Berlin. Googles Router „Wifi“ will kabellosem Internet seinen Technik-Schrecken nehmen – und den schlechten Empfang. Ist der Versuch geglückt?

„WLAN einrichten“ – diese zwei Worte genügen, damit sich bei etlichen Menschen die Nackenhaare aufstellen. Denn während Computer, Smartphones und andere technische Geräte in den vergangen Jahren erheblich nutzerfreundlicher geworden sind, quälen viele WLAN-Router ihre Nutzer mit umständlichen Menüs und unverständlichen Fachbegriffen. Google hat sich nun vorgenommen, das zu ändern. Ab sofort bietet das Unternehmen auch in Deutschland sein eigenes Routersystem „Google Wifi“ an (139 Euro). Wir haben die Funk-Pucks vorab testen können.

Die Einrichtung

Dass „Wifi“ anders ist, merkt man bereits beim Einrichten: Das weiße Gerät hat etwa die Größe einer Paketbandrolle und fällt auch im Wohnzimmer nicht weiter auf. Zunächst muss die zugehörige App (Android/iOS) installiert werden – ohne Smartphone geht hier nichts. Sie leitet den Nutzer dann Schritt für Schritt durch die Einrichtung: Zwei Kabel einstecken, mit dem Handy einen QR-Code auf der Unterseite des Geräts scannen und ein paar Angaben zum Standort machen – das war’s.

Das Ganze dauert keine fünf Minuten. Dabei kommt man weder mit kryptischen Begriffen wie SSID, WPK oder NAT in Berührung, noch müssen lange Nutzernamen oder Kennwörter eingetippt werden. Nur ein (kostenloser) Google-Account ist Pflicht. Das Ergebnis ist durchaus beeindruckend – nach müheloser Einrichtung eines weiteren Wifi-Geräts war der WLAN-Empfang in jedem Winkel der 90 Quadratmeter großen Wohnung deutlich besser als zuvor. Die guten Funkergebnisse erreicht Google durch mehrere clevere Techniken.

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    Gleich und doch anders

    Google hat das Thema WLAN mit „Wifi“ zwar nicht komplett neu erfunden, tatsächlich aber verbindet der Internetriese bei den selbst entwickelten Geräten Technik-Kniffs und selbsterklärende Bedienbarkeit so charmant, dass doch etwas Neues dabei herauskommt – und man sich unwillkürlich fragt, warum das bisher noch niemand gemacht hat.

    Die App ist sehr übersichtlich gehalten. Hier finden sich auch technisch wenig versierte Menschen zurecht
    Die App ist sehr übersichtlich gehalten. Hier finden sich auch technisch wenig versierte Menschen zurecht © Google | Google

    Technisch gesehen steckt in dem runden Router die Technik eines handelsüblichen AC-1200-Geräts. Das heißt, dass es jeweils zwei Kanäle im 2,4-GHz-Band und zwei im schnelleren 5-GHz-Band nutzen kann. Damit erreicht man unter Optimalbedingungen Geschwindigkeiten an die 500 MBit – für die allermeisten Internetanschlüsse vollkommen ausreichend.

    Die Technik-Tricks

    Was Googles Geräte von anderen unterscheidet, sind zwei besondere Kniffe. Der erste richtet sich vor allem an Bewohner dicht besiedelter Wohngegenden: Da hier jede Partei mindestens einen WLAN-Router nutzt, kann es regelrecht zu Stau auf den Funkfrequenzen kommen. Standardmäßig scannt ein Router bei der Ersteinrichtung das verfügbare Funkspektrum und wählt im besten Fall dann einen wenig genutzten Kanal. Doch das kann sich ständig ändern – und lahme WLAN-Verbindungen nach sich ziehen. „Wifi“ prüft die Kanäle dagegen alle fünf Minuten und wählt stets den optimalen aus.

    Besonders praktisch ist „Google Wifi“ allerdings für Menschen, denen es bislang nicht gelungen ist, ausreichend schnelles WLAN in jeden Winkel der Wohnung oder des Hauses zu bringen. Hier kommt eine Technologie ins Spiel, die sich „vermaschtes Netzwerk“ nennt.

    Mit drei Geräten lässt sich auch ein Mehrstöckiges Haus gut versorgen
    Mit drei Geräten lässt sich auch ein Mehrstöckiges Haus gut versorgen © Google | Google

    Google bietet seinen Router nicht ohne Grund einzeln (139 Euro) und als Doppelpack (249 Euro) an. Denn „Wifi“ lässt sich mühelos um weitere Geräte zu einem Wifi-System erweitern. Im Gegensatz zu sogenannten „WLAN-Repeatern“ oder „Access Points“, mit denen man üblicherweise die Funkreichweite erhöht, hat ein vermaschtes Netzwerk den großen Vorteil, dass es nach außen wie ein großes, zusammenhängendes Netzwerk aussieht. Googles Technik regelt dabei automatisch, welcher WLAN-Zugangspunkt am jeweiligen Standpunkt der beste ist und ob sich das Gerät besser im 2,4 GHz-Netzwerk (größere Reichweite, aber langsamer) oder im 5 GHz-Netzwerk (geringere Reichweite, aber schneller) anmeldet.

    Verstehen muss der Nutzer das alles nicht, er kann sich schlicht darüber freuen, dass seine Geräte jetzt immer im jeweils schnellsten Netz sind. Im Test klappte das tatsächlich sehr gut.

    Praktische Familienfunktion

    Auch die sehr übersichtliche App selbst bietet ein paar Überraschungen, etwa „Familien-WLAN“. Mit wenigen Fingertipps lassen sich die jeweiligen Geräte etwa den Kindern zuordnen. Anschließend kann man per Zeitplan festlegen, dass etwa an Abenden vor Schultagen die Geräte des Zehnjährigen ab 20 Uhr nicht mehr ins Netz können, die der 16-Jährigen dagegen erst ab 23 Uhr. Außerdem kann man in der App zu jedem Zeitpunkt sehen, welches Gerät gerade wie viel Bandbreite nutzt und etwa den Fernseher, der gerade einen Film streamt, bevorzugen, damit das Bild nicht stockt.

    Fazit

    So einfach und gut hat WLAN noch nie funktioniert. „Google Wifi“ ist für all diejenigen geeignet, die sich eine bessere WLAN-Abdeckung und simplere Bedienung zu Hause wünschen. Einziges Manko: In den Geräten steckt kein Kabel- oder DSL-Modem. Das macht sie zwar günstiger, dafür muss in den meisten Fällen der vom Anbieter mitgelieferte Internetrouter bleiben und Googles Gerät dort eingesteckt werden.