator für Sicherheit und Terrorismusbekämpfung eingeschaltet hat. Es bedurfte vieler Hinweise und einiger Zeit, bis feststand, dass dieses Bild in unmittelbarer Nachbarschaft des Flughafens Amsterdam Schiphol entstanden war. Der „Bellingcat“-Gründer und auf die Auswertung von Fotos und Videos in Social Media spezialisierte Journalist Eliot Higgins hatte um Hilfe gebeten und trug Ergebnisse zusammen.
Auf seinen Aufruf hin waren auch die genauen Aufnahmeorte von Bildern gefunden worden, die in London und Paris entstanden sind.
Vor allem der IS-Anhänger aus Paris hatte dabei förmlich darum gebettelt, gefunden zu werden. Er fotografierte aus einer Wohnung mit einer Straße und einem Suzuki-Werbeschild im Bild, eine Kneipe gegenüber. Auch wenn der Hintergrund unscharf war, war es mit dem Suzuki-Hinweis einfach, das genaue Haus zu finden, aus dem das Bild entstanden ist.
In französischen und englischen Medien gibt es noch keine Berichte, ob die örtlichen Sicherheitsbehörden auf die Bilder bereits reagiert haben.
Männer in Italien nach Fotos verurteilt
Die italienische Polizei hatte im Juli 2015 einen Tunesier und einen Pakistaner festgenommen, die an Sehenswürdigkeiten wie dem Kolosseum in Rom Aufnahmen mit Drohungen gemacht und die Bilder über Twitter verbreitet hatten.
Die beiden Männer sind in dieser Woche zu jeweils sechs Jahren Haft verurteilt worden. Beide lebten seit etlichen Jahren in Italien. Sie hatten nach Überzeugung des Gerichts die Absicht, einen Anschlag zu begehen und hatten dafür etwa den Nato-Stützpunkt Ghedi ins Auge gefasst, an dem auch Atombomben lagern. Das Gericht ging laut einem Bericht der Zeitung „La Repubblica“ davon aus, dass noch keine konkrete Gefahr bestand und die beiden Männer keine Verbindung zu anderen IS-Gruppen hatten.