Castelfalfi. „Paesi fantasma“ heißen vergessene Orte in der Toskana. Einer von ihnen, Castelfalfi, feiert jetzt als Urlaubsdomizil sein Comeback.

Toskana – allein der Name zaubert vielen ein Lächeln ins Gesicht. Zypressen, grüne Hügel, mildes Sonnenlicht, geschichtsträchtige Städte, aber auch einsame Dörfer. „Paesi fantasma“ nennen die Italiener sie. Geisterdörfer, die sich in idyllischen Regionen, irgendwo in abgelegenen Tälern oder an Berghängen verstecken. Mehr als 20 allein in der Toskana. Wir waren in Castelfalfi, das zu neuem Leben erweckt wurde.

Der einst verfallene Ort feiert ein einzigartiges Comeback. Heute präsentiert sich Castelfalfi als Ferienresort für den verwöhnten Urlauber. Die Lage des Dorfes ist perfekt. Mitten im schönsten Teil der Toskana, am Schnittpunkt des magischen Dreiecks Florenz, Siena und Pisa, taucht es wie aus dem Nichts zwischen Weinbergen und Wäldern auf. Und ehe man sich versieht, ist man schon wieder durchgefahren. Exakt zweieinhalb Minuten dauert es mit dem Auto von einem zum anderen Ende.

Das Resort ist sechsmal so groß wie das Fürstentum Monaco

Etwas länger brauchten die Etrusker, die vor 2500 Jahren als erste Be­sucher der Gegend rund um Castelfalfi kamen. Der Ort erlebte in seiner Geschichte ein Auf und Ab mit Römern und Barbaren, wurde zerstört, wieder aufgebaut. In der Blütezeit unter der Herrschaft von Florenz im 18. Jahrhundert lebten hier knapp 500 Einwohner. Eine Tabakfabrik wurde angesiedelt, Straßen gebaut. Der Aufschwung endete nahezu übergangslos mit der Landflucht in den 60er-Jahren. Es wurde ­einsam in dem kleinen Dorf. Die Jungen zogen in die Städte, ein paar alte Einwohner blieben. Die Häuser zerfielen.

Die Wende kam vor zehn Jahren. Der Reiseveranstalter Tui aus Hannover kaufte das mittelalterliche Dorf und stellte einen Investitionsplan von 250 Millionen Euro auf, um aus dem Ort und dem Umland mit einer Fläche von 1100 Hektar ein Touristik-Resort zu entwickeln – fast sechsmal so groß wie das Fürstentum Monaco.

In Castelfalfi wird Touristen moderner Luxus mit historischem Charme geboten.
In Castelfalfi wird Touristen moderner Luxus mit historischem Charme geboten. © HF | Marco Awerbuch

Das Dörfchen von einst ist nicht wiederzuerkennen. Ende Juni wurde das Fünf-Sterne-Hotel Il Castelfalfi Tui Blue Selection eröffnet. Das Haus hat 112 Zimmer, acht Suiten und einen 1000 Quadratmeter großes Spa. In der einstigen Tabakfabrik entstand das Vier-Sterne-Boutiquehotel La Tabaccaia. Die ­Gemäuer wurden restauriert, in den 31 Zimmern blieben Originalbalken sowie Parkettboden aus Olivenholz erhalten. Auch die Gehöfte inmitten alter Olivenhaine baute man in Landhäuser um.

Glanzlicht ist ein Restaurant in der mittelalterlichen Burg

Castelfalfi bietet den größten Golfplatz der Toskana. Zudem gibt es 13 Luxus-Apartments als Ferienunterkünfte, eine Trattoria, ein Gourmet-Restaurant, ein Schwimmbad und mehrere kleine Geschäfte. Als Highlight gilt das Speziali­tätenrestaurant „La Rocca“ in der mittelalterlichen Burg aus dem 13. Jahrhundert. Hier feiern junge Italiener und sogar Chinesen ihre Hochzeiten.

Das Ferienresort hat 200 Mitarbeiter, die Mini-Gemeinde aber keinen eigenen Bürgermeister und keinen Pfarrer mehr. Die katholische Kirche ist zwar wiederhergerichtet, doch Gottesdienste gibt es nur in Ausnahmefällen. Das Dorf wird von dem zwölf Kilometer entfernten Nachbarort Montaione verwaltet. Hotelangestellte, Verkäufer aus den Geschäften sowie die Bauern von den Wein- und Olivenfeldern wohnen in den umliegenden Dörfern.

Die Zahl der echten Einwohner in Castelfalfi liegt unter zehn – ältere Herrschaften. Sie erinnern sich noch an die Dreharbeiten für „Die Abenteuer des Pinocchio“. Starregisseur Roberto Be­­ni­gni verfilmte hier vor ein paar Jahren das italienische Märchen. „Hochbetrieb herrscht bei uns immer, wenn jemand beerdigt wird. Dann kommt Leben ins Dorf“, berichtet ein Hotelangestellter.

Italien erlebt eine Renaissance

Mit der Eröffnung des Resorts Castelfalfi erlebt das Urlaubsland Italien eine Renaissance. Im Ranking der beliebtesten Reiseziele liegt es nach Angaben des Italien-Experten Robin Wilbertz von Tui nach Spanien und Griechenland an dritter Stelle. Als Gründe gelten sicheres Reisen, schnelle Erreichbarkeit sowie das Angebot von Natur und Kultur. Auch zunehmendes Interesse der Prominenz spiele eine Rolle: Manuel Neuer heiratete in Süditalien, Hollywoodstar George Clooney in Venedig.

Mehr und mehr versucht Italien, seine vergessenen Dörfer für den Tourismus attraktiv zu machen. So wurde 2017 zum Jahr der Borghi erklärt. Zum Kreis der Borghi gehören Dörfer, die über eine Burg verfügen und reich sind an Geschichte, Kultur und Tradition. Beides trifft auf Castelfalfi zu. Doch es müssen Ortschaften mit einer funktionierenden Dorfgemeinschaft sein, und die sucht man in Castelfalfi zurzeit leider vergeblich. Hin und wieder flammt ein Hauch von Leben auf, immer dann, wenn sich ehemalige Einwohner in der Trattoria zum Essen treffen, ihren Wein trinken und Erinnerungen austauschen. Dann ist es ein bisschen so wie früher.

• Tipps & Informationen

Anreise: Direktflüge von Berlin und Hamburg nach Pisa bietet Easyjet an. Ab Düsseldorf geht es z. b. mit Eurowings über Wien. Von Pisa nach Castelfalfi sind es etwa 60 Kilometer mit dem Mietauto.

Unterkunft: Eine Woche im Il Castelfalfi Tui Blue Selection ab 882 Euro p. P. im DZ inkl. Frühstück. Eine Nacht mit Frühstück ab 126 Euro. Eine Woche im La Tabaccaia Toscana Resort Castelfalfi ab 510 Euro p. P. im DZ inkl. Frühstück. Eine Übernachtung mit Frühstück ab 85 Euro.

Ausflüge: Nach Florenz (80 km) in an­- derthalb Stunden, nach Siena (gut 70 km) eine Stunde 15 Minuten, nach San Gimignano (22 km) eine halbe Stunde.

Auskunft: Italienische Tourismuszentrale (www.enit.de), Telefon 069/23 74 34.

(Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch Tui.)