Paris/Berlin. Die Kanzlerin und Präsident Macron wollen bei Verteidigung und Wirtschaft mehr kooperieren. Kampfjets sollen das erste Projekt sein.

Ein Jugendlicher wirft dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einen Ball zu. Der fängt ihn auf und sagt lächelnd auf Französisch: „Ich heiße Emmanuel Macron und wohne in Paris.“ Dann reicht er die Kugel weiter an