Berlin. Im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs soll eine neue Strategie gefahren werden. Ein zusätzlicher Test soll kommen, anderes entfallen.

Rund 4300 Frauen erkranken in Deutschland jährlich an Gebärmutterhalskrebs. Dass nur noch wenige von ihnen sterben, ist laut Deutscher Krebsgesellschaft den in Deutschland regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen zu verdanken.

Beim sogenannten Pap-Abstrich entnimmt der Gynäkologe Zellen von Muttermund und Gebärmutterhals der Patientin und untersucht sie auf Veränderungen. Diese lassen sich unter dem Mikroskop so früh erkennen, dass oft behandelt werden kann, bevor ein Karzinom entsteht. Allen über 20-jährigen Frauen bezahlten die Krankenkassen diese Untersuchung bislang einmal jährlich. Das soll sich nun ändern.

Das höchste Entscheidungsgremium des deutschen Gesundheitswesens, der Gemeinsame Bundesausschuss, hat ein neues Programm auf den Weg gebracht, nach dem Frauen ab 35 den Test nur noch alle drei Jahre bezahlt bekommen sollen. Dafür kommt eine weitere Untersuchungsmethode hinzu, die bisher nicht Teil der Regelversorgung war. Nicht alle Experten begrüßen den Vorstoß.

HP-Viren gelten als Hauptauslöser

Der Pap-Test kann das Risiko für Gebärmutterhalskrebs deutlich reduzieren – unfehlbar ist er nicht. „Der größte Nachteil ist, dass mit einem gewissen Risiko veränderte Zellen übersehen werden können“, erklärt der Krebsinformationsdienst. Da sich Gebärmutterhalskrebs aber über einen längeren Zeitraum entwickele, sei die Erkennungsquote für veränderte Zellen umso höher, je regelmäßiger die Untersuchung durchgeführt werde. Das war der Grund für die Einführung der jährlichen Regelleistung. Aber noch eine weitere Untersuchung wird schon seit Jahren als Alternative diskutiert: ein Test auf sogenannte Humane Papillomviren (HPV). Sie gelten als Hauptauslöser für Gebärmutterhalskrebs.

Haben sich Karzinome gebildet, ist die Behandlung schwieriger.
Haben sich Karzinome gebildet, ist die Behandlung schwieriger. © imago/Science Photo Library | imago stock

Dieser Test soll bei Frauen ab 35 nun alle drei Jahre gemeinsam mit dem bisher üblichen Abstrich durchgeführt werden. „Der Gemeinsame Bundesausschuss geht davon aus, dass dadurch noch mehr Krebsvorstufen entdeckt und frühzeitig behandelt werden können. Alle internationalen Studien weisen in diese Richtung, vorausgesetzt, es wird nicht der HPV-Test allein durchgeführt“, erklärt Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte. Ein HPV-Test allein könnte viele verdächtige Veränderungen übersehen. Durch den längeren Zeitabstand müssten Frauen kein höheres Risiko befürchten, so Albring. Bei Frauen zwischen 20 und 35 Jahren würde zudem alles so bleiben wie gehabt.

Gynäkologen sehen Probleme

„Da HP-Viren über Geschlechtsverkehr übertragbar sind, ist das Ansteckungsrisiko junger Frauen aufgrund ihrer Lebensweise erfahrungsgemäß höher. Bei ihnen kann ein jährlicher Abstrich sinnvoll sein – ein regelmäßiger HPV-Test würde bei ihnen zu oft „falschen Alarm“ schlagen“, erklärt Birgit Hiller vom Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrum. Bei Frauen ab 35 sei die Situation anders.

„Bei ihnen steigt das Risiko, dass eine ältere HPV-Infektion, die nicht von alleine ausgeheilt ist, nach und nach doch zu Veränderungen führt. Werden bei ihnen künftig HPV-Tests durchgeführt und keine Viren nachgewiesen, kann man die Intervalle des Abstrichs auch reduzieren und hat dennoch die gleiche Sicherheit“, so Hiller.

Gynäkologe Albring sieht dennoch Probleme in der Richtlinie: „Als Nebenbefunde wurden in der Krebsfrüherkennung durch den Abstrich auch Krebserkrankungen des Gebärmutter-Körpers gefunden. Es ist zu fürchten, dass viele dieser Krebserkrankungen künftig zu spät entdeckt werden.“

Experte fürchtet unnötige Beunruhigung

Dass die Krankenkassen durch die neue Methode sparen, hält er für unwahrscheinlich. „Der HPV-Test weist auch bei Frauen über 35 Jahren in bis zu zehn Prozent Infektionen nach, von denen etwa 90 Prozent spontan ausheilen werden“, so Albring, „das wird möglicherweise häufiger zu unnötigen Kontrolluntersuchungen und überflüssiger Beunruhigung der Frauen führen.“

Welche konkreten Folgen die neue Regelung haben wird, ist noch unklar. In sechs bis acht Jahren würden erstmals Daten vorliegen, auf deren Basis die Früherkennung weiter optimiert werden könne, so Vertreter des Bundesausschusses.