Osnabrück. Der Zoo Osnabrück rechtfertigt den Abschuss einer entflohenen Bärin. Das Tier entkam wohl durch gleich mehrere Schlupflöcher im Gehege.

Zum Abschuss der Mischlingsbärin Tips habe es keine Alternative gegeben, sagte am Montag der Osnabrücker Zoodirektor Michael Böer. Er war sichtlich bewegt, kämpfte zeitweise mit den Tränen während seiner Schilderung.

Zehn Minuten nach ihrem Ausbruch war die im Jahr 2004 geborene Bärin am Samstag erschossen worden. Eine Betäubung sei nicht möglich gewesen, erläuterte Böer. „Oberstes Gebot ist die Herstellung von Sicherheit und Ordnung. Wir mussten im Interesse unserer Zoobesucher handeln.“

Bärin hätte Mitarbeiter angreifen können

Zoodirektor Michael Böer (M), kurz nach dem Ausbruch der Bärin Tips am Samstag.
Zoodirektor Michael Böer (M), kurz nach dem Ausbruch der Bärin Tips am Samstag. © dpa | Festim Beqiri

Die Bärin sei im Begriff gewesen, zwei Mitarbeiter des Zoos anzugreifen, so der Zoodirektor. Außerdem hätten sich in etwa 50 Metern Entfernung Zoobesucher befunden. Ein angeschossener Bär im Zoo sei lebensgefährlich. Die Bärin hätte in Minutenschnelle bis zu 70 Meter zurücklegen können, fuhr Böer fort. Es hätte bis zu 15 Minuten gedauert, bis die Betäubung zu wirken begonnen hätte. Die Bärin, die noch schlank vom Winterschlaf war, hatte sich offensichtlich durch eine Öffnung gezwängt, die für Füchse im Gehege konstruiert war.

Darüber, wie der Ausbruch passierte, sind nur Indizien bekannt: Das Tier überwand bereits innerhalb eines gemeinsam mit Blaufüchsen genutzten Freigeheges zwei Hindernisse, bis es den Außenzaun durchbrach. „Der Bär hat das Gitterelement herausbekommen – wie er das geschafft hat, wissen wir nicht“, sagte Böer. Zusammen mit der Polizei und externen Gutachtern will der Zoo nun Ursachenforschung betreiben.

Bärin war durch Winterschlaf dünn genug für Schlupflöcher

Der Elektrozaun trennt innerhalb des gemeinsamen Geheges einen Ruhebereich für die Füchse ab. Irgendetwas hinter der Barriere müsse die Bärin gereizt und erregt haben, vermutete Böer – vielleicht eine Maus oder ein Fuchs. Jedenfalls durchbrach das Tier den 90 Zentimeter hohen Zaun, ohne sich an dem Elektroschock zu stören.

Das Objekt, was sie in Aufregung versetzt habe, fand das Tier nicht, kehrte aber wegen des Elektrozauns auch nicht mehr in seinen angestammten Bereich zurück. Die vom jüngst beendeten Winterschlaf noch recht schlanke Bärin tat etwas, womit keiner im Zoo gerechnet habe, sagte Böer: Sie zwängte sich durch eine 30 mal 45 Zentimeter großen Schieber, der den Füchsen vorbehalten war.

In dem anschließenden Bereich des Geheges durchbrach sie schließlich den Zaun, der eigentlich auch bärensicher hätte sein sollen. Tips habe offensichtlich einen Weg zurück in ihre vertraute Umgebung gesucht, erläuterte Böer. Bis geklärt ist, warum der Außenzaun versagte, muss Tips' Bruder Taps, der zweite „Hybrid-Bär“ des Osnabrücker Zoos, drinnen bleiben und darf nicht ins Freigehege. Die Schieber sollen nun auf jeden Fall verkleinert werden. Die beiden Bären Tips und Taps waren die Kinder eines „Unfalls“: Der Vater war Eisbär Elvis, die Mutter Braunbärin Susi. Dass sich beide paaren würden, hatten die Experten nicht erwartet. Wegen des Klimawandels kommen solche Kreuzungen inzwischen auch in freier Wildbahn vor.