Bombay. Wassermassen im Monsun: Was die Regenzeit für die Menschen in Indien und Südostasien sowie für die Reiseplanung der Touristen bedeutet.

Jedes Jahr im Sommer zeigt das Fern­sehen, wie der Monsun in Asien Städte und Landschaften verändert. Keine gute Zeit also für Reisen zwischen Bombay und Bali? Sicher ist: Die Menschen dort sind weit mehr vom Wetter abhängig als wir es in den gemäßigten Breiten sind. Die Regenzeit wird in Asien deshalb auch als Geschenk der Götter wahrgenommen. Und wenn sie ausbleibt oder zu heftig ausfällt, haben diese eben ihren Zorn gezeigt. Shiva, Allah, Buddha, die Geister des Dorfes und der Felder, sie haben es so gewollt.

Wahr ist aber auch: Die Götter oder eben der Monsun verteilen den Regen auf dem Subkontinent wie in den beliebten Reiseregionen weiter östlich oder südlich sehr unterschiedlich. Es schüttet überdies nur selten über mehrere Tage hinweg. Oft folgt auf nächt­liche Wolkenbrüche ein strahlend-schöner und milder Morgen, der an Frühlingszeiten in Europa erinnert. Die Luft ist angenehm kühl, das Land saugt den frischen Blütenduft ein und zelebriert die neue Fruchtbarkeit nach den Monaten der lähmenden Hitze.

Von einem Tag auf den anderen verändert der Regen das Leben

Vielerorts versinken andererseits ganze Regionen, in Indien wie in Indochina, in Indonesien wie auf den Philippinen, wochenlang im Schlamm, die Straßen sind unpassierbar, Myriaden von Insekten machen Einheimischen und Besuchern das Leben schwer, nicht nur in den Nationalparks vermehren sich Schlangen und Skorpione. Am heftigsten und längsten regnet es im indischen Nordosten, zum Beispiel im Ganges­delta und in der Teeregion ­Assam. Auch so beliebte Badeziele wie Goa oder die Malabarküste in Kerala und die Bundesstaaten Karnataka und Maharashtra, beide reich an Tempeln, bieten sich erst wieder ab November für Rundreisen und Strandurlaub an. Keine Regel ohne Ausnahme: Viele einheimische Ayurveda-Ärzte in den ­Resorts von Kerala schätzen gerade den Sommermonsun. Wie das Land, so sagen sie, würde auch der Körper in ­diesen Wochen besonders nachhaltig ­gereinigt.

Ewig galt die Regel, dass der Monsun den Südwesten Indiens Ende Mai, spätestens aber nach der ersten Juniwoche erreicht. In den letzten Jahren aber lag meist noch Mitte oder gar ­Ende Juni bleierne Schwüle über dem Land. Der Himmel war über Wochen grau und schwer wie eine vollgesogene Decke. Temperaturen über 30 Grad und eine Luftfeuchtigkeit weit über 90 Prozent, keine gesunde Mischung für Europäer. Das gilt für Millionenstädte wie Bombay oder Kalkutta und für Feuchtgebiete wie das Ganges­delta und die Sundabans, die größten Mangrovenwälder der Welt, beides zu ­anderen Zeiten Destinationen für Naturlieb­haber.

Der Begriff Monsun stammt von Händlern, die seit der Antike mit diesem Wind von Westen her übers Meer gesegelt kamen. Er geht auf das arabische Wort mausim zurück: Jahreszeit. Auch die frühen europäischen Entdecker lernten die Vor- und Nachteile der Monsundriften schnell kennen. Vasco da Gama, der 1498 rund um Afrika bis an die Malabarküste gesegelt war, erwähnt in seinen Logbüchern immer wieder monçao, das portugiesische Wort für den Monsun. Meteorologisch gesehen und vereinfacht ausgedrückt ist der Monsun ein beständig wehender Wind, der seine Richtung im halbjährlichen Rhythmus verändert, oft abrupt: Im Sommer bringt er mit feuchten Luftmassen aus dem Südwesten die Regenzeit auf den indischen Subkontinent. Die Winterwinde aus dem Nordosten sorgen für die kühlere Trockenzeit und damit für die angenehme Reisesaison zwischen November und Mitte März.

Die Regenzeit kann innerhalb eines Landes unterschiedlich ausfallen

Jahrhundertelang war darauf Verlass: Von Anfang Juni an bewegten sich an der indischen Westküste die Regenwolken Tag für Tag einige Dutzend Kilometer weiter nach Norden. Aber diese Zuverlässigkeit gilt längst nicht mehr. Die meisten Experten schreiben die Veränderungen im Monsunzyklus wie auch das deutlich sichtbare Abschmelzen der Himalajagletscher dem weltweiten Klimawandel zu. Das eine wie das andere bringt immer häufiger Verderben, Dürre, Überschwemmungen.

