Berlin. Von Parkinson betroffene Patienten leiden nicht nur unter motorischen Störungen. Licht könnte ihnen etwa bei Schlafstörungen helfen.

Vor ziemlich genau 200 Jahre beschreibt ein britischer Arzt zum ersten Mal Morbus Parkinson. Heute ist die auch als „Schüttellähmung“ bekannte Nervenkrankheit noch immer nicht heilbar, die Wissenschaft weiter auf der Suche nach einer Möglichkeit, das Absterben der Nervenzellen im Gehirn aufzuhalten – oder von vornherein zu verhindern.

Fortschritt gibt es dennoch. Denn längst verurteilt die Diagnose die Betroffenen nicht mehr zwangsläufig zu einem Leben voller Einschränkungen. Und auch die Lebenserwartung der rund 280.000 Patienten in Deutschland ist nahezu identisch mit der Gesunder. Darauf weist die Deutsche Parkinson Gesellschaft (DPG) anlässlich des Welt-Parkinson-Tags am heutigen 11. April hin. Die Therapie stehe am Beginn einer neuen Ära, schreibt die DPG in einer Mitteilung.

Zweithäufigste Erkrankung

Tatsächlich lassen neue Methoden wie die Behandlung mit Licht Forscher auf eine bessere Lebensqualität für die Betroffenen hoffen. Morbus Parkinson ist die nach Alzheimer zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in Deutschland. Die Symptome sind vielfältig. Sie reichen vom Zittern (Tremor) bis hin zu verlangsamten Bewegungen (Akinese), Steifheit und Gangstörungen. Im Verlauf kann es dann zu neuropsychiatrischen Störungen wie Gedächtnisstörungen und psychotischen Veränderungen mit optischen Halluzinationen kommen, zum Teil ausgelöst durch die Medikamente.

Ursache für die Symptome ist das Absterben der Zellen in der sogenannten Substantia nigra, der schwarzen Substanz. Sie liegt im Mittelhirn und produziert den Neurotransmitter Dopamin, der für die Übertragung von Informationen von einem Neuron auf das andere zuständig ist. Im Verlauf der Krankheit bricht die Kommunikation zwischen Gehirn und Bewegungsapparat zusammen. Der Körper tut nicht mehr, was der Kopf möchte.

Parkinson kommt schleichend

Welche Hirnfunktionsstörung diese Symptome auslöst, weiß die Wissenschaft seit Langem. Die Ursache der Krankheit stellt sie jedoch vor Rätsel. Zwar gibt es Hinweise, dass sie im Riechnerv oder im Darm beginnt, doch beweisen lässt sich das bisher nicht. Sicher ist nur: Parkinson kommt schleichend, schon Jahre vor der Diagnose. Denn erst bei einem massiven Zellverlust von 60 bis 70 Prozent ist die Bewegung sichtbar gestört.

Jens Volkmann, Vorsitzender der Deutschen Parkinson Gesellschaft.
Jens Volkmann, Vorsitzender der Deutschen Parkinson Gesellschaft. © dpa | Britta Pedersen

Doch die zu behandelnden Einschränkungen gehen weit über die motorischen hinaus, sind Experten inzwischen überzeugt. So auch Jens Volkmann, Vorsitzender der Deutschen Parkinson Gesellschaft und Direktor der Neurologischen Klinik der Universität Würzburg. Es sei wichtig, sich nicht nur auf die motorischen Probleme der Parkinson-Krankheit zu konzentrieren, wie es früher gemacht wurde. Betroffene litten häufig auch an Angststörungen, Depressionen, hätten Probleme beim Wasserlassen, in der Sexualität – und beim Schlafen.

Effekte der Lichttherapie

„Auch diese Symptome müssen behandelt werden, um die Lebensqualität von Parkinson-Patienten zu verbessern“, sagt Volkmann. Gerade Schlafprobleme sind bei Parkinson weit verbreitet. Rund 90 Prozent aller Patienten sind betroffen. Sie wachen nachts häufig auf, brauchen lange, um wieder einzuschlafen, tagsüber sind sie oft schläfrig. Bei einigen ist auch die REM-Schlafphase, der sogenannte Traumschlaf, gestört. „Hier können Medikamente, aber auch Verfahren wie die Lichttherapie sinnvoll sein“, so Volkmann.

Wie gut Licht Parkinson-Erkrankten tatsächlich helfen kann, wird aktuell in Boston am Massachusetts General Hospital (USA) erforscht. In einer ersten kleinen Pilotstudie untersuchte ein Team um den Neurologen Aleksandar Videnovic bei 31 Patienten, die unter starker Tagesschläfrigkeit litten, die Effekte der Lichttherapie – anscheinend mit Erfolg. Die Studienteilnehmer bekamen alle eine Lichtbox. Bei 16 von ihnen strahlte diese mit hellem Tageslicht, beim Rest mit schwachem Rotlicht. Zwei Wochen lang sollten sich die Patienten täglich je eine Stunde am Vormittag und eine Stunde am Nachmittag vor die Box setzen.

Verbesserte Schlafqualität

Tatsächlich verbesserte sich im Laufe des Experiments die Tagesschläfrigkeit in beiden Gruppen, wobei diese bei hellem Tageslicht deutlich stärker abnahm als bei Rotlicht. Auch die Schlaftagebücher der Patienten sprechen für eine signifikant verbesserte Schlafqualität, weniger nächtliche Aufwachphasen und weniger Einschlafprobleme in der Gruppe mit hellem Tageslicht. Die Teilnehmer beider Gruppen waren am Ende des Experiments nachts kürzer wach als zuvor.

Noch sind weitere Studien nötig, und es lässt sich auch nur schwer nachvollziehen, wie viel der positiven Wirkung dem Placeboeffekt oder der besseren Alltagsstruktur durch feste Termine zuzuschreiben sind. Insgesamt scheint die Lichttherapie jedoch den Schlaf von Parkinson-Patienten zu verbessern und die Tagesmüdigkeit zu reduzieren – ähnlich wie bei Demenzkranken. Der Neurologe Walter Maetzler vom Uniklinikum Schleswig-Holstein in Kiel hingegen glaubt nicht an die generelle Wirkung von Licht bei Schlafstörungen. Dafür seien diese zu vielfältig. Gut vorstellen könne er sich, dass eine Lichttherapie Parkinson-Erkrankten mit Depressionen helfe.

Effektivste Therapie

Um Parkinson effektiv den Kampf anzusagen, sind für Maetzler mündige Patienten entscheidend. „Wir arbeiten intensiv daran, dass Betroffene über die Krankheit und deren Verlauf Bescheid wissen, mit dem Arzt in Dialog treten und mehr Verantwortung für sich übernehmen.“ Das motiviere, fördere die mentale Stärke und körperliche Aktivität der Betroffenen – laut Maetzler „die möglicherweise effektivste Therapie“.

Zahlreiche klinische Studien sprechen dafür, dass sogenannte aktive Therapien den Verlauf einer Parkinson-Erkrankung positiv beeinflussen: Nicht nur Physiotherapie, Ergotherapie und Logotherapie, auch Tanzen, Musiktherapie sowie Tai-Chi und Qigong sollen die Lebensqualität Betroffener verbessern. Besonders motorische Fähigkeiten wie Gleichgewicht und Koordination werden dabei geschult, genau wie Sprechen und Schlucken.

Dopaminmangel im Hirn

Aus Sicht von Jens Volkmann spielen jedoch noch immer die sogenannte dopaminerge Ersatztherapie, bei der Dopaminmangel mit Medikamenten ausgeglichen wird, und die Tiefenhirnstimulation in der Parkinson-Therapie nach wie vor die größte Rolle. Letzteres ist ein Hirnschrittmacherverfahren, das den Folgen des Dopaminmangels im Hirn entgegenwirkt.

Außerdem hofft der Neurologe auf einen „Parkinsonimpfstoff“, der die Ausbreitung der Krankheit tatsächlich aufhalten könnte. Man wisse, dass das Eiweiß Alpha-Synuclein im Krankheitsprozess eine große Rolle spiele. „Aktuell laufen klinische Studien mit dem Ziel, die Ausbreitung des Eiweißes durch Antikörper zu verhindern.“ Volkmann rechnet damit, dass Risikopatienten bereits in zehn bis 15 Jahren geimpft werden können.