Berlin. Hat Angela Merkel in der Union ein Autoritätsproblem? Bei Anne Will gab es dazu glasklare Aussagen. Die Sendung im Schnellcheck.

Nach dem Solo-Auftritt der Kanzlerin bei Anne Will Anfang Oktober fragte die ARD-Talkerin am Mittwochabend: „Das verflixte 10. Jahr – Wie viel Autorität hat Angela Merkel noch?“. Zwischen diesen beiden Sendungen lag ein wenig geordnetes Auftreten von Merkels Regierung in der Flüchtlingspolitik – und vor allem die Demütigung der Kanzlerin durch CSU-Chef Horst Seehofer.

Der Bayer hatte die Kanzlerin auf offener Parteitagsbühne in München wie eine Schülerin abgewatscht. Merkel musste sich eine Viertelstunde lang die Standpauke des Bayern anhören, bevor sie gleichsam aus dem Saal flüchtete.

Die Frage nach der verbliebenen Autorität der Bundeskanzlerin kann man also mit Recht stellen. Doch welche Erkenntnisse brachte die Talkrunde?

Die Solidaritätsbekundung des Abends: Sie kam ausgerechnet von der Linkspartei. Deren Bundestags-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht knöpfte sich den CSU-Chef vor: „Das war eine grobe Unhöflichkeit von Herrn Seehofer. Das macht man nicht.“

Der Klartext des Abends: Christian Lindner hat sich als Parteichef mit seiner FDP wieder an die Fünf-Prozent-Hürde herangerobbt. Das macht offenbar mutig. Lindner ging die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin frontal an: „Es war ein Fehler, den Eindruck unbegrenzter Willkommenskultur zu erwecken.“ Merkel betreibe eine „Politik der unbegrenzten Öffnung“. Dies sei „ein Staatsversagen, das wir nicht auf Dauer fortsetzen können“. Die Kanzlerin erlebe einen „Autoritätsverlust“.

Die Selbstkritik des Abends: Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin im kleinen Saarland, gilt in der CDU als freier Geist. Sie spricht mitunter auch unbequeme Wahrheiten öffentlich aus, was in der Union sonst nicht so beliebt ist. Und wenn Kramp-Karrenbauer so von Saarbrücken aus nach Berlin blickt, gefällt ihr aktuell einiges nicht – etwa die Querschüsse der CDU-Minister Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière in der Flüchtlingspolitik: „Es gibt ein hohes Maß an Verunsicherung. Was wir in der Bundesregierung gesehen haben, war nicht optimal. Das macht für uns die Situation noch ein Stück schwerer. Darüber ärgere ich mich.“

Das Geständnis des Abends: Sieben Jahre lang regierte Klaus von Dohnanyi in der 80er-Jahren als Erster Bürgermeister in Hamburg. Als sozialdemokratischer Hanseat, als Mann der alten Schule war er aber mehr „Bürgerpräsident“ als Bürgermeister. Bei Anne Will schlug er den großen internationalen Bogen und kam so auch zu den Ägäis-Inseln, die Griechenland einst den Persern abgeluchst hätte. Zu der Zeit sei er noch nicht Bürgermeister gewesen, so der 87-Jährige selbstironisch. „Aber damals wäre ich gern Bürgermeister gewesen. Das waren noch schöne Verhältnisse. Da brauchte man nicht immer die Zustimmung einer Fraktion.“

Die Gewinnerin des Abends: Anne Will scheint seit der Entscheidung der ARD, dass sie ab Januar für den ausscheidenden Günther Jauch wieder auf ihren alten Platz am Sonntagabend rückt, noch besser geworden. Im Quotenschatten Jauchs hatte sie sich zuletzt am Mittwochabend-Termin einen Namen als faktenfeste Nachfragerin gemacht. So auch diesmal: Ob beim Liberalen Lindner oder bei der Linken Wagenknecht – Will ließ keine Ausweichmanöver durchgehen. „Sie werden mich so schnell nicht los“, konterte sie spitz die Endlos-Sottisen Wagenknechts. Eine starke Vorstellung.