Hamburg. Entwarnung am Nordpol: Das Tauwetter ist Minustemperaturen gewichen. Über die Ursache der „Wärme“ rätseln die Meteorologen

Nach einer ungewöhnlichen Warmphase am Nordpol sind die Temperaturen dort weiter gesunken. „Der Einschub der Warmluft lässt spürbar nach“, sagte Meteorologe Markus Eifried vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Freitag in Hamburg. Die Messboje, die dem Nordpol am nächsten liege, habe am Freitagmorgen minus 18,8 Grad Celsius angezeigt.

Schon am Vortag waren die Temperaturen gesunken. Zuvor waren es in der Region noch null Grad gewesen – normalerweise herrschen am Nordpol um diese Jahreszeit minus 30 bis minus 40 Grad.

Kein neues Orkantief in Sicht

Zumindest in den kommenden zehn Tagen sei kein weiterer großer Warmlufteinstrom wie zum Ende 2015 im Nordpolargebiet zu erwarten, sagte Eifried. „Es ist kein weiteres Orkantief dieser Größe in Sicht.“ Auch auf der Inselgruppe Spitzbergen im Nordatlantik sanken die Temperaturen weiter – auf rund drei Grad. „Das ist schon sehr ungewöhnlich“, sagte Meteorologe Eifried. Doch sonderlich aufregen konnte das den Experten nicht. „Da spielt wohl auch der Föhn von den nahegelegenen Bergen mit“, so Eifried.

Tauwetter oder Beinahe-Tauwetter in der Polarregion – unglaublich. Das Klima schien aus den Fugen geraten zu sein. Auch sonst wütete das Tief. Bis nach England und Schottland reichten die Ausläufer, wo es abermals Überschwemmungen gab. Stunden später erfassten Monsterwellen Bohrinseln vor der norwegischen Küste. Ein Mensch kam ums Leben.

Meteorologen rätseln über Wetterspuk

Die Meteorologen räumen ein: Die tieferen Ursachen des Wetterspuks sind wissenschaftlich nicht zu erklären. Es gebe lediglich Vermutungen. Das in diesem Jahr extreme Wetterphänomen „El Niño“ im Pazifik könnte eine Rolle spielen, ebenso der Jetstream, eine große Luftströmung einige Kilometer über dem Boden. Doch Genaues weiß man nicht. Meteorologe Eifried drückt es so aus: „Wetter ist manchmal ein chaotisches System.“ Fest stehe nur, dass es mit dem Klimawandel nichts zu habe.

„Es handelt sich nicht um eine Sensation“

Doch wie häufig gibt es eine solche Anomalie? Auch hier müssen die Wetterfrösche passen. Aber ganz so selten sind sie wohl auch nicht, meinen einige. Außergewöhnlich zwar, aber keine absolute Rarität. „Um eine Sensation handelt es sich nicht“, meint Eifried. Sein „Bauchgefühl“ sage ihm: So etwas komme alle 15 bis 20 Jahre vor, vielleicht auch nur alle 30.

Auch Dorthe Dahl-Jensen von der Uni Kopenhagen sieht das ähnlich. Doch sollten die Kapriolen künftig häufiger vorkommen, sieht sie Risiken. „Wenn es häufiger wird, wirkt es sich auf die Entwicklung und die Dicke des Meereises im Winter aus“, meint sie. Die könnte dann zusehends dünner werden. (dpa)