Jerusalem. Israel baut die Metalldetektoren am Tempelberg ab. Mit Überwachungskamera wird aber das Misstrauen auf arabischer Seite erneut geweckt.

Die umstrittenen Geräte sind weg. Israelische Sicherheitskräfte bauten die Metalldetektoren am Tempelberg in der Nacht zum Dienstag ab. Zu dritt schleppten sie die weißen Gegenstände durch die schmalen Gassen der Jerusalemer Altstadt, wie Videos zeigten. Das israelische Sicherheitskabinett hatte den Abbau beschlossen - in der Hoffnung, die angespannte Lage in der Heiligen Stadt zu beruhigen.

Anstelle der Detektoren sollen innerhalb von sechs Monaten „fortschrittliche Technologien“ eingerichtet werden, verkündete das Sicherheitskabinett. Die Sprecher der zuständigen Ministerien nannten keine weiteren Details. Nach israelischen Medienberichten handelt es sich aber um „schlaue“ Kameras. Diese könnten Gesichter automatisch erkennen und zudem entdecken, wenn Personen Waffen oder Sprengsätze unter ihrer Kleidung versteckt haben. Sicherheitskräfte würden auf diese Weise gewarnt, sollten gesuchte Personen den Tempelberg betreten wollen.

Metalldetektoren rund um den Tempelberg aus Sicherheitsgründen

Erneut gewalttätige Auseinandersetzungen in Israel

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    Die Palästinenser sehen diese Maßnahmen mit tiefstem Misstrauen. Es herrscht die Sorge, dass selbst stark verschleierte Musliminnen durch „Nacktscanner“ durchleuchtet werden könnten. Bis die neuen Maßnahmen umgesetzt sind, soll eine erhöhte Zahl von Polizisten für Sicherheit rund um den Tempelberg sorgen. Insgesamt veranschlagt das Sicherheitskabinett Kosten in Höhe von rund 24 Millionen Euro.

    Die jüngste Eskalation am Tempelberg, für Juden und Muslime von hoher religiöser Bedeutung, begann am 14. Juli. An dem Tag hatten drei arabische Attentäter in der Jerusalemer Altstadt zwei israelische Polizisten erschossen. Die Angreifer sollen die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg als Rückzugsort genutzt haben; die israelische Polizei fand dort Waffen. Daraufhin ließ Israel rund um den Tempelberg aus Sicherheitsgründen Metalldetektoren aufstellen. Viele muslimische Palästinenser sahen jedoch darin einen Angriff auf die islamische Souveränität über die Al-Aksa-Moschee, das drittwichtigste Heiligtum im Islam.

    Israel und Jordanien kooperieren eng miteinander

    Am Freitagabend brach ein Palästinenser in das Haus einer israelischen Familie in einer Siedlung im Westjordanland ein, erstach drei Personen und verletzte eine vierte. Zwei Tage darauf kam es zu einem ungewöhnlichen Vorfall in der israelischen Botschaft in der jordanischen Hauptstadt Amman: Ein Jordanier mit palästinensischen Wurzeln stach einem israelischen Sicherheitsmann in den Rücken, woraufhin der Israeli den Angreifer erschoss. Die israelische Regierung wollte die Botschaft evakuieren. Doch Jordanien bestand darauf, den israelischen Wachmann zu verhören. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Jordanische Polizisten befragten den israelischen Wachmann in der Botschaft, anschließend konnten er und die übrigen Israelis ausreisen. Möglicherweise hat dabei Israels Versprechen, die Metalldetektoren abzubauen, eine Rolle gespielt.

    Gute Beziehungen zu Jordanien liegen im Interesse Israels, die beiden Länder kooperieren eng in Sicherheitsfragen. Spannungen am Tempelberg verfolgt das Königreich jedoch kritisch: Die islamische Stiftung, die das Plateau mit Felsendom und Al-Aksa-Moschee verwaltet, die sogenannte Waqf, untersteht der jordanischen Regierung. Ob der Abbau der Metalldetektoren ausreicht, die Lage zu beruhigen, bleibt abzuwarten. Wann immer es rund um den Tempelberg zu Spannungen kommt, geht in Israel die Furcht vor einer Intifada um, einem palästinensischen Aufstand.

    Gegen Einzeltäter gibt es keinen absoluten Schutz

    Die letzte Intifada brach im Jahr 2000 aus, nachdem Israels damaliger Oppositionsführer Ariel Scharon demonstrativ den Tempelberg besucht hatte. Zwar ist die derzeitige Situation nicht mit damals zu vergleichen, als es nahezu wöchentlich zu Selbstmordanschlägen auf israelische Busse und Cafés kam. Israels Armee und Geheimdienst haben die Lage im Westjordanland heute weitaus besser im Griff und im Blick.

    Doch vor sogenannten „Lone-Wolf“-Terroristen - jenen Einzeltätern, die mit zum Beispiel mit Messern Menschen auf der Straße angreifen - gibt es keinen absoluten Schutz. Das hat zuletzt die Welle von Attentaten im Winter 2015 gezeigt. Während dieser „Messer-Intifada“ genannten Unruhen stachen einzelne Palästinenser mit Messern, Schraubendrehern und Scheren auf israelische Passanten oder Sicherheitskräfte ein. Die meisten Angreifer wurden anschließend erschossen. Diese Serie ist nie ganz abgerissen. Sie kann, wie die letzten Tage gezeigt haben, jederzeit wieder eskalieren: Am Montag stach ein Palästinenser in einem Tel-Aviver Vorort einem Mann in den Hals. „Ich habe es für Al-Aksa getan“, sagte der Angreifer laut Medienberichten.

    Hashtag „Kameras Nein“ im arabischen Twitter

    Wie die Lage sich entwickelt, hängt auch davon ab, wie sich die Waqf äußert. Die Haltung der islamischen Stiftung hat Gewicht: Ihrem Aufruf, aus Protest gegen die Detektoren im Freien zu beten, waren Tausende Muslime gefolgt. Während das Waqf-Direktorium sich am Dienstag noch beriet, hatten andere sich schon festgelegt: Adnan Al-Husseini, in der Palästinensischen Autonomiebehörde zuständig für Angelegenheiten in Jerusalem, sagte: Die geplanten Kameras seien „schlimmer und gefährlicher“ als die Metalldetektoren. Und im arabischsprachigen Twitter verbreitete sich im Laufe des Tages ein Hashtag: „Kameras Nein“.