Marbella. Einst war die Stadt im Süden Spaniens beliebter Wohnsitz der Prominenz aus aller Welt. Die gibt es noch, aber nicht mehr so prägend.

Marbella – übersetzt heißt das „schönes Meer“. Es gab eine Zeit, da tummelten sich die Reichen und Schönen dieser Welt wie Liza Minnelly, Audrey Hepburn oder Sean Connery zusammen mit viel Aristokratie in dieser Stadt. Nie wirklich in ihrem Herzen, aber wenige Kilometer weiter – im Marbella Club, Richtung Puerto Banús und Gibraltar. Eine Fünf-Sterne-Anlage mit eigenem Golfplatz, die noch heute viele Reiche und Schöne beherbergt – aber halt nicht mehr ausschließlich.

Prinz Alfonso von Hohenlohe hatte den Club 1954 gegründet, ursprünglich gedacht als Treff für Freunde. Doch spätestens seit der Heirat mit Ira von Fürstenberg – Tochter von Fiat-Erbin Clara Agnelli – ein Jahr später entwickelte sich der Club zu einem legendären Ort, den der internationale Jetset und viele gekrönte Häupter suchten wie die Mücken das Licht.

Hat Marbella etwa an Glanz eingebüßt?

Marbella, das einstige Fischerdorf, verwandelte sich praktisch im Nu in einen Luxusbadeort an der Costa del Sol. Einige der Gäste blieben ganz. Die von Bismarcks zum Beispiel. Sie kauften ein Grundstück direkt neben dem Club. Heute wirkt es verwahrlost; es heißt, es stehe seit langer Zeit zum Kauf. Sind Marbellas glanzvolle Zeiten vorbei und Geschichte?

„Um Gottes willen“, sagt Juan Millan Gonzalez, unser Stadtführer. Ursprünglich wollte er einer Kollegin und mir die Altstadt von Marbella zeigen – mit den vielen Tapasbars, den Orangenbäumen, die im April schon überall mit prallen Früchten zu bewundern sind, und dem schönen Strandboulevard. Jetzt ist es ihm aber wichtiger, uns das neue, glanzvolle Marbella zu zeigen.

Denn, so Juan im Brustton der Überzeugung: „Die Schönen und Reichen haben die Costa del Sol keineswegs verlassen, sie zeigen sich bloß nicht mehr so wie früher, sondern verstecken sich.“ Dann läuft er rüber zum Taxistand, fragt einen der Männer, wer sich von ihnen am ehesten zutraue, uns an diese verborgenen Plätze zu führen.

In Marbella steht die Sommerresidenz des Königs von Saudi-Arabien

Alberto meldet sich. Während der Fahrt erzählt er, dass er früher eine kleine Baufirma hatte. Die Wirtschaftskrise ­habe alles zunichte gemacht. Dafür könne er nun zeigen, wo Gunilla von Bismarck lebe. „Ich habe in ihrer Finca vor Jahren mal ein paar Arbeiten verrichtet“, erzählt er. Und dann fährt er mit uns und Juan die sogenannte Goldene Meile entlang, vorbei an zahlreichen prachtvollen Häusern und Anwesen.

Hoch oben auf einem Hügel sehen wir ein weißes Haus – ganz so eines, wie man es als Sitz des US-Präsidenten in Washington kennt. Na ja, vielleicht ein bisschen kleiner. Juan erzählt, dass dieses König Fahd gehöre, dem König von Saudi-Arabien. Er habe es sich als eine Sommerresidenz bauen lassen, ebenso wie die eindrucksvolle Moschee am ­Fuße des Berges. Dorthin, heißt, gebe es einen unterirdischen Gang. Auch unterhalte der König hier einen Fuhrpark von mehr als 300 Autos! Eine Geschichte wie aus „Tausendundeiner Nacht“?

Hohe Mauern und eindrucksvolle Tore

Wir passieren das Schild „Los Altos de Marbella“: „Hier hat sich der Clan des Königs angesiedelt“, erzählt Juan nicht ohne Stolz. In diesem Quartier, ebenfalls auf einem Hügel und nicht weit vom König entfernt, lebten die vielen Prinzen mit ihren Frauen und Bediensteten. Wir staunen, bekommen aber außer hohen Mauern und eindrucksvollen Toren nicht viel zu sehen.

Eines führt den Namen „Jasmindoor“. Wir bleiben stehen, wollen ein Foto machen. Unbemerkt öffnet sich das Tor; ein Sicherheitsmann baut sich vor uns auf. Wie gut, dass wir Juan haben. Er versichert, dass wir Journalisten aus Deutschland seien, keine Namen und Adressen verraten würden. Das wirkt. Wir dürfen ein Foto machen.

Berge und Meer sorgen für angenehmes Klima

Unser Weg führt uns weiter nach Puerto Banús. Ein Hafen, in dem geprotzt wird. Hier sind Mega-Yachten von bis zu 70 Meter zu bestaunen. Viele davon in London gemeldet, wie am Heck zu lesen ist. Juan erzählt, dass sie nicht nur reichen Arabern und Briten gehören, sondern auch vielen Russen. Hier endlich finden wir auch die in ­Marbella vergeblich gesuchten Edelboutiquen. Ebenso wie zahllose hochpreisige Restaurants, vor denen entsprechende Limousinen stehen. Keine Frage: Wer gesehen werden will, fährt nach ­Puerto Banús.