Ähnlich wie in Indien verändert in weiten Teilen Südostasiens der Monsun fast von einem auf den anderen Tag das Leben. Eben noch haben die Menschen im Glutofen der Vormonsunzeit den Staub schlucken und hilflos zuschauen müssen, wie ihre Felder austrocknen. Und dann, binnen weniger Tage, häufig sogar innerhalb von Stunden, ertrinkt das ausgedörrte Land im starken Regen. Gemeinsam haben der Subkontinent und viele Nachbarstaaten jedoch auch, dass für die Reiseplanung große Unterschiede innerhalb des Landes zu be­achten sind.

So gilt zum Beispiel an der Südwestküste von Sri Lanka unser Winterhalbjahr als ideale Saison – regenarm und nicht zu heiß. Die gleiche Küste wird jedoch zwischen April und September, manchmal bis in den Oktober hinein, von schweren Tropenschauern und hoher Luftfeuchtigkeit heimgesucht. Auf der anderen Inselseite wiederum, der Ostküste mit ihren Traumstränden, herrscht dann sonniges Wetter, nur hin und wieder von kurzen, erfrischenden Schauern unterbrochen.

Auch das Klima in Myanmar ist vom indischen Monsun beeinflusst, auch dort fällt die Regenzeit innerhalb des Landes recht unterschiedlich aus. Generell muss zwischen April und Oktober mit deutlich mehr Regen als im Winter gerechnet werden. Aber die nördliche Westküste, an der zum Beispiel der Badeort Ngapali liegt, macht sich im Sommer der Südwestmonsun viel heftiger bemerkbar als etwa in den Touristenzielen Mandalay oder Bagan.

Laos und Kambodscha sind weniger davon betroffen

Nebenan, in Thailand, setzt die schwülheiße Saison meistens im März ein. Dann kann die Temperatur in Bangkok schon mal auf 35 Grad, die Luftfeuchtigkeit auf über 90 Prozent ansteigen. In Asiens beliebtestem Reiseland, ist der Regen unterschiedlich verteilt: auf den Inseln im Westen, zum Beispiel Phuket, Phi Phi, Ko Lanta, und an der Küste der Andamanensee, etwa rund um Krabi, kann es zwischen April und Oktober täglich ein paar Stunden lang heftig schütten. Am Golf von Siam hingegen, in Hua Hin oder auf Ko Samui, regnet es vorwiegend zwischen September und Dezember.

Die beiden Nachbarländer, der Binnenstaat Laos und Kambodscha mit seinem kleinen Küstenanteil, sind dagegen weitaus weniger von langanhaltenden Regenperioden betroffen. Zwar zählen auch hier die weitgehend trockenen Monate November bis Mitte April zur besten Reisezeit, wobei Dezember, Januar und Februar am angenehmsten sind.

Das hat sich längst herumgesprochen, sodass sich dann etwa an den Tempel rund um Angkor oder in der Traveller-Hochburg Luang Prabang die halbe Welt trifft. Schwierig wird es für Asienliebhaber, die Thailand, Laos und Kambodscha mit einem Abschluss auf Bali krönen möchten. Diese Insel südlich vom Äquator ist zwar das ganze Jahr über tropisch heiß; regenarm und mit erträglichen Temperaturen gesegnet aber ist sie vor allem in der Zeit zwischen Mai und Oktober, also gerade dann, wenn es in Thailand, Burma und anderswo in Südostasien am häufigsten schüttet. Wie in Sri Lanka, trennt auch auf Bali eine Gebirgskette das Klima deutlich zwischen den schwarzen Stränden im Norden und der wesentlich überlaufeneren Süd- und Westküste. Auch das hat Bali mit Sri Lanka gemeinsam: Der Norden ist generell trockener als der Süden.

Zu keiner Zeit lässt sich der Seele Indiens näher kommen als im Monsun

Wer allerdings gegen den Strom schwimmen und dem Regen nicht ausweichen will, muss sich Alexander Frater zum Vorbild nehmen. Der langjährige Korrespondent der britischen Zeitung „Observer“ ist über Wochen dem Monsun durch ganz Indien gefolgt, vom Kap Komorin die Westküste hoch, weiter über Delhi und am Ganges entlang bis Cherrapunji. Diese Kleinstadt im Nordosten teilt sich mit zwei Dörfern aus der Umgebung die Ränge eins bis drei unter den regenreichsten Orten der Welt.

Zu keiner Zeit, so das Fazit des Globetrotters in seinem Buch „Regen-Raga“, lässt sich der Seele Indiens, dem Zauber und den Problemen Asiens näher kommen als während der Zeit des Sommermonsuns.