Hamburg. Ein Trend in der Generation 50plus. Viele tauschen ihr altes Haus gegen ein neues, barrierearmes. Der Bungalow feiert sein Comeback.

Im Jahr 2020 wird jeder zweite Deutsche über 50 Jahre alt sein, und die Lebenserwartung wird weiterhin steigen. Statistisch gesehen haben Menschen, wenn sie in den Ruhestand gehen, noch gut zwanzig Jahre ihres Lebens vor sich: Das ist rund ein Viertel der Lebenszeit oder so viel, wie Kindheit und Jugend zusammen.

Insofern verwundert es nicht, wenn viele Menschen dieser Altersgruppe sich mit dem Gedanken beschäftigen, für sich noch einmal das „ideale Haus“ zu bauen.

Nadine M. und ihr Freund wollen beispielsweise den Neuanfang in ein gemeinsames Leben so wagen: Beide sind über 50, beide haben lange Zeit allein gelebt, beide haben Wohneigentum – jetzt wollen sie für die gemeinsame Zukunft ein altersgerechtes, möglichst barrierearmes Haus bauen. Das passende Grundstück dafür haben sie auch schon gefunden: Das neue Haus soll auf dem Grundstück des bisherigen Hauses von Nadines Freund errichtet werden. Das hat den Vorteil, dass beide im gewohnten Umfeld verbleiben können, denn Nadine M. wohnt im Nachbarort.

Damit entspricht das Paar den Beobachtungen, die Experten wie Wolfgang Ullrich, Geschäftsführer der LBS Immobilien GmbH in Kiel, derzeit am Markt machen. „Jedenfalls für den Bereich Schleswig-Holstein kann ich feststellen, dass es einen Trend in dieser Altersgruppe gibt, das alte Haus gegen ein neues, komfortables und möglichst barrierearmes Haus zu tauschen.“

Kein unbedingter Trend zurück in die Stadt

Der Wunsch, im gewohnten Umfeld zu bleiben, sei dabei sehr groß, ergänzt der Immobilienprofi. Damit wird zumindest teilweise die These widerlegt, es gebe einen Trend „zurück vom Land in die Stadt“ unter den Älteren.

Empirische Untersuchungen belegen zudem ein differenziertes Bild: So gibt es zwar eine Klientel, die städtisches Wohnen im Alter besonders schätzt. Meist trifft dies aber für Haushalte zu, die in der Familiengründungsphase ihre Hauspläne auf dem Land realisiert haben, etwa weil das Bauland dort günstig war, und die nun wieder das Stadtleben mit seinem vielfältigen kulturellen Angebot genießen wollen.

Die meisten Umzugswilligen der Generation 50plus wollen jedoch innerhalb ihres gewohnten Alltagsradius mit den vertrauten Netzwerken aus Freunden und Bekannten bleiben.

Generation 50plus so aktiv wie nie zuvor

Problem dabei nur allzu oft: Die Immobilie ist nach Auszug der Kinder zu groß und zu pflegeintensiv geworden. Manche Kommunen bieten in dieser Situation jedoch bereits sehr findige Lösungen an. So hat beispielsweise die Gemeindevertretung von St. Michaelisdonn im Kreis Dithmarschen (Schleswig-Holstein) jetzt ein Förderprogramm beschlossen, das sich „Jung kauft Alt – Junge Menschen kaufen alte Häuser“ nennt.

Es umfasst Zuschüsse für ein Altbaugutachten, den Kauf eines Altbaus sowie dessen Abbruch und Ersatzbau. Das Angebot wird sehr gut angenommen, wie die Nachfrage in der Gemeinde zeigt. Auch Ullrich findet die Idee gut. „Die Jungen übernehmen die Häuser der Alten und modernisieren sie, während die Alten in kleinere Immobilien – meist ebenerdig und 100 Quadratmeter groß – wechseln. Nadine M. und ihr Freund haben sich indes dazu entschieden, eine Immobilie zu bauen mit gut 150 Quadratmeter Wohnfläche und einem Keller. „Auf einen Raum für sein Hobby wollte mein Freund einfach nicht verzichten“, sagt die 52-Jährige. „Außerdem: Treppensteigen hält doch jung“, sagt sie augenzwinkernd.

Recht hat sie: Die Generation 50plus war noch nie so jung und aktiv wie diese. Die Chance auf ein möglichst komfortables Wohnen wollen sich die beiden dennoch nicht entgehen lassen: Deswegen wird auf eine möglichst barrierefreie Ausstattung der Bäder geachtet. „Und die Küche wird diesmal offen zum Wohnbereich angelegt“, sagt die Stormarnerin. Sie soll einen Tresen erhalten – „vielleicht mit Kochfeld“ – an dem man zusammen viele schöne neue Rezepte erproben kann.

Waschmaschine und Trockner im Erdgeschoss

Die beiden haben bei ihren Planungen sogar schon die Option berücksichtigt, vielleicht das obere Geschoss einmal zwecks Vermietung oder Nutzung durch eine Pflegekraft abzutrennen – falls gesundheitliche Beschwerden dies erzwingen sollten. Frank Leyhausen von der Deutschen Seniorenliga in Bonn begrüßt solch’ vorausschauendes Denken. Er rät, wann immer der Grundriss und Budget dies zulassen, Modelle dieser Art zu überdenken. „Die Vermietung der Einliegerwohnung kann ja auch als zusätzliche Einnahmequelle zur Rente angesehen werden.“

Viel spricht auch für das Bauen auf einer Ebene, zumal die Baukosten meist niedriger ausfallen. Insbesondere, wenn man auf einen Keller verzichtet. „Waschmaschine und Trockner sind ohnehin besser im Erdgeschoss aufgehoben, wo sie stufenlos erreicht werden“, meint Leyhausen. Christoph Windscheif vom Bundesverband Deutscher Fertigbau hält in diesem Zusammenhang den Bungalow für ideal. „Der kann je nach Lebenslage leicht den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden.“ Es seien keine tragenden Wände vorhanden, die die Gestaltung der Innenräume einschränkten. Außerdem ermöglichten sie ein großzügiges Wohnen auf einer vergleichsweise kleinen Fläche. Die Nachfrage nach solchen Häusern steige daher auch: „Das sehen wir auf den Musterhausausstellungen.“

Auch die LBS Immobilien GmbH entwickelt gerade ein Wohnkonzept namens Ü50. „Wir wollen Eigentümern, denen ihre aktuelle Immobilie zu groß ist oder die sie nicht umbauen wollen, eine alternative Wohnform im gewohnten sozialen Umfeld bieten“, sagt Ullrich. „Hierfür entwickeln wir derzeit unterschiedliche ebenerdige Bungalowtypen in Modulbauweise.“ Nach jetzigen Planungen sei das Konzept Ende August fertiggestellt. „Wir werden damit auf Kommunen zugehen, um eine entsprechende Projektentwicklung durchzuführen. Interessierte Gemeinden können aber gern auch schon jetzt auf uns zukommen.“

Bauweise nach modernsten Energiestandards