Juan macht uns darauf aufmerksam, dass die Häuser ringsherum wie ein andalusisches Dorf um den Hafen angelegt sind. Stimmt. Sehr schön. Juan ist zufrieden. Auch Alberto. „Seht ihr, Marbella ist nach wie vor schön und reich“, sagt Juan und fügt hinzu: „Bitte vergesst nicht, auf Marbellas besonderes Mikroklima hinzuweisen. Es sorgt für milde Winter und nicht zu heiße Sommer.“ Außerdem gebe es in der Nähe Bauten aus der Römerzeit zu entdecken ebenso wie Gibraltar und so schöne Städte wie Sevilla, Granada oder Ronda – „die Stadt, die auf einem beeindruckenden Felsplateau thront“.

Marbella hat sein Erbe bewahrt

Ach Juan, du musst dich nicht sorgen. Wir haben ja bereits an den Tagen davor Marbella und seine wunderschöne Altstadt erkundet, haben den verkehrsberuhigten Strandboulevard gesehen, und bei einer Stadtführung die ­Dalí-Skulpturen auf der Avenida del Mar entdeckt. Abends sind wir in die Welt der Tapasbars eingetaucht. Haben erfahren, dass man in Torremolinos – einst ebenfalls ein bezaubernder Ort, an dem sich Stars wie Frank Sinatra und Liz Taylor entspannten – nicht so weitsichtig war.

„Heute sind dort nur noch Hotelbauten im Stile der 70er-Jahre zu sehen“, sagt Jose Guia Aleman de Vivienne, unser Stadtführer. Alles sei verbaut, nichts erinnere mehr an das frühere Fischerdorf. Marbella habe sein Erbe bewahrt, sagt er.

Marbella hatte einst einen zweifelhaften Ruf

Es gab Zeiten, da stand dies auf dem Spiel. Tatsächlich hatte Marbella noch vor wenigen Jahren den zweifelhaften Ruf, die korrupteste Stadt Spaniens zu sein. Dank des damaligen Bürgermeisters Jesús Gil, der von 1992 bis 2004 wie ein Fürst in der Stadt regierte. „Mit ihm begann eine Ära, in der sich das halbe Stadtparlament kaufen ließ. Wer bauen wollte, musste Schmiergeld zahlen.“

Eigentümlich, dass Jose dies schmunzelnd erzählt. „Die Mehrheit der Menschen hier hat ihn gemocht“, sagt er. Gil habe beispielsweise dafür gesorgt, dass der Boulevard am Strand für Autos gesperrt wurde. „Die meisten waren damals dagegen, vor allem die Händler.“

Viele Deutsche haben ein Domizil in Marbella

Wir gehen weiter, staunen, dass selbst an einem Abend im April so viel Leben auf der Straße ist. „Das verdanken wir dem La Concha“, heißt es überall. Der Berg sorge dafür, dass kalte Winde aus dem Norden die Stadt nicht erreichten. Auch die Sommer seien viel erträglicher als sonst in Andalusien.

Viele Deutsche hat das bewogen, an der Costa del Sol zu bleiben. Wir lernen während unserer Tapas-Tour Stefan kennen. Er ist 2003 nach Marbella gekommen, arbeitet jetzt als Koch im Restaurant The Farm. Spontan bittet er uns, an diesem Abend seine Gäste zu sein.

Herz an den Süden Spaniens verloren

In wenigen Monaten, so erzählt er, erwarteten er und seine Frau ihr erstes Kind. Er ist sehr glücklich. Wir können ihn verstehen. In den vergangenen Tagen haben wir alle ein wenig unser Herz an den Süden Spaniens verloren. Zurück in Deutschland, lese ich, dass Gunilla von Bismarck ihre Villa in Marbella verkaufen möchte. Es heißt, sie wolle zu ihren Kindern in die Schweiz ziehen.

Die Geschichte von Marbella erinnert mich an die Insel Sylt. Begann nicht auch ihr Aufstieg als Treff der Reichen und Schönen erst mit dem Milliardär Gunter Sachs? Der machte übrigens auch im Marbella Club halt – mit Bri­gitte Bardot. Das war im Jahr 1962.

Tipps & Informationen

Anreise z. B. von Berlin nach Málaga nonstop mit Ryanair oder Easjet. Multi­stop-Flüge bieten Lufthansa, Swiss und Air France an.

Unterkunft z. B. im Marbella Club, www. marbellaclub.com, Blv. Prin­cipe Alfonso von Hohenlohe, Tel. 0034 /95/282 22 11, De-luxe-Doppelzimmer ab 620 Euro; Amáre Marbella, www.amarehotels.com/de, Doppelzimmer ab 225 Euro, Severo Ochoa 8, Tel. 0800/ 724 3906; BlueBay Banús, www.bluebayresorts. com, Autovía del Mediterráneo, Tel. 34/952/81 15 17, Doppelzimmer ab 108 Euro.

Unternehmungen Tapas- und Segway-Touren bietet zum Beispiel Experience Box (www.experienceboxspain.com); Ansprechpartner für deutsche Gäste ist Eduardo Villaverde, Head Office Costa del Sol, Tel. 0034/952/88 55 97. Weitere Aktivitäten auf www.activitiesmarbella.es

(Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch den Marbella Club.)