Villingen-Schwenningen. Nach dem Handgranaten-Anschlag auf eine Unterkunft für Asylbewerber in Villingen-Schwenningen ermittelt nun eine Sonderkommission.

„Schwer erschüttert“, so fasste ein Sprecher der Staatsanwaltschaft die Stimmung bei den Ermittlungsbehörden rund um Villingen-Schwennigen zusammen. Unbekannte hatten dort in der Nacht zum Freitag einen Handgranaten-Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft verübt. Nun ermittele eine Sonderkommission mit 75 Polizisten, hieß es am Nachmittag auf einer Pressekonferenz der ermittelnden Behörden.

Die Granate sei mit Sprengstoff gefüllt gewesen, aber nicht explodiert, erklärte die Polizei in Tuttlingen. Nach der Evakuierung der Einrichtung wurde die Granate kontrolliert gesprengt. Experten untersuchten derzeit, ob sie einen Zünder enthalten habe und sprengfähig gewesen sei. Berichte, wonach der Sicherungsstift gezogen war, bestätigte ein Sprecher nicht. Dies werde noch geprüft. In dem Gebäude einer ehemaligen französischen Kaserne sind derzeit 104 Menschen untergebracht. Verletzt wurde bei dem nächtlichen Angriff niemand.

LKA und Verfassungsschutz eingeschaltet

Bislang habe die Soko „Container“ lediglich Nachbarn befragen können, hieß es auf der PK. Man gehe einigen Hinweisen nach, wenn auch noch nichts in Richtung konkreter Personen weise. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg sei genauso involviert wie der Verfassungsschutz. Natürlich liege ein fremdenfeindlicher Hintergrund nahe, man könne aber auch andere Möglichkeiten nicht ausschließen.

Geschleudert wurde die Handgranate in Richtung eines Containers für das Wachpersonal. Den Angaben zufolge befanden sich zur Tatzeit drei Wachleute in dem Container. Insgesamt seien in der Nacht 14 Security-Mitarbeiter im Einsatz gewesen.

Der Freiburger Regierungsvizepräsident Klemens Ficht erklärte, bei der Handgranate habe es sich um eine Kriegswaffe gehandelt. Dass diese auf eine Einrichtung für Kriegsflüchtlinge geworfen worden sei, sei besonders zu verurteilen.

Der Angriff ist nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) bundesweit der erste Fall, bei dem Sprengstoff zum Einsatz kam. „Bis jetzt hatten wir zwar mehrere Fälle, in denen Pyrotechnik verwendet wurde“, sagte eine Sprecherin des BKA am Freitag in Wiesbaden. „Dass nun eine Kriegswaffe zum Einsatz gegen eine Flüchtlingsunterkunft kam, ist neu.“

Maas: „Ausmaß der Gewalt ist erschreckend“

Das BKA sei in dem Fall bislang nicht tätig, dazu müsste es erst von der zuständigen Staatsanwaltschaft beauftragt werden, erklärte die Sprecherin. Es finde jedoch eine fachliche Zusammenarbeit mit den Ermittlern vor Ort statt. Die BKA-Sprecherin warnte davor, die Lage vorschnell zu bewerten: „Eine seriöse Einschätzung kann erst erfolgen, wenn alle Umstände berücksichtigt wurden.“

Bundesjustizminister Heiko Maas verurteilte die Tat scharf. „Das Ausmaß der Gewalt ist erschreckend“, erklärte der SPD-Politiker in Berlin. „Wir können alle nur dankbar sein, dass dieses Mal niemand verletzt wurde.“

Mitarbeiter eines Wachdienstes hatten den Sprengsatz gegen 1:15 Uhr entdeckt, Experten des Entschärfungsdienstes beim Landeskriminalamt Stuttgart sprengten die Handgranate dann am frühen Morgen noch auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkunft. 20 Bewohner mussten dafür nach Polizeiangaben kurzzeitig ihre Wohnungen verlassen.

Erst am Donnerstag hatte das BKA bekanntgegeben, dass die Zahl der Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte im vergangenen Jahr enorm gestiegen ist. (ba/dpa)