Philadelphia. Bernie Sanders kostet den Wahlkampf auch auf dem Parteitag der Demokraten voll aus. Doch dann schlüpft er in die Rolle des Versöhners.

Tiefe Gräben bei den US-Demokraten: Zum Auftakt des Nominierungsparteitags für die künftige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton hat ihr Rivale Bernie Sanders noch einmal die Show gestohlen. Umjubelt von Tausenden Delegierten, stellte sich Sanders als der große Versöhner nach einem verbissen geführten Vorwahlkampf den wütenden Protesten seiner Anhängerschaft noch auf dem Parteitag. „Hillary Clinton muss die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden“, steckte Sanders die Marschrichtung ab.

„Unsere Revolution zur Transformation Amerikas geht weiter“, rief Sanders, mit minutenlangem Jubel empfangen, den Delegierten in Philadelphia zu. „Der Kampf geht weiter!“ Bereits zuvor hatte er den Fokus auf den gemeinsamen Gegner gerichtet. „Wir müssen Trump schlagen, und wir müssen Hillary Clinton wählen“, sagte der Senator am Montag vor Hunderten von Menschen in Philadelphia.

Bernie Sanders wäre auch gern Präsidentschaftskandidat seiner Partei geworden.
Bernie Sanders wäre auch gern Präsidentschaftskandidat seiner Partei geworden. © REUTERS | MIKE SEGAR

Trump sei der schlimmste Kandidat in der modernen Geschichte der USA, sagte Sanders. Die Rede des 74-Jährigen hatte die Parteitagsregie kurzfristig als Schluss- und Höhepunkt des ersten Tages von Philadelphia geplant. Michelle Obama musste nach vorne rücken.

„Ich bin bei Hillary“

Dennoch lieferte die First Lady einen flammenden Appell für die frühere Außenministerin ihres Mannes als nächste Präsidentin der USA. „Wegen Hillary Clinton nehmen es meine Töchter als gegeben an, dass eine Frau Präsidentin der Vereinigten Staaten werden kann“, sagte Obama. „In diesem Wahlkampf bin ich bei Hillary Clinton“, rief sie zur Begeisterung der mehr als 4700 Delegierten. Clintons Rede wird erst für Donnerstag erwartet.

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Der Parteitag in Philadelphia drohte zu seinem Beginn die Gräben zwischen den Lagern von Hillary Clinton und Bernie Sanders zu vertiefen. Die Sanders-Anhänger sind unzufrieden, weil sie sich von der Parteiführung betrogen und benachteiligt fühlen. Eine E-Mail-Affäre, kurz vor dem Parteitag von der Plattform Wikileaks enthüllt, schürte die Stimmung weiter an. Parteichefin Debbie Wasserman Schultz musste unter dem Druck der Affäre zurücktreten und war nicht einmal mehr – wie eigentlich geplant – zur Eröffnung der Versammlung vor die Delegierten getreten.

Sanders rief seine Anhänger zur Mäßigung auf

Die verbliebene Parteiführung entschuldigte sich in einem Statement offiziell bei Sanders. „Im Namen Aller im Nationalen Komitee der Demokraten möchten wir eine tiefgreifende und aufrichtige Entschuldigung anbieten, an Bernie Sanders, seine Anhänger und die gesamte demokratische Partei, für die unentschuldbaren Bemerkungen in E-Mails“, heißt es in der Mitteilung.

Sanders selbst, der Vorwahlen in 23 Staaten gegen Clinton gewonnen und 1900 der mehr als 4700 Delegiertenstimmen für sich verbucht hatte, rief seine Anhänger zur Mäßigung auf. Sie demonstrierten seit Sonntag zu Tausenden in den Straßen von Philadelphia und prägten mit provakanten Plakaten wie „Never Clinton“ das Bild.

Viele Anhänger von Bernie Sanders waren nach Philadelphia gekommen, um ihm zuzuhören.
Viele Anhänger von Bernie Sanders waren nach Philadelphia gekommen, um ihm zuzuhören. © REUTERS | MIKE SEGAR

Hinter den Kulissen verabredeten sich die Lager Clintons und Sanders’, zu einem Nichtangriffspakt. Sanders richtete laut „Washington Post“ eine Textnachricht an ausgewählte Delegierte, um das lautstarke Ausbuhen Clintons auf dem Parteitagsparkett zu stoppen. Beide Lager schärften den Rednern ein, die Gemeinsamkeiten hervorzuheben.

Sanders hatte sich im Wahlkampf für Themen wie einen Mindestlohn von 15 Dollar, für den Kampf gegen Klimawandel und das Diktat der Finanzbranche eingesetzt und die Demokraten damit inhaltlich nach links gerückt. „Wir haben progressivste Parteiprogramm in der Geschichte“, sagte der demokratische Abgeordnete Keith Ellison. (dpa)