Darmstadt. Das Landgericht Darmstadt verurteilt ein strengreligiöses Ehepaar zu lebenslanger Haft. Es habe den Mord an der Tochter kühl geplant.

Lebenslange Haft für strengreligiöse muslimische Eheleute, die ihre Tochter ermordet haben: Der 52 Jahre alte Vater und die 41 Jahre alte Mutter wurden am Dienstag vom Landgericht Darmstadt verurteilt. Die 19-jährige Tochter soll sexuelle Kontakte zu ihrem Freund gehabt haben, ohne mit ihm verlobt gewesen zu sein. Für die Eltern ein ausreichender Grund, die junge Frau zu töten.

Das Verhalten der Tochter soll dem Weltbild der aus Pakistan stammenden Eltern widersprochen haben. Weder der Verteidiger des Vaters noch der Anwalt der Mutter hatten Mordmerkmale gesehen. Sie hatten von Totschlag und von Beihilfe zum Totschlag gesprochen.

Der Angeklagte Asadullah K. verbirgt sein Gesicht hinter einem Umschlag. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er mit seiner Frau Shazia die gemeinsame Tochter Lareeb wegen einer außerehelichen Beziehung ermordet hatte.
Der Angeklagte Asadullah K. verbirgt sein Gesicht hinter einem Umschlag. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er mit seiner Frau Shazia die gemeinsame Tochter Lareeb wegen einer außerehelichen Beziehung ermordet hatte. © dpa | Boris Roessler

Die Anklage hatte für Vater und Mutter eine lebenslange Haft gefordert. Die Staatsanwaltschaft verlangte vor dem Landgericht am Donnerstag außerdem, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Dies würde eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ausschließen. Die Nebenklage schloss sich dem an.

Staatsanwaltschaft: Angeklagte zeigen keine Reue

Laut Staatsanwaltschaft hatten die Eltern den Tod der 19-Jährigen in Darmstadt „kaltblütig geplant“. Die Eltern hätten sich für das aus ihrer Heimat Pakistan mitgebrachte Wertesystem entschieden und würden keine Reue zeigen. „In meinen Augen weinen sie nur um sich selbst, nicht um ihre Tochter“, sagte Staatsanwältin Barbara Sieger.

„Sie weinen nur um sich, nicht um ihre Tochter“: Die Staatsanwältin zu den Eltern.
„Sie weinen nur um sich, nicht um ihre Tochter“: Die Staatsanwältin zu den Eltern. © dpa | Boris Roessler

Der Verteidiger des Vaters meinte, die Herkunft müsse berücksichtigt werden. Der 52-Jährige habe gar nicht anders handeln können. „Das ist kein normal sozialisierter Mensch“, sagte Anwalt Ulrich Schmid. „Er lebt in dem Glaskasten seiner Gemeinde.“ Der muslimische Glaube betrachte Sex vor der Ehe als schwerstes Vergehen.

Der Anwalt der Mutter sah die Frau in ihren religiösen Vorstellungen und ihrem archaischen Weltbild gefangen. „Meine Mandantin hat mit einer normalen Welt nichts zu tun, sie ist in ihrer eigenen einbetoniert“, meinte der Verteidiger Axel Kollbach.

Vater hatte Tötung schon im September gestanden

Der Vater hatte die Tötung am ersten Verhandlungstag im September gestanden. Nach Feststellung der Staatsanwältin erwürgte er die 19-Jährige im Januar im Schlaf. Seine Frau habe zugesehen und sei auch vollkommen einverstanden gewesen. Anschließend hätten beide die tote Tochter weggebracht und unweit der Wohnung eine Böschung hinuntergestoßen. Die Mutter hatte zum Prozessauftakt über ihren Verteidiger mitteilen lassen, sie sei von der Tat überrascht und dann dazu gezwungen worden, beim Wegschaffen der Leiche zu helfen.

Auch in ihrem letzten Wort beschrieb sich die 41-Jährige unter Tränen als Opfer. „Ich bin keine Mörderin.“ Auch ihr Ehemann brach in heftiges Schluchzen aus. „Ich bereue, diesen Fehler begangen zu haben.“ Ändern wolle er an seiner Einstellung aber nichts. „Ich lebe mein Leben weiter wie bisher.“ (dpa)