Als Meteorologe arbeitet man beim Deutschen Wetterdienst, privaten Instituten oder in der Forschung. Man sollte aber Mathe mögen...

Es ist kühl, Nieselregen, nichts Besonderes an diesem Nachmittag im April. Doch während der Fahrt von Berlin zum Deutschen Wetterdienst (DWD) in Potsdam kommt Wind auf. Richtige Böen sind das plötzlich. Es wird ungemütlich auf dem südlichen Berliner Ring. Der Hochdachkombi wackelt.

Eine halbe Stunde später in der Wetterzentrale Potsdam sind alle die Ruhe selbst. „Nichts los heute“, sagt Thomas Endrulat, Leitender Meteorologe der DWD-Regionalzentrale mit Blick aus dem Fenster und dann auf die Computer.

Sechs Rechner stehen da nebeneinander. Davor sitzt Stefan Hahn. Der 30-jährige Wetterberater hat heute die Spätschicht bis 22 Uhr. Auf einem in sieben Felder geteilten Bildschirm ist ständig Bewegung. Ziehende Wolken sind zu sehen und Grafiken, die Laien nicht ansatzweise deuten können. Hahn zeigt und erklärt: „Hier sieht man die Sonnenscheindauer, da die Temperaturen fünf Zentimeter über dem Boden, hier die Wolkenuntergrenzen.“

Die Daten werden an mehreren Hundert Messstationen gesammelt und kommen dann direkt aus den Großrechnern der DWD-Zentrale in Offenbach nach Potsdam. Aber nicht nur von dort. „Das sind die Engländer“, sagt Hahn und zeigt auf einen der anderen Computer. Gemeint ist das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) in Großbritannien, dem 34 Staaten angehören.

Open-Air-Veranstalter wollen wissen, ob Sturm kommt

Beim DWD in Potsdam wird das Wetter für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vorhergesagt. Nicht immer geht es so ruhig zu wie heute. Bei Eis und Schnee sei es natürlich anders, sagt Endrulat. „Und im Sommer. Da ist Hochsaison wegen der vielen Freiluftveranstaltungen.“ Die Organisatoren wollen dann vom Dienstleister DWD wissen, ob Regen kommt oder Sturm. Schließlich sei es nicht ungefährlich, wenn ein großes Zelt wegfliegt, so der 54-jährige Di­plom-Meteorologe, der zehn Jahre lang für Radio SAW das Wetter moderiert hat.

Auch Spargel- und Erdbeerbauern, die Feuerwehr und Versicherungen gehören zu den Kunden des DWD. Jeden Tag arbeiten die Mitarbeiter eine lange Liste von Kundenanfragen ab. Alle wollen wissen, wie das Wetter wird – und das zeitlich und örtlich möglichst präzise.

Hinter dem diensthabenden Meteorologen sitzt Thomas Schuster. Der 24-Jährige ist noch in der Ausbildung. „Ich mache alle Berichte parallel mit. Mein Kollege kontrolliert dann später“, sagt der gebürtige Bayer. Im Januar 2015 hat er sein drei Jahre dauerndes Studium an der Fachhochschule des Bundes in Brühl am Fachbereich Wetterdienst abgeschlossen.

Thomas Schusters Ziel ist die Arbeit am Flughafen

Seit rund 15 Monaten arbeitet Schuster nun beim Deutschen Wetterdienst. Das ist Teil seiner Zusatzausbildung. Jetzt steht er kurz vor der Prüfung zum Wetterberater. Mit dieser Lizenz geht es für ihn zu einer freien Planstelle zum Deutschen Wetterdienst nach Stuttgart. Sein großes Ziel aber sei die Flugwetterberatung am Flughafen München, erzählt er.

Durch einen Schulausflug in der 11. Klasse zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Oberpfaffenhofen sei er auf den Beruf gekommen. „Flughäfen haben mich schon immer fasziniert“, sagt Schuster. Als Absolvent der Fachhochschule muss er mobil sein: Schuster war schon in der Zentrale in Brühl bei Köln und bei der Bundeswehr im bayerischen Fürstenfeldbruck im Einsatz. Das DWD-Schulungszentrum wiederum hat seinen Sitz im hessischen Langen.

Wer Meteorologe werden will, muss nicht zwingend wie Thomas Schuster an die Fachhochschule des Bundes gehen. Meteorologie kann man in Berlin auch an der Freien Universität (FU) studieren. Das Bachelorprogramm mit Imma­trikulation im Herbst dauert sechs Semester. 90 Studienplätze stehen zur Verfügung.

Um den Master zu machen, benötigen Studenten noch einmal vier Semester. Interessenten für die 30 Plätze im weiterführenden Studium können sich im Sommer- oder im Wintersemester einschreiben. „Der Studiengang ist zulassungsfrei“, sagt Dr. Peter Névir, Leiter der Arbeitsgruppe Theoretische Meteorologie an der FU.

Hohe Abbrecherquote nach dem ersten Semester

„Die ersten drei Semester sind sehr mathematik- und physiklastig“, sagt Névir. „Da muss man durch. Allerdings haben wir eine hohe Abbrecherquote schon nach dem ersten Semester.“ Aber Meteorologie beruhe nun einmal auf physikalischen Gleichungen. Es sei zudem wichtig, Prozesse in der Natur verstehen zu können. Wissenschaftliche Arbeiten würden in englischer Sprache veröffentlicht.

