Berlin. Hightech sei Dank: So real wirkte der Spielzeug-Nachbau eines animierten Helden noch nie – doch der Preis macht leider gar keinen Spaß.

Wenige Pixar-Film-Charaktere sind in Kinderzimmern solche Helden geworden wie der rote NASCAR-Sportwagen Lightning McQueen aus „Cars“. Natürlich gibt es mittlerweile eine Fülle von Spielzeugautos, teilweise sogar ferngesteuert, die dem Cartoonhelden nachempfunden sind. Doch eine wirkliche Ähnlichkeit zum quirlig-frechen Vorbild gab es da bislang kaum, letztlich ist doch alles nur totes, blinkendes Spielzeug. Bis jetzt jedenfalls.

Denn vor dem Start des dritten Teils der „Cars“-Reihe im Herbst, hat sich Disney erneut mit den Roboterexperten von Sphero zusammengetan. Gemeinsam hatte man schon den putzigen Droiden aus Star Wars, BB-8, zum Überraschungserfolg gemacht.

Vor allem Koleginnen konnten diesen Augen nicht widerstehen.
Vor allem Koleginnen konnten diesen Augen nicht widerstehen. © BM | Jan Mölleken

Doch ein Roboter, dessen Interaktionsmöglichkeiten sich auf etwas Geblinke und ein paar Pieps und Zirpgeräusche beschränken, ist vergleichsweise einfach nachzuempfinden – auch wenn die exakte Fortbewegung des Kugelroboters noch immer beeindruckend ist.

Anders sieht das bei einem Cartoon-Auto aus, das ein Gesicht hat und spricht – und überhaupt viel agiler ist, als es wirkliche Autos mit vier Rädern eigentlich sein können. Mit ihrem Spielzeugauto „Ultimate Lightining McQueen“ hat sich Sphero dennoch daran gewagt – und einen ganz erstaunlichen, oft nahezu lebendig wirkenden Charakter erschaffen.

Vollgestopft mit Hightech

Um das leisten zu können, musste Sphero in seinem neuesten Produkt haufenweise Elektronik verbauen: Sechs Elektromotoren, fünf berührungsempfindliche Sensorfelder auf Motorhaube, Türen, Dach und Heck, ein Farbdisplay statt einer Frontscheibe und einen erstaunlich laut und klar klingenden Lautsprecher. Bluetooth, WLAN und Prozessoren gehören selbstverständlich auch dazu.

Spheros Lightning McQueen bewegt beim Sprechen auch seine Stoßstangenlippen
Spheros Lightning McQueen bewegt beim Sprechen auch seine Stoßstangenlippen © BM | Jan Mölleken

All das mag furchtbar technisch und alles andere als verspielt klingen – doch die kühlen Leistungsdaten weichen schlagartig einem warmen Gefühl, sobald man Lightning McQueen einschaltet: Auf dem Display erscheinen die bekannten Augen und das Auto erwacht zum Leben, ohne dass es dafür auch nur einen Zentimeter rollen müsste.

Dank der zahlreichen Motoren neigt er sich nach vorn, nach hinten oder seitwärts, bewegt sich einfach leicht. Ganz so, wie es ein Lebewesen auch tun würde, das versucht, halbwegs still zu stehen. Dieser Eindruck von Lebendigkeit verstärkt sich noch, sobald man das putzige Wesen streichelt – dank der Sensorfelder registriert das Auto die Berührung und schmiegt sich der Hand entgegen.

Das sieht kaum mechanisch aus, sondern so, wie man es aus den Filmen kennt. Tatsächlich habe Sphero dafür eigens mit Jay Ward, dem Creative Director von „Cars“ zusammengearbeitet, erzählt Paul Berberian, der Chef von Sphero dieser Redaktion bei der Vorstellung des neuen Produkts.

Und tatsächlich – es wirkt: Zahlreiche – wohlgemerkt erwachsene – Kollegen bleiben unwillkürlich am Schreibtisch stehen und fangen an Lightning McQueen zu streicheln. „Wie süß!“ – das hört man sonst nicht über ferngesteuertes Spielzeug.

Owen Wilson leiht ihm die Original-Stimme

Natürlich kann das Auto wie sein Vorbild auch sprechen. Auf Englisch ist es denn auch, wie im Film, Owen Wilsons Stimme, mit der das Wunderspielzeug spricht. Dass sich dabei der Mund an der Gummi-Front des Autos bewegt, ist Ehrensache. Wenn das Auto Mitte Juni in den Handel kommt, kann man neben einer deutschen Stimme auch noch zahlreiche weitere Sprachen einstellen.

Beim Anhalten leuchten natürlich die Bremslichter.
Beim Anhalten leuchten natürlich die Bremslichter. © BM | Jan Mölleken

Fast vergisst man dabei, dass man mit Lightning McQueen auch fahren kann. Ein Smartphone wird mit der entsprechenden App zur Fernsteuerung, die Kopplung klappt, indem man das Handy kurz auf das Dach legt. Im Test raste Lightning McQueen sowohl auf Teppich als auch auf Glattböden sehr gut. Mithilfe einer gesonderten Donut-Taste kann man ihn sogar spektakulär im Kreis fahrend die Reifen durchdrehen lassen – echte Reifenspuren hinterlässt er aber nicht auf dem Boden.

Wird das Spielzeug ordentlich bewegt, hält der Akku dabei eine gute halbe Stunde, danach muss er wieder für etwa zwei Stunden ans Ladegerät --dessen Kabel man natürlich direkt in den Tank-Einfüllstutzen steckt.

Die Ladezeit kann man mit kleinen Minispielchen auf dem Smartphone überbrücken, bei denen das Auto auch live mitfiebert. Wer will, kann außerdem die „Cars“-Filme gemeinsam mit dem Spielzeug schauen, das dann bestimmte Szenen kommentiert oder bei Rennen mitfiebert – aktuell ließ sich das noch nicht ausprobieren, da die App noch nicht final ist.

Perfekter Spielkamerad oder überteuerte Technik?

Ist Lightning McQueen also das perfekte Spielzeug für alle „Cars“-Fans? Ja und nein. Fraglos ist Sphero hier wirklich ein beeindruckendes Stück Technik gelungen, das zeigt, wie viel mehr Spielzeug heute vermag, und das einem ferngesteuerten Auto eine richtige Persönlichkeit verleiht. Man muss kein „Cars“-Fan sein, um daran Spaß zu finden oder fasziniert zu sein.

Man muss allerdings ein riesiger Fan sein, um die rund 350 Euro zu bezahlen, die Sphero dafür verlangt. Für Technik, Entwicklung und wohl auch den satten Lizenz-Anteil, den Disney sicherlich bekommt, ist der Preis vermutlich angemessen. Aber sind 350 Euro auch angemessen für ein Spielzeug?

Sphero ist sich dessen bewusst – entsprechend klein sind die Stückzahlen, in denen der rote Flitzer produziert wird, wie Sphero-Chef Berberian zugibt. Wer also den hohen Preis nicht scheut, sollte beim Verkaufsstart am 15. Juni entsprechend schnell sein.

Für die meisten Menschen aber ist Lightning McQueen wohl nichts, denn er ist schlichtweg zu teuer. Gleichzeitig aber ist er ein spannender Ausblick, wohin die Reise beim elektronischen Spielzeug geht. In Zukunft wird es dann sicher auch noch bezahlbar.