Berlin. Der Verein Mimikama hat einen gefälschten Kontoauszug von Rechtsextremen entlarvt. Den Fälschern könnte die Anzeige einer Bank drohen.

Gleich mehrfach hat der Verein Mimikama aus Österreich Beiträge der rechtsextremen Organisation Anonymous.Kollektiv als Falschmeldungen entlarvt. Mit einem angeblichen Kontoauszug sieht sich die Webseite Mimikama.at nun aber selbst dem Vorwurf der Manipulation und auch der Bestechlichkeit ausgesetzt.

Und nicht nur der Verein, der sich der Aufklärung von Täuschungen im Internet verschrieben hat: Die Macher hinter dem Anonymous.Kollektiv, das nicht mit der Hacker-Gruppe Anonymous zu verwechseln ist, verdächtigen auch zahlreiche Medien.

Ein gefälschter Kontoauszug soll die Aufklärungswebsite Mimikama diskreditieren.
Ein gefälschter Kontoauszug soll die Aufklärungswebsite Mimikama diskreditieren. © vk.com | Screenshot

Der nun veröffentlichte Kontoauszug soll nach Angaben des rechtsextremen Netzwerks beweisen, dass Mimikama von der ARD, dem „Spiegel“ und dem Online-Magazin Vice bezahlt oder womöglich bestochen wurde. Der konkrete Vorwurf: Mimikama wird von deutschen Medien dafür bezahlt, negativ über Anonymous.Kollektiv zu berichten.

Auseinandersetzung erreicht höhere Ebene

Der Behauptung ging ein – für neutrale Beobachter durchaus unterhaltsamer – Schlagabtausch zwischen beiden Parteien in sozialen Netzwerken voraus. So hatte Mimikama aufgedeckt, dass das rechtsextreme Anonymous.Kollektiv eben nicht Teil der Hacker-Gruppe Anonymous sei. Die internationale Hacker-Gruppe habe sich demnach auch mehrfach von ihren deutschen Nachahmer-Netzwerk distanziert.

Was folgte waren wohl mehrere Einschüchterungsversuche seitens des Anonymous.Kollektivs gegenüber Mimikama. In diesem Zusammenhang habe es angedrohte Abmahnungen und Anrufe von ominösen Anwälten gegeben, berichtet Mimikama.

Seit mindestens drei Tagen ist nun die einstige Facebook-Seite von Anonymous.Kollektiv mit etwa zwei Millionen Abonnenten offline. Stattdessen verbreitet das Netzwerk nun auf der russischen Plattform vk.com ausländerfeindliche und verschwörerische Beiträge. Neue Facebook-Seiten gibt es auch, keine hat jedoch mehr als einige Hundert Fans.

Doch so unterhaltsam es bisher gewesen sein mag: Mit der Veröffentlichung des angeblichen Kontoauszuges begibt sich das rechte Netzwerk auf eine neue Ebene in dem Konflikt und tappt dabei erneut in eine Falle. Dritte konnten den Auszug schon nach kurzer Zeit als Fälschung entlarven – „bevor wir überhaupt ein Wort geschrieben haben“, sagt Andre Wolf von Mimikama gegenüber unserer Redaktion. Und tatsächlich ist im Internet noch immer ein Screenshot einer ersten Version des Kontoauszuges zu sehen, die mit „Mimikama e.V.“ einen anderen Empfänger der Zahlungen aufweist als in der zweiten Version. In der zweiten Version heißt der Empfänger der angeblichen Zahlungen von ARD, „Spiegel“ und Vice schlicht „Mimikama“.

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Ein weiterer Hinweis auf eine Fälschung ist die Nennung der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD) als Geldgeber. Denn die ARD tätigt in der Regel selbst keine Zahlungen – diese erfolgen in jedem Fall durch einen federführenden Sender oder aber durch Tochterfirmen des Verbundes. Hätte es also eine Zahlung gegeben, hätten beispielsweise WDR, NDR, rbb oder die Filmrechte-Firma Degeto in der Überweisung auftauchen müssen, nicht aber die ARD.

Im Gespräch mit unserer Redaktion äußert sich Mimikama ausführlich zu den Vorwürfen. „Wir finanzieren uns rein über Werbegelder und Spenden. Ebenso beziehen wir Aufwandsentschädigungen, wenn wir zu TV- oder Speakerterminen außerhalb des Büros auftreten […] Reich wird man mit dem Ganzen jedoch nicht, denn sonst würde es ja mehrere Vereine wie uns geben“, heißt es von Mimikama. Die Inhalte seien nicht finanzgesteuert, sondern nutzergesteuert.“

Bank behält sich rechtliche Schritte vor

Auch wenn der Kontoauszug als Fälschung entlarvt wurde, betreibt Mimikama auch weiterhin Recherchen in dem Fall. „Ich verrate an dieser Stelle so viel: Bei diesem Fake sind wir so gründlich vorgegangen, dass wir nicht nur sieben Fehler im Aufbau der Fälschung gefunden haben, sondern auch die Herkunft des ‚Kontoauszuges‘“, sagt Andre Wolf. Nach Angaben von Mimikama handelt es sich bei dem Original nämlich um ein beispielhafte Ansichtsexemplar, das man auf der Internetseite der Bank Austria einsehen kann.

Und so sieht es so aus, als ginge der Schlagabtausch weiter. Dies könnte im Übrigen auch der Fall sein, wenn die betroffenen Medien oder aber sogar die Bank Austria, deren Dokumente gefälscht wurden, rechtliche Schritte einleiten. Gegenüber unserer Redaktion bestätigte die Bank, dass solch eine Fälschung nicht sehr häufig vorkommt und sogar als Einzelfall gewertet wird. Matthias Raftl, Sprecher des Kreditinstitutes, sagte, dass sich die Bank rechtliche Schritte vorbehalte.

Die ARD ist am Montag durch einen Hinweis unserer Redaktion auf den angeblichen Kontoauszug aufmerksam geworden. „Wir haben den Vorfall zur Kenntnis genommen und prüfen nun, ob wir rechtliche Schritte einleiten“, sagte ein ARD-Sprecher unserer Redaktion. „Wir können aber in jedem Fall ausschließen, dass es eine solche Zuwendung der ARD gegeben hat“, sagte er. Eine „Spiegel“-Sprecherin sagte, dass sowohl die Chefredaktion als auch die Rechtsabteilung nach unserer Anfrage von dem gefälschten Kontoauszug erfahren hätten. Dass der Spiegel-Verlag aber den Urheber der Fälschung anzeigen wird, scheint aber eher unwahrscheinlich.