Im Masterstudium kann man den Schwerpunkt auf Wetter oder Klima legen. Für das Wetter ist Arbeiten mit Gleichungen gefragt. Wer sich für das vertiefende Thema Klima entscheidet, braucht vor allem Statistikkenntnisse, da es hier um langfristige Berechnungen geht. „Künftige Forscher sollten aber alles können“, sagt Peter Névir. Programmierkenntnisse seien auch hilfreich.

Nach dem Studium warten vielfältige Aufgaben auf Meteorologen. Für Masterabsolventen bieten sich Forschungseinrichtungen wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und das Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven an. Auch auf Forschungsschiffen des DWD kommen Meteorologen zum Einsatz. Klimaexperten im Bundesumweltamt wiederum sind für die Berechnung der Feinstaubbelastung zuständig. Dazu müsse man schließlich wissen, woher der Wind weht, so Névir.

Private Wetterdienste beliefern die Medien mit Vorhersagen

Viele Bachelorabsolventen gingen zu privaten Wetterdiensten in die Vorhersage, sagt Peter Névir. „Seit 2004 macht der DWD keine Wettervorhersagen für die Medien mehr. Da sind die privaten Wetterdienstleister groß eingestiegen.“ Der größte in Europa ist derzeit die MeteoGroup mit Hauptsitz in London und einer Vertretung in Adlershof.

30 Meteorologen arbeiten dort als Wetterbeobachter, im Vertrieb oder in der Produktentwicklung. Eine Abteilung beschäftige sich nur mit der Entwicklung von Wetter-Apps, andere arbeiten mit Handelsketten zusammen und beraten diese, wann welche Produkte geordert werden sollten. Und eben die Medien wollen bedient werden. „Wir beliefern zum Beispiel RTL mit Wetterdaten für ihre Vorhersagen und liefern auch gleich das Design mit“, erklärt Katja Arnold. Sie ist verantwortlich für das Geschäftskundenmarketing bei MeteoGroup.

Praktikanten sind in Adlershof gern gesehen, egal ob Schüler oder Studenten. „Man sollte sich natürlich für Wetter interessieren“, sagt Arnold. „Und wissen, dass es sich um einen Bürojob handelt.“

Draußen in der Natur das Wetter zu beobachten und dick eingepackt Sturm und Regen zu trotzen – dieses Bild hat jahrelang der Meteorologe und Wetter-Moderator Jörg Kachelmann geprägt. Tatsächlich haben die Jobs damit wenig zu tun. Das liegt auch daran, dass die Messstationen für Wetterdaten zunehmend technisiert sind. Auch den Wetterbeobachter als Ausbildungsberuf gibt es nicht mehr.

Claudia Kleinert hat BWL und Meteorologie studiert

Den meisten Menschen fallen beim Thema Wettervorhersage zuallererst Gesichter von ARD, RTL und anderen TV-Sendern ein. Fast jeder kennt die Moderatoren, die dort allabendlich das Wetter vorhersagen. Etwa Claudia Kleinert: Seit 15 Jahren steht die 46-Jährige vor der Kamera. Eigentlich ist sie Betriebswirtin. „Ich habe nur zwei Semester Meteorologie studiert“, erzählt sie. „Die Grundbegriffe und physikalischen Modelle.“

Viel wichtiger sei, dass man am Thema Wetter interessiert sei und eine Sprecherausbildung habe, sagt sie. Und man müsse recherchieren können. Das lerne man in jedem Studium.

Zwölf Tage im Monat moderiert die gebürtige Koblenzerin das Wetter für die ARD im Wechsel mit den Meteorologen Sven Plöger, Karsten Schwanke und Donald Bäcker. Um 16 Uhr ist Arbeitsbeginn in der ARD-Wetterredaktion in München. Eine Moderation schreibe sie sich nicht, erzählt Kleinert, höchstens ein paar Stichpunkte. Schließlich habe sie alle Wetterdaten im Laptop und die Landkarte im Kopf.

Nachdem sie in der Maske war, geht es vor die Kamera. Hinter Kleinert ist eine grüne Wand, weiter nichts. Per Greenscreen-Technik werden dort Fotos und Animationen eingespielt. Stress kenne sie nicht, sagt Claudia Kleinert, höchstens, wenn die Wetterlage besonders spannend ist. „Weil dann viel zu erklären und die Zeit knapp ist.“ Für Kleinert ist Wettermoderation ein Traumjob und die Frage, wie das Wetter wird, auch nach vielen Jahren immer noch hoch spannend.

Zwei Wege führen in den Beruf

• Einen Bachelor- und einen Masterstudiengang Meteorologie bietet die Freie Universität Berlin an. Mit dem Bachelorabschluss kann man sich für die Wettervorhersage bei privaten Wetterdienstleistern wie der MeteoGroup in Adlershof oder beim Deutschen Wetterdienst (DWD) bewerben. Für den Einstieg beim DWD ist im Anschluss an den Bachelor ein fünfmonatiger Einweisungskursus vorgesehen. Nach weiteren 15 Monaten in einer Regionalzentrale und einer Prüfung erhält man die Lizenz zum Wetterberater. Mit Masterabschluss gehen viele in die Forschung.

• Um die Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung/Fachbereich Wetterdienst zu besuchen, muss man die Fachhochschulreife haben und darf nicht älter als 32 Jahre sein. Das Studium dauert drei Jahre. Es findet an Standorten in Brühl, Hessen und Bayern statt. Während der Ausbildung erhält man ein Gehalt, leistet dafür aber schon während des Studiums Dienst. Nach dem Abschluss ist die Zusatzausbildung zum Wetterberater obligatorisch.