Maun. Nirgendwo in Afrika gibt es so viele Elefanten wie in Botswana. Am Chobe-Fluss und im Okavangodelta kommt man den Dickhäutern ganz nah.

Man kann seine Uhr danach stellen: Um fünf Uhr in der Früh gackert der Wecker, Morgen für Morgen. Ihn mit einem gezielten Handkantenschlag zum Schweigen zu bringen, um dann noch ein oder zwei Stündchen zu schlafen, wäre zwar eine verführerische Reaktion. Doch so einfach geht das nicht.

Die Weckrufe kommen aus dem Baum über dem Zelt. Von ihrer Warte plärren erst die Helmperlhühner so lange, bis wirklich jedes Lebewesen im Busch mitbekommen hat, dass gerade ein neuer Tag anbricht. Dann rätschen, ebenso laut, ein paar balzende Rotschnabeltokos. Merke: Wer authentisch auf Safari geht und im Zelt übernachtet statt im klimatisierten Hotelzimmer, darf auch mit den Vögeln aufstehen.

Camp in unmittelbarer Nähe des Nationalparks

Also zügig raus aus den Federn: Die Heinzelmännchen des Camps haben im Licht der Petroleumlampen schon das Frühstück angerichtet. Schnell einen starken Kaffee geschlürft und den überm Lagerfeuer gebackenen Muffin verdrückt, dann rauf auf die Sitze des offenen Geländewagens. Am Steuer wartet Max Tidimalo, ein Guide des Safariunternehmens andBeyond. Das betreibt in Botswana etliche schicke Lodges, aber auch das rustikalere Camp „Chobe Under Canvas“.

Die fünf geräumigen Zelte mit Doppelbett und ­privatem Badezimmer stehen versteckt an einem einsamen Platz im Galeriewald des Chobe-Flusses. Ein großer Bonus, erklärt Max: „Während andere Touristen eine gute Stunde brauchen, bis sie es nach der Öffnung der Nationalparktore hierher schaffen, sind wir schon vor Ort.“

Trotz ihrer Größe bewegen sich Elefanten beinah lautlos

So muss man sich die Sichtungen der Pirschfahrt nicht mit anderen Fahrzeugen teilen. Eine Herde Rappenantilopen füllt sich die Mägen mit grünen Trieben, eine Warzenschweinmutter führt mit dem erhobenen Schwanz als Wegweiser ihre Frischlinge spazieren, ein einsames Flusspferd kühlt in einem Pool sein Gemüt.

Dann entdeckt Max handtellergroße Pfotenabdrücke im roten Sand und folgt der heißen Spur zu einem Tatort: Ein Löwe mit schwarzer Mähne knabbert an einem in der Nacht gerissenen Büffel. Anschließend geht es hinunter ins Schwemmland des träge fließenden Chobe. Geplant ist nur ein kurzer Stopp. Doch dann kommt alles anders, weil die Könige des Buschs unerwartet eine Audienz gewähren.

Elefanten im Chobe-Park besonders entspannt

Wie Elefanten es schaffen, sich trotz ihrer Größe und ihres Gewichts quasi lautlos fortzubewegen, bleibt ihr Geheimnis. Keine dezenten Laute, knackenden Äste oder raschelndes Laub verraten sie. Unerwartet treten sie zwischen den Bäumen ins Freie. Die Leitkuh geht gemächlichen Schrittes voraus und führt die Herde am Auto vorbei zum Wasser.

So entspannt wie im Chobe-Nationalpark sind die Tiere anderswo nicht, erklärt Max: „Hier haben die Tiere gelernt, dass von uns keine Gefahr ausgeht.“ Die meisten Dickhäuter ­Botswanas leben in dem vor 50 Jahren gegründeten Schutzgebiet. In der Trockenzeit von Mai bis Oktober sind die Tiersichtungen deswegen so gut wie an nur wenigen anderen Orten in Afrika.

Sie geben ein tierisches Schauspiel am Fluss ab

Elefanten, Elefanten, Elefanten: Inzwischen tummeln sich derart viele Dickhäuter am Ufer, dass man sie gar nicht mehr zählen kann. Wenn ein Familienverbund abrückt und zum Futtern in den angrenzenden Wald zieht, trottet die nächste Herde heran. Sie geben ein tierisches Schauspiel und präsentieren sich in einer Komödie in vielen Akten.

In Botswana bieten Ureinwohner, die sogenannten Buschleute oder auch San, touristische Führungen an.
In Botswana bieten Ureinwohner, die sogenannten Buschleute oder auch San, touristische Führungen an. © picture alliance / Philipp Laage | Philipp Laage

Da gibt es die tollpatschigen Babys, die mehr stolpern als laufen auf dem Weg zum Fluss. Mütter und Tanten haben sie stets im Auge und helfen ihnen mit dem Rüssel auf, wenn sie ausrutschen. Kindergartenkinder suhlen sich im Schlamm, bis sie rabenschwarz sind. Anschließend panieren sie sich mit weißem Flusssand ein – ein idealer Sonnenschutz. Teenager wedeln mit den Ohren und messen bei Kabbeleien ihre Kräfte. Ältere Herren beobachten das Geschehen aus der Ferne, denn vielleicht ist eine Elefantenkuh ja bereit zur Paarung. Doch den mächtigen Matriarchen kommen sie nicht in die Quere.

Botswana ist für Elefanten eine Arche Noah

„Nirgendwo in Afrika gibt es noch so viele Elefanten wie in Botswana“, sagt Mike Chase von der Nichtregierungsorganisation Elephants Without Borders. Fast überall auf dem Kontinent schrumpft die Population, weil Lebensraum verloren geht und sowohl Wildererbanden mit ihrer Gier nach Elfenbein als auch Jäger mit dem Wunsch nach Trophäen den Dickhäutern nachstellen. In Botswana steht dagegen der Naturschutz an erster Stelle.

