Zugunfall: Polizei weist Spekulationen zur Ursache zurück
•
Lesezeit: 8 Minuten
Bad Aibling. Während Polizei und Staatsanwaltschaft auf sichere Informationen der Blackboxen warten, gibt es unbestätigte Meldungen zur Ursache.
Zwei Personenzüge in Oberbayern frontal kollidiert
Mindestens zehn Tote, 17 Schwerverletzte, 63 Leichtverletzte
Nach unbestätigten Berichten „menschliches Versagen“ verantwortlich
Die Zahl der Toten bei dem schweren Zugunglück am Dienstagmorgen im Kreis Rosenheim in Bayern ist auf mindestens zehn gestiegen. Wie die Polizei mitteilte, sei ein Unfallopfer am Nachmittag in einer Klinik verstorben. Nach Behördenangaben gab es 17 Schwerverletzte und 63 leicht Verletzte. Unter den Toten sollen sich Medienberichten zufolge auch die beiden Lokführer sowie zwei Zugbegleiter befinden, die Ermittlungen dazu sind jedoch noch nicht abgeschlossen, wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf einer Pressekonferenz sagte. Eine Person werde noch vermisst.
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und
wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste
übermittelt werden. Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung
Gegen 6.50 Uhr waren zwei „Meridian“-Züge, die von der Bayerischen Oberlandbahn betrieben werden, auf der eingleisigen Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim in einer Kurve zusammengestoßen. Dabei entgleisten mehrere Waggons. In dem Zug hätten überwiegend Pendler gesessen, die zwischen München und Rosenheim unterwegs waren, berichtet „Rosenheim24.de“. Aufgrund der Faschingsferien sollen keine Schüler in der Bahn gesessen haben.
Die Ursache für das Unglück ist noch unklar. Mehrere Medien hatten darüber berichtet, dass menschliches Versagen der Grund für den Unfall gewesen sei. In einem Stellwerk seien Signale übersteuert und damit beide Züge auf die eingleisige Strecke geschickt worden, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gegenüber unserer Redaktion sagte jedoch ein Sprecher der verantwortlichen Polizei in Rosenheim: „Das sind reine Spekulationen. Wir wissen nicht woher die Informationen stammen – aber definitiv nicht von uns.“ Nach Angaben der Polizei sei es noch zu früh, um über die Ursache des Unglücks zu mutmaßen.
Am Mittwoch geht die Suche weiter
Die Bergungsarbeiten waren gegen Dienstagmittag größtenteils abgeschlossen, wie die Polizei mitteilte. Der leitende Notarzt vor Ort führte die aus seiner Sicht erfolgreichen Rettungsarbeiten auf das schnelle Handeln der Helfer und die guten Wetterbedingungen zurück.
Am Mittwoch soll damit begonnen werden, die Zugwracks mit schwerem Gerät zu entfernen. Auch die Suche nach einer an der Unfallstelle noch immer vermissten Person solle dann fortgesetzt werden, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd am Dienstagabend mit. Am Mittwoch will auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Unfallort besuchen.
Zugführer hatten kaum Zeit zum Bremsen
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte bei einer Pressekonferenz am Mittag, dass zwei von drei Blackboxen an Bord eines Zuges bereits geborgen wurden. Erst wenn diese und die dritte Blackbox ausgewertet seien, sei eine Klärung der Unfallursache möglich. Ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte, dass das Sicherungssystem erst in der vergangenen Woche überprüft worden sei. Auf der Linie kommt das System PZB90 zum Einsatz, das auch eine automatische Zugbremsung vorsieht. Ob es ein technisches Problem oder eine menschlich herbeigeführte Umgehung der Sicherung gegeben habe, sei momentan nicht zu sagen, so Dobrindt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in alle Richtungen – sowohl ein technischer Defekt wie auch menschliches Versagen oder ein Fehlverhalten der Zugführer werden nicht ausgeschlossen.
„Die Züge müssen mit sehr hoher Geschwindigkeit ineinander geprallt sein“, ergänzte der Verkehrsminister. An dieser Stelle seien Züge im Normalfall mit etwa 100 km/h unterwegs. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte, dass sich die Zugführer aufgrund des Unglücksortes in einer Kurve erst einen Augenblick vor dem Zusammenstoß gesehen haben dürften. Demnach hätten sie auch keine Chance gehabt, die Geschwindigkeit zu drosseln.
Bahnexperte Carsten Jens zeigte auf tagesschau.de drei mögliche Szenarien des Unfallhergangs auf. Nach seinen Einschätzungen sei denkbar, dass ein oder mehrere Signale ausgefallen seien und die Zugführer danach mit sogenannten Ersatzsignalen fahren. Dann dürfe den Zugführern allerdings kein Fehler unterlaufen. Laut Jens ist es auch möglich, dass von dem Sicherungssystem eine automatische Bremsung an einem der Züge durchgeführt worden sei, der Zug danach aber wieder weitergefahren sei. Nach einer möglicherweise kurzen Notbremsung könne der Zugführer wieder wie gewohnt beschleunigen. Eine dritte Variante wäre, dass die gesamte Sicherungstechnik für die Strecke nicht funktioniert habe.
