Berlin. Manchmal ist es ein „ä“ oder ein „ae“, was wirklich zählt. Deswegen haben Aktionskünstler eine Bundeswehrkampagne kapern können.
Die fast 11 Millionen Euro teure Kampagne der Bundeswehr hat einen Trittbrettfahrer bekommen. Eine Kooperation von Aktionskünstlern des Peng Collective aus Berlin mit dem Schauspiel Dortmund will die Werbung um neue Soldaten konterkarieren, und hat sich das laut taz 100 Euro kosten lassen. Die Macher des Originals können dem auch Positives abgewinnen.
Wer machwaszählt.de in seinen Internetbrowser eingibt, landet bei der Bundeswehr und soll dort „genau so emotional“ abgeholt werden, wie er „von der Kampagne angesprochen“ wurde. Das war das Ziel. Wer allerdings machwaszaehlt.de eingibt, stößt auf eine ganz ähnlich aussehende Seite mit ganz anderer Botschaft. Aktionskünstler warnen vor dem Dienst bei der Bundeswehr.
Dazu setzen sie der Bundeswehrkampagne auf ihrer Seite auch Informationen etwa über Suizide in der Bundeswehr oder sexuelle Belästigung von Soldatinnen entgegen – und das im Design der Originalseite. Im Kurznachrichtendienst Twitter greifen Nutzer das auf und stellen unter #machwaszaehlt Sinnfragen.
Allerdings gab es bald auch erste Tweets, die sich für die Bundeswehr aussprechen:
In der Düsseldorfer Agentur Castenow, die die Kampagne für die Bundeswehr erstellt hat, sehe man die Kopie „auch mit einem kleinen Augenzwinkern“, sagt Geschäftsführerin Sabine Castenow. „Was Peng macht, ist nach meinem Rechtsverständnis allerdings fragwürdig“, so die Werberin. Rechtliche Schritte angesichts des Kopierens werde zumindest die Agentur nicht einleiten. „Das ist sicher etwas, worauf die es gerne anlegen würden.“
Und: Die Agentur hält es noch nicht für ausgemacht, dass die Trittbrettfahrer der Bundeswehrkampagne überhaupt schaden: „So geht noch einmal durch die Presse, dass die Bundeswehr Arbeitskräfte sucht. Im Schnitt ist das aus unserer Sicht eher positiv zu bewerten.“
Kampagnenkoordinator: Kopie ist Anerkennung
Dirk Feldhaus, Kampagnenkoordinator bei der Bundeswehr, sieht das ähnlich: „Es ist gut für unsere Gesellschaft, wenn junge Menschen wieder mehr über den Sinn und Zweck des Arbeitgebers Bundeswehr diskutieren und dabei überlegen, ob die Bundeswehr für sie ein attraktiver Arbeitgeber sein kann oder auch nicht.“ Das habe die erste Phase der Kampagne erreichen wollen. „Insofern ist die Verwendung eines ähnlichen Designs auch als Form der Anerkennung zu betrachten.“ Ein Sprecher des Ministeriums ergänzte, man „vertraue sehr auf die Mündigkeit und die Fähigkeit der Internet-User, die auf der Fake-Internetseite angegebenen Fakten und Quellen genauer zu bewerten“.
Mit der Kampagne verbunden sind Sprüche wie „Was sind schon 1000 Freunde im Netz gegen einen Kameraden“ und „Grünzeug ist auch gesund für deine Karriere“. Angesichts solcher „bewusst provokanten Aussagen“ seien Aktionen wie die von Peng zu erwarten gewesen, sagt Agenturchefin Castenow. Der Showroom der Bundeswehr in Berlin war auch bereits zu Beginn der Kampagne mit Farbe attackiert worden.
Haften blieb davon allerdings wenig: