Panama City. Panama steht nicht nur für dubiose Finanzgeschäfte. Unser Besuch in dem Land hat gezeigt: Nicht nur für Reiche ist es eine Reise wert.

Der panamaische Staatspräsident Juan Carlos Varela sah für einen kurzen Moment ratlos drein, als ihm der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Carsten Spohr, vor rund 500 geladenen Gästen im feinen Union-Club von Panama City ein Kinderbuch überreichte; nein, eigentlich das deutsche Kinderbuch schlechthin. Denn wie soll man „Oh, wie schön ist Panama!“ korrekt ins Englische adaptieren? Und außerdem ist es in Janoschs herzzerreißender Geschichte ja auch so, dass der Bär und der Tiger ihr ersehntes Ziel nie erreichen werden …

Letztlich war es jedoch ein gelungenes Gastgeschenk anlässlich des ersten Direktfluges aus Frankfurt in diese Boomtown Mittelamerikas, deren Skyline mittlerweile mehr als 23 Hochhäuser mit einer Höhe von mehr als 200 Metern beherbergt. Für Mittel- und Südamerika ist das so ziemlich einsame Spitze.

Dieser stolz zur Schau gestellte Reichtum des Landes, das zwischen Costa Rica und Kolumbien die Landbrücke von Mittel- nach Südamerika bildet, gründet sich auf den Einnahmen von den Schiffspassagen durch den berühmten Kanal, auf den zahlreichen staatlichen Kasinos sowie – wenn auch offiziell verschwiegen – auf den Geldwäschereien einiger Drogenmilliardäre; neuerdings offiziell aber auch, dank der Enthüllungen namens „Panama-Leaks“, auf dem Vermögen vieler Tausend Mächtiger und Reicher aus aller Welt, die aktuell unter dem Generalverdacht stehen, über zahllose ansässige Briefkastenfirmen Steuern hinterzogen zu haben. „Panama“, sagt der Präsident bedauernd, „galt bisher leider vorwiegend als ein Land für Durchreisende. Die einen fahren von West nach Ost und in umgekehrter Richtung durch den Kanal, die anderen durchqueren unseren Staat in Nord-Süd-Richtung über die Panamericana, die Straße, die von Alaska bis hinunter nach Feuerland führt. Aber das wird sich jetzt bestimmt ändern.“

Die Panamaer gehören zur drittglücklichsten Nation weltweit

Präsident Varela verschweigt selbstverständlich trotz Nachfrage, dass in der Steueroase immerhin längst vermutlich mehrere Hundert Milliarden Dollar dauerhaft in Schließfächern, auf Offshore-Konten und eben auch in Immobilien schlummern: Schon jetzt sind gut 40 Prozent der bis vor wenigen Jahren noch verfallenen Altstadt von Panama City prächtig saniert worden; das Viertel ist auf dem einerseits guten, andererseits aber auch umstrittenen Weg, sich in eine Art Disneyland des kolonialen Zeitalters zu verwandeln; gegen den Widerstand der Anwohner, die jetzt umgesiedelt werden müssen, weil sie ja selbst die Sanierungs- und Renovierungskosten niemals stemmen könnten.

Die Panamaer, die trotz eines relativ schmalen monatlichen Mindestlohns von 600 Dollar nach den Dänen und Costa Ricanern angeblich zur drittglücklichsten Nation auf der Welt gezählt werden, haben erst vor Kurzem, aber mit bemerkenswertem Elan begonnen, den Tourismus ebenso kontinuierlich wie auch nachhaltig zu entwickeln. Immerhin branden zwei Weltmeere an die Traumstrände des (bisherigen) Transitstaates, der zu Recht auch als vielseitiges Inselparadies für Intensivbräuner und Wassersportler gilt; das sich jedoch auch sehr wohl hervorragend für Naturliebhaber, Vogelkundler, Mountainbiker und Wanderer eignet; Touristen, die allerdings ein gewisses Entdeckergen in sich tragen sollten. Auch das Klima ist für uns Mitteleuropäer recht angenehm, in bestimmten Regionen jedenfalls und im Hochland sowieso). Da kommt solch ein Ausbau des Langstreckennetzes einer Fluggesellschaft aus einem Land der zahlungskräftigen Reiselustigen in Form eines bequemen Nonstop-Fluges von zwölfeinhalb Stunden Dauer ab Frankfurt vermutlich immer zur richtigen Zeit.

In der „Finca Dracula“ haben die Orchideen das Sagen

Hier oben jedoch, im Nationalpark Baru in rund 1700 Meter Höhe über dem Meeresspiegel, am Fuße des gleichnamigen Vulkans, der höchsten Erhebung des Landes (3474 Meter), nur etwa 35 Kilometer östlich der Grenze zu Costa Rica, ist das globale Getöse um die „Panama-Papers“ ganz weit weg. Und auch der Berg selbst hat im Jahre 1550 zum letzten Mal gerumpelt. Er gehört zum Höhenzug der Talamanca-Kordilleren und bietet dem Reisenden auf wenigen Quadratkilometern ein fast schon spektakuläres Wechselbad aus der kühleren, pazifischen Klima- in die heiß-feuchte karibische Klimazone. Das hat grandiose Auswirkungen auf die Flora und Fauna dieses Landstrichs, wo riesige Bergwälder in den Himmel gewachsen sind, die von gigantischen Eichen, Zedern und Zypressen dominiert werden.

Im Städtchen Cerro de Punta haben dagegen die Orchideen das Sagen, vor allem in der „Finca Dracula“, die vom Biologen Andrés Maduro zu einem Paradiesgarten gestaltet wurde. 2200 verschiedene Orchideen wachsen hier, und es scheint fast so, als kenne die 30-jährige Vanessa, eigentlich eine Rechtsanwältin aus Panama City, jede einzelne Orchidee persönlich. Sie verbringe ihren Urlaub hier, sagt sie. „Aber natürlich auch, um meine Englischkenntnisse zu trainieren“, fügt sie ganz pragmatisch hinzu und lacht. Vanessa gehört zu der jungen Generation der Panamaer, die das Glück hatten, immerhin schon seit 1999 in stabilen Verhältnissen zu leben und sich nun erkennbar Mühe geben, diese Tugend weiter zu festigen, Natur- und Umweltschutz inklusive.

Das „beste Haus am Platz“, das Hospedaje Quetzales in rustikaler Holzbauweise, erinnert eher an eine europäische Berghütte. Der Komfort hier draußen ist der Provinz angemessen, Luxus sollte man freilich nicht erwarten, aber ganz gleich ob es die Sauberkeit der Zimmer oder das mehrgängige Dinner am offenen Kaminfeuer betrifft: Die Freundlichkeit und eben das Bemühen der Gastronomen um ihre Gäste sind spürbar.

„Billig“ ist Panama keineswegs, der amerikanische Dollar ist die gängige Landeswährung, und Vanessas gespeichertes Orchideenwissen erhält der Reisende für zehn Dollar; für die anschließende Übernachtung (natürlich ohne Vanessa), aber inklusive Abendessen und Frühstück muss er mit rund 120 Dollar rechnen.

Rund 400 Vogelarten lassen sich im Hochland beobachten

Am nächsten Morgen geht es rund zweieinhalb Stunden mit dem Bus um den Vulkan Baru herum nach Boquete, wobei man auf erstaunlich guten Straßen insgesamt sieben extrem kurvenreiche Täler durchqueren muss. Wer will und die nötige Kondition hat, kann diese Strecke auch zu Fuß bewältigen: Der Sendero los Quetzales gilt als einer der schönsten Wanderwege im panamischen Hochland und führt durch eine abwechslungsreiche Landschaft von monströser Vielfalt an tropischen Pflanzen, Bäumen und Tieren, insbesondere Vögeln. Rund 400 verschiedene Arten, sagt unser Fahrer Raoul, ließen sich beobachten, darunter natürlich auch der berühmte Quetzal mit seinem auffallenden, grün-blau-rot gefärbten Gefieder und den langen Schwanzfedern. Kein Wunder, dass dieses Land weltweit als einer der Hotspots für Ornithologen gilt. Etwa zehn Kilometer außerhalb von Boquete liegt die Finca Lerida, die 1924 vom norwegischen Ingenieur Toleff Bache Mönniche gegründet wurde; einem der vielen Skandinavier, die im Zuge der Fertigstellung des Panamakanals ab der Jahrhundertwende nach Mittelamerika auswanderten. Überhaupt gilt Panama als klassisches Einwandererland, Menschen und ihre Nachfahren aus etwa 60 Nationen leben hier.

Heute bietet die Finca Lerida eine Mischung aus Spitzenrestaurant, feinem Landhotel und berühmter Kaffeefarm, die ihr Naturprodukt schon seit dem Jahre 1929 hauptsächlich nach Deutschland exportiert. „Das Klima ist für den Kaffeeanbau natürlich perfekt“, erklärt Roberto, 37, der hauptberuflich als „Tourism-Guide“ arbeitet. Die geführte Wanderung durch die Kaffeeplantage schlägt zwar mit 35 Dollar pro Person zu Buche, aber sie dauert auch gut zwei Stunden und darin inbegriffen sind eine Besichtigung der Trockenanlage sowie eine umfangreiche Kaffeeverkostung, auf der wir auch den „Geisha“-Kaffee probieren können, ursprünglich aus Äthiopien eingeführt, den vermutlich exklusivsten Kaffee der Welt. Und wenn man dann nach einem perfekten Dinner auf der kleinen Veranda vor seinem Hotelzimmer aus der Hängematte in den Sternenhimmel guckt, fällt einem sofort nur eins ein – der Titel dieses berühmten Kinderbuches von Janosch …

• Tipps & Informationen

• Anreise: z. B. mit Lufthansa nonstop von Frankfurt nach Panama City.

• Unterkunft: z. B. Riu Plaza Panama, DZ/F ab 121 Euro, www.riuplaza.com; Plaza Paitilla Inn, DZ/F ab 84 Euro, www.plazapaitillainnpanamacity.com.

• Essen und Trinken: Mittelamerikanische Küche mit hohem Gemüseanteil, häufig auch mit europäischem Einfluss.

(Die Reise nach Panama wurde unterstützt von der Deutschen Lufthansa AG und dem Panama Tourism Board.)