Verkehrsminister spricht von emotional belastenden Bildern
Dobrindt sagte zu seinen Eindrücken nach einem Besuch der Unglücksstelle, es sei ein „erschreckendes Bild, das sich da zeigt. Schockierend, wie sich die Züge ineinander verkeilt haben.“ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich von dem schweren Zugunglück ebenfalls schockiert „Was hier schief gelaufen ist in der Abstimmung zwischen den einzelnen Startbahnhöfen, von denen die einzelnen Züge gekommen sind – das muss jetzt näher ermittelt werden“, sagte Hermann. Die Züge hätten sich nach Angaben des Landesinnenministers um 7.23 Uhr am Bahnhof Kolbermoor begegnen sollen. Tatsächlich stießen die beiden Züge jedoch bereits gegen 6.50 Uhr zusammen.
Auf der eingleisigen Bahnlinie, die vor allem im regionalen Personenverkehr genutzt werde, habe es bisher keine Störungen gegeben, sagte Bayerns Innenminister. In den vergangenen Jahrzehnten habe es zudem „massive Verbesserungen in der Zugsicherungstechnik“ gegeben.
Aufruf zum Blutspenden
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und
wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste
übermittelt werden. Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung
Der Blutspendedienst München hatte auf Facebook zum Blutspenden aufgerufen, da ein deutlich erhöhter Bedarf an Blutkonserven bestehe. Am Nachmittag meldete die Polizei jedoch, dass für Dienstag bereits genug Spender gefunden worden seien.
Unfallstelle schwer zugänglich
Hubschrauber brachten die Schwerverletzten in Krankenhäuser, während die zahlreichen Leichtverletzten in einer Sammelstelle versorgt wurden. Dabei half auch die Wasserwacht, die die Verletzten von der direkt an dem Flüsschen Mangfall gelegenen Unfallstelle an das gegenüberliegende Ufer brachte. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann waren zwischenzeitlich 215 Beamte der bayerischen Polizei, 50 Beamte der Bundespolizei, 180 Feuerwehrleute aus der gesamten Region, 200 Helfer von Rettungsdiensten, darunter auch von Berg- und Wasserwacht, 30 Helfer vom Technischen Hilfswerk und 14 Hubschrauber im Einsatz. Auch Rettungskräfte aus Österreich halfen bei den Arbeiten in Bad Aibling. Herrmann dankte allen Einsatzkräften, von denen ein großer Teil Ehrenamtler seien. Auch Angela Merkel wandte sich an die Helfer: „Wir alle haben den Einsatz- und Rettungskräften aus der ganzen Region, die sich unter schweren Bedingungen um die Verunglückten gekümmert haben, für ihre unermüdliche Arbeit zu danken.“
Bundesjustizminister Heiko Maas meldete sich zu dem Zugunglück zu Wort. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und Verletzten“, twitterte Maas.
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und
wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste
übermittelt werden. Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung
Die Bahnlinie zwischen Holzkirchen und Rosenheim ist auf unbestimmte Zeit gesperrt, teilte „Meridian“ auf seiner Internetseite mit. Aktuell verkehrt ein Schienenersatzverkehr. Für das Unternehmen sei „der Unfall ein Riesenschock“, heißt es in dem Statement weiter. „Wir tun alles, um den Reisenden, Angehörigen und Mitarbeitern zu helfen.”
Die Unglücksstelle auf der auch Mangfalltalbahn genannten Strecke ist schwer zugänglich, wie auch ein Video aus dem Jahr 2012 zeigt. Ein Sprecher der Bahn sagte, dass ein Abtransport der Triebwagen deshalb so schwierig sei, weil an dem nahen Ufer keine schweren Kräne aufgestellt werden könnten und die Strecke in einem bewaldeten Gebiet liege.
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und
wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste
übermittelt werden. Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung
Bundespräsident Joachim Gauck hat von Nigeria aus mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt telefoniert, um sich über den Hergang des schweren Zugunglücks in Bayern und über die Lage dort informieren zu lassen. Das teilte eine Sprecherin des Präsidialamts am Dienstagabend in Lagos mit. Gauck sei bestürzt über den Unfall. Die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen Hannelore Kraft zeigte sich auf Twitter bewegt von dem Unglück. Auch die CSU drückte über den Kurznachrichtendienst ihr Mitgefühl aus.
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und
wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste
übermittelt werden. Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung
Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und
wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste
übermittelt werden. Mehr dazu in unserer
Datenschutzerklärung
Die Bayerische Oberlandbahn, deren Züge unter der Marke „Meridian“ betrieben werden, gehört zum französischen Eisenbahnunternehmen Transdev. Die Transdev GmbH in Deutschland mit mehr als 5000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 850 Millionen Euro bezeichnet sich als größter privater Nahverkehrsanbieter im lokalen Bahn- und Busbereich in Deutschland. Erst Ende 2013 hatte die Bahn mit drei Hauptstrecken den Betrieb aufgenommen. Seitdem bringt sie Fahrgäste unter anderem von Holzkirchen nach Rosenheim oder von München nach Salzburg.