Essen. Eine Studie weist Spuren von Unkrautvernichtungsmittel in Biersorten nach. Die Rückstände stammen von Glyphosat der Landwirtschaft.

„Bier ist rein. Bier ist ein Genuss. Bier ist Deutschland“. So wirbt der Deutsche Brauer-Bund für seine Produkte. Eine Studie im Auftrag des Umweltinstituts München könnte aber manchem Biertrinker die Freude am Feierabendpils trüben. Und das ausgerechnet im 500. Jubiläumsjahr des deutschen Reinheitsgebots. Danach darf Bier nur aus drei Grundzutaten bestehen: Wasser, Hopfen und Getreidemalz. Doch offenbar sind auch zum Teil überraschend hohe Rückstände des Pestizids Glyphosat im Gerstensaft enthalten, wie die „WAZ“ berichtet.

14 der beliebtesten Biersorten hat das Münchener Institut durch ein Labor untersuchen lassen. Da für Bier kein eigener Grenzwert existiert, wählten die Tester den gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser als Maßstab, dieser beträgt 0,1 Mikrogramm pro Liter. Der höchste gemessene Glyphosat-Wert im Bier lag nach Angaben des Instituts bei 29,74 Mikrogramm pro Liter und damit fast 300-fach über dem Trinkwasser-Grenzwert. Selbst der geringste gemessene Wert lag noch über dem Wasser-Grenzwert. Betroffene Brauereien zeigten sich auf Nachfrage von den Ergebnissen überrascht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht keinen Grund zur Beunruhigung.

Brauer sollen Zulieferer kontrollieren

„Glyphosat ist ein Stoff, der nicht ins Bier gehört“, sagt Sophia Guttenberger, Biologin am Umweltinstitut München. „Wir wollten mit der Studie darauf hinweisen, dass Glyphosat heute in fast allen Lebensmitteln enthalten ist, eben auch im Bier.“ Die Brauer seien nun aufgefordert, ihre Produkte, Zutaten und Zulieferer genauer zu überprüfen. „Sie müssen klären, wie Glyphosat in das Bier gelangen konnte und in Zukunft sicherstellen, dass ihre Produkte frei von Pestizidrückständen sind“, sagte Guttenberger der „WAZ“.

Das Umweltinstitut weist darauf hin, dass die Werte wegen der kleinen Anzahl von Proben lediglich die Belastung der jeweils untersuchten Charge wiedergeben und keine generelle Aussage über die Belastung des Bieres einer bestimmten Marke erlauben. Dafür seien breitere Testläufe nötig.

Gesundheitsrisiken unklar

Ohne Glyphosat ist nach Meinung von Experten eine konventionelle Landwirtschaft kaum möglich. Nach Angaben des Umweltbundesamtes werden Pflanzenschutzmittel „großflächig und in erheblichen Mengen“ ausgebracht, auf deutschen Äckern werden demnach jährlich 100 000 Tonnen Chemie im Jahr verspritzt.

Glyphosat ist seit langem umstritten, es gilt nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“, es könne den Hormonhaushalt beeinflussen und zu Missbildungen führen. Studien wiesen Spuren von Glyphosat im Urin von Menschen sowie angeblich auch in der Muttermilch nach. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht dafür indes keine Belege und hält das Mittel bei korrekter Anwendung für unbedenklich.

Die Münchener Bierstudie kommt für die Pestizid-Produzenten wie Monsanto, BASF und andere zur Unzeit: Die aktuelle Zulassung der EU für Glyphosat läuft am 30. Juni aus. Die Branche rechnet damit, dass die EU bereits Anfang März über eine Verlängerung entscheidet. Dann wäre der Wirkstoff für bis zu 15 weitere Jahre erlaubt.

Die Ergebnisse in der Übersicht:

• Hasseröder Pils: 29,74 (Mikrogramm Glyphosat je Liter)

• Jever Pils: 23,04

• Warsteiner: 20,73

• Radeberger Pils: 12,01

• Veltins Pilsener: 5,78

• Oettinger Pils: 3,86

• König Pilsener: 3,35

• Krombacher Pils: 2,99

• Erdinger Weißbier: 2,92

• Paulaner Weißbier: 0,66

• Bitburger Pils: 0,55

• Beck’s Pils: 0,50

• Franziskaner Weißbier: 0,49

• Augustiner Helles: 0,46

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher. Glyphosatrückstände in Bier seien aus wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff sei. Selbst die höchsten Werte von rund 30 Mikrogramm pro Liter seien jedoch so niedrig, dass die rechnerisch resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mehr als 1000-fach niedriger liegen würde als die derzeit als unbedenklich geltenden Aufnahmemengen, teilte das BfR auf Anfrage mit. „Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken.“