Hamburg. In allen Neubauten ist ein Überspannungsschutz Pflicht. Ein Blitzableiter, wie er bis in die 1990er üblich war, ist mittlerweile wirkungslos

Ein Blitzeinschlag im Haus macht Angst. Aber er ist vergleichsweise selten. Viel größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass während eines Gewitters Überspannungsschäden an elektrischen Geräten auftreten. Denn diese entstehen nicht nur durch direkte Einschläge, sondern durch Blitze, die relativ weit entfernt einschlagen.

„Dabei fließen große Blitzströme durch die Erde, verzweigen sich und gelangen durch die elektrischen Leitungen ins Haus“, erklärt Wilhelmina Katzschmann von der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz. Das verursacht Überspannungsschäden, die Fernseher und Co. außer Gefecht setzen können. Und sie lösen Kurzschlüsse und Brände im Haus aus. Ein Blitzableiter, wie er bis in die 1990er üblich war, ist gegen Überspannung machtlos. Und da in älteren Ein- und Zweifamilienhäusern weder Blitz- noch Überspannungsschutz vorgeschrieben ist, sind die meisten Gebäude auch nicht damit ausgestattet.

„Hausbesitzer müssen einen Blitzschutz haben, wenn die Blitze schnell Brände auslösen können oder Personen und schützenswerte Güter in besonderer Gefahr sind“, sagt Thomas Raphael vom Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE).

Nachrüstung liegt in Händen der Eigentümer

Das gilt zwingend für hohe Gebäude und solche mit Dacheindeckungen aus Holz oder Reet. Aber: „Neu ist, dass seit Oktober 2016 in allen Neubauten ein Überspannungsschutz Pflicht ist“, ergänzt Raphael. „Besitzer älterer Häuser müssen selbst entscheiden, ob sie nachrüsten wollen.“ Das machen viele Hausbesitzer erst bei Betroffenheit, berichtet Raphael. Oft wurde der Einbau aus Kostengründen auf später verschoben. Aber die Frage bleibt: Wie viel Schutz reicht aus? Es gibt drei Möglichkeiten:
Variante 1: Manche fürchten sich vor dem direkten Blitzeinschlag. Sie wollen Feuer und Personengefährdung ausschließen. Diesen Schutz bietet ein äußeres Blitzschutzsystem zusammen mit einem minimalen inneren Blitzschutz, der auch einfache Überspannungsschutzgeräte beinhaltet.
Variante 2: Manche möchten sich nur gegen Überspannungen schützen, die über die Leitungen in das Haus eindringen, da diese viel häufiger auftreten und die empfindlichen Geräte zerstören können. In diesem Fall installiert ein Fachmann einen umfassenden Überspannungsschutz.
Variante 3: Diese Gruppe wünscht sich einen Rundum-Schutz sowohl bei direkten oder nahen Blitzeinschlägen als auch bei fernen – eine Kombination der Varianten 1 und 2.

Ob die Nachrüstung ratsam ist, hängt von der Haustechnik ab. „Eigentümer sollten sich fragen, welche Technik sie haben und welche Anschaffungen sie planen“, rät Andre Witzel vom Verband Deutscher Blitzschutzfirmen. Gibt es empfindliche Geräte? Wird im Smart Home ein BUS-System genutzt? Sind die technischen Geräte vernetzt? „Je mehr Technik, desto wichtiger ist ein Schutz“, so der Experte.

Es gibt Schutzsysteme für 2500 bis 3000 Euro

Ein wirksamer Schutz besteht aus mehreren Geräten. Die erste Stufe ist ein Schutzgerät direkt am Hausanschlusskasten oder an der Hauptverteilung. Dieser Typ 1 leitet Blitzströme in die Erdungsanlage, sodass die Hausinstallation nur noch mit Überspannungen belastet wird. In der Praxis kommt oft ein erweitertes Schutzgerät (Typ 1+2) zum Einsatz, das gleichzeitig auch die Überspannungen auf ein niedriges Niveau reduziert. Alternativ kann das zweite Schutzgerät in der Unterverteilung installiert werden, erklärt Raphael. Bei langen Leitungen für Strom, Telefon oder Fernsehsignale werden weitere Schutzgeräte benötigt, die sich unmittelbar am Gerät in die Leitung einbauen lassen. Diese Überspannungsschutzgeräte des Typs 3 sollen empfindliche elektronische Geräte besonders schützen. „Ohne die Stufen 1 und 2 machen solche Überspannungsschutzgeräte wenig Sinn.“ Ein umfassendes Blitzschutzsystem mit Überspannungsschutz gibt es für 2500 bis 3000 Euro. „Teurer wird es allerdings, wenn beim Neubau nicht an eine spätere Installation des Blitzschutzes gedacht wurde und die Anschlüsse an die Erdungsanlage fehlen“, erklärt Raphael. Denn der Blitzstrom muss sich in die Erde leiten lassen.