Wilderer kommen hier viele Jahre ins Gefängnis, und die Armee schreckt bei ihren Patrouillen vor dem Einsatz von Schusswaffen nicht zurück. Inzwischen wurde auch die Trophäenjagd verboten. Der Staat ist für Afrikas Elefanten also eine Arche Noah. Der Anfang September veröffentlichte „Great Elephant Census“ beziffert die Zahl der Tiere im Land auf über 130.000 – das sind mehr als ein Drittel der Population des Kontinents.

Im Okavangodelta leben Büffel, Zebras und Nashörner

Diejenigen Elefanten, die nicht durch den Chobe-Nationalpark streifen, sind im benachbarten Okavangodelta zu Hause. Inmitten der Kalahariwüste ­Botswanas liegt das Städtchen Maun. Wer hier in den Buschflieger steigt, reist von einer Welt des Mangels in eine Welt des Überflusses. Plötzlich ist überall Wasser: Sümpfe umschließen flache Inseln mit lichten Wäldern und Savannen, sattgrüne Wiesen aus Schilf und Papyrus breiten sich aus. Quelle all diesen Lebens ist der Fluss Okavango, der mehr als 1000 Kilometer von seinem Ursprung in Angola entfernt in einem riesigen Binnendelta versickert.

Zwar gab es immer wieder hochfliegende Pläne, das kostbare Nass „sinnvoll“ zu nutzen, zur Bewässerung von Feldern oder für die Versorgung von Minen. Doch bis heute ist das 20.000 Quadratkilometer große Areal ein einmaliges Refugium für Tausende Tier- und Pflanzenarten.

Vor drei Jahren wurde es zum Welterbe der Unesco erklärt. Wer per Motorboot, Mokoro-Kanu oder Geländewagen unterwegs ist, sieht riesige Herden von Büffeln und Zebras durch den Busch streifen. Sogar Nashörner sind nach langer Pause wieder heimisch geworden. Dabei hilft auch die abgeschiedene Lage: In der schwer zugänglichen Region, die etwa so groß ist wie Rheinland-Pfalz, leben gerade einmal 50.000 Menschen.

Viele Dickhäuter schließen sich wilden Herden an

Elefanten begegnet man hier bei fast ­jedem Game Drive. Doch um den sanften Giganten einmal wirklich nahezukommen, muss man sich im Abu Camp von Wilderness Safaris einquartieren. Hier lebt eine halbwilde Herde, die von der geduldigen Matriarchin Cathy angeführt wird. „Sie wurde in Uganda gefangen, lebte dann in einem Safari-Park in Kanada und kam für ein Filmprojekt zurück nach Afrika. Erst bei uns hat sie ihre Freiheit wiedergefunden“, erzählt Boago Poloko, der sich um die Tiere kümmert.

Abends stapfen Cathy und ihre Herde zwar zurück ins Camp. Doch tagsüber gehen die Tiere im Busch auf Futtersuche. Die Pfleger begleiten sie dabei, doch angekettet sind die Tiere nicht. Deswegen haben sich schon viele der Elefanten einer wilden Herde ­angeschlossen und den Menschen auf immer adieu gesagt. Zwei Kälber der Elefantenkuh Shireni ziehen inzwischen wild durchs Okavangodelta. Ihr jüngstes ­Baby, die vier Jahre alte Warona, ist aber noch Teil der aktuell sechsköpfigen Abu-Herde.

Mit viel Glück, gibt’s eine Rüssel-Umarmung

Bei Pirschfahrten im Geländewagen begegnet man Elefanten zwar nicht ­direkt auf Augenhöhe, blickt aber oft ­herab auf ihren Nachwuchs. Im Abu Camp führt Guide Joe Molekoa seine Gäste zu Fuß ziemlich nah an die Giganten ­heran, um Teil der Herde zu werden. Die Elefantenkühe erscheinen einem dabei wie ­Riesen, drei Meter hoch und massig wie ein Lieferwagen. Ewig lang wirken auch die von 100.000 Muskeln gesteuerten Rüssel, die unter viel Prusten und Plantschen das Wasser auf­saugen.

Zwischendurch schnuppern die ­Allzweckinstrumente immer wieder in unsere Richtung, wer viel Glück hat, wird sogar umarmt. Endlich gibt es die Möglichkeit, genau hinzuschauen. Man folgt den Falten der runzeligen Haut, entdeckt lange Wimpern – und hofft auf eine ­Reaktion der kleinen braunen ­Augen, die einen neugierig mustern.

Tipps & Informationen

Anreise Von Hamburg z. B. mit Air France über Paris oder mit British Airways über London nach Johannesburg, dann weiter nach Maun oder Kasane (www.flysaa.com).

Unterkunft Ein authentisches Zeltcamp mitten im Chobe-Nationalpark ist Chobe under Canvas (www.andbeyond.com). Teil der Elefantenherde wird man im Abu Camp (www.wilderness-
safaris.com).

Pauschal Abendsonne Afrika organisiert Campingtouren (ab 1449 Euro), geführte Zeltsafaris (ab 2779 Euro) und Flugsafaris (ab 2998 Euro), www.abendsonneafrika.de.

Auskunft Botswana Tourism Organisation, www.botswanatourism.eu

ITB Berlin Botswana ist das diesjährige Partnerland der ITB. Die Messe ist für Privatbesucher geöffnet am 11. und 12. März von 10 bis 18 Uhr. Infos unter www.itb-berlin.de

(Die Reise wurde unterstützt von der Botswana Tourism Organisation.)