Berlin. Was passiert, wenn sich ein Helfer beim Umzug verletzt? Ein BGH-Urteil zeigt nun, wie wichtig eine Haftpflichtversicherung sein kann.

Man hilft sich gegenseitig unter Nachbarn. Beim Umzug, bei dem Bau eines Hauses oder aber beim Anlegen des neuen Gartenteiches. Wer hilft, macht dies freiwillig – aber auch auf eigenes Risiko. Was passiert, wenn der Helfer selbst dabei zu Schaden kommt? Wie sonst bei Unfällen auch, übernimmt die Krankenkasse des Helfers die Behandlungskosten. Wer außerdem eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat, wird im Normalfall deren Leistungen zusätzlich in Anspruch nehmen.

Die gesetzliche Unfallversicherung springt dagegen nicht ein. Denn Arbeiten „ohne wirtschaftlichen Wert“ wie die Nachbarschaftshilfe sind nicht gesetzlich unfallversichert, so die Gerichte. Bliebe der Auftraggeber, von dem der Helfer die Kosten zurückfordern könnte. Doch das ist bei normaler Nachbarschaftshilfe nahezu aussichtslos.

Niemand sollte für Hilfsbereitschaft „bestraft“ werden

Allerdings darf es einem Auftraggeber nicht völlig egal sein, ob sich seine Helfer in einem sicheren Umfeld und ungefährdet bewegen können – was beim Hausbau ein großes Thema ist. Hat der Auftraggeber seine Sicherungspflicht nicht ernst genommen und Gefahrenquellen übersehen, kann es passieren, dass er in die Pflicht genommen wird, wenn seinem Helfer etwas zustößt.

Schädigt der Helfer sich selbst: Pech für den Helfer. Schädigt der Helfer seinen Auftraggeber – Pech für den Auftraggeber. Dieses Prinzip nennt sich „stillschweigender Haftungsausschluss“ – und danach hat sich die Justiz in Deutschland jahrzehntelang gerichtet. Der Helfer haftete nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz und konnte sich ansonsten darauf verlassen, dass er bei einfacher und mittlerer Fahrlässigkeit nicht haften muss – es sollte eben niemand für seine Hilfsbereitschaft „bestraft“ werden, wenn beim Helfen versehentlich etwas schiefging.

Schädiger haftet auch bei leichter Fahrlässigkeit

Jüngst aber hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem Urteil das Prinzip gekippt. In dem Fall ging es um einen Wasserschaden von 12.000 Euro, der entstand, weil der Helfer nach dem Sprengen des Gartens nur die Düse, aber nicht den Hahn zudrehte. Der Schlauch sprang ab, der Keller lief voll. Daraus aber zog der BGH grundsätzliche Schlüsse: Der Schädiger haftet auch bei leichter Fahrlässigkeit. Nur weil sich Auftraggeber und Helfer gut kennen und der Helfer kostenfrei arbeitet, ist nicht gesagt, dass der Auftraggeber damit automatisch auf Forderungen verzichtet, wenn ein Schaden entsteht.

Zweitens: Bisher wurde im Streitfall angenommen, dass der stillschweigende Haftungsausschluss gilt, wenn der Helfer keine Haftpflichtversicherung hat – sprich: wenn er das Risiko eingeht, sich durch seine Hilfe zu ruinieren. Das klingt fair – aber die Rechtslage ist nun eine andere. Ob mit Haftpflicht oder nicht: Wer fahrlässig Schäden anrichtet, der hat dafür aufzukommen.

Police muss Gefälligkeitsschäden abdecken

Deshalb ist es für einen Helfer ex­trem wichtig, dass er nicht nur eine Haftpflicht-Police abgeschlossen hat, sondern dass darin auch ausdrücklich Gefälligkeitsschäden inbegriffen sind. Es mag zwischen Freunden und Nachbarn zwar befremdlich wirken, wenn man ein solches Schreiben aufsetzt. Aber nur, wenn beide Seiten den Haftungsausschluss ausdrücklich vereinbaren, kann der Helfer sicher sein, von der Sachversicherung des Auftraggebers nicht in Regress genommen zu werden.

Grundsätzlich muss zunächst die Haftpflichtversicherung des Helfers zahlen, wenn dieser fahrlässig oder grob fahrlässig gehandelt hat. Es streiten sich also Helfer und Geschädigter um die Haftung. Ist der Auftraggeber fein raus? Nicht ganz. Denn bei gefahrenträchtigen Arbeiten gilt der Haftungsausschluss für den Auftraggeber nicht. Dann steht nämlich bei einem Schaden zuallererst die Frage im Raum, wer es an der nötigen Sorgfalt hat mangeln lassen: der Auftraggeber, indem er jemanden beauftragt hat, der damit überfordert war? Oder der Helfer, wenn er einen Fehler macht, den er eigentlich wegen seiner Fachkompetenz hätte erkennen müssen?

Sorgfaltspflichten verletzt

Der Auftraggeber hat die Pflicht zu prüfen, ob seine Helfer für die Arbeit auch wirklich geeignet sind. Wenn der Auftraggeber einen inkompetenten Helfer engagiert, kann er über ein sogenanntes Auswahlverschulden haftbar gemacht werden. Haften muss der Auftraggeber eventuell auch, wenn er seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, beispielsweise, indem er den Helfer nicht richtig eingewiesen hat.

Der Helfer wiederum kann auch noch für spätere Unfälle haften, etwa für einen Stromschlag, den jemand durch eine falsch ausgeführte Elek­troinstallation erleidet. In allen Fällen aber gilt: Ohne Haftpflichtversicherung ist die Nachbarschaftshilfe ein echtes Kostenrisiko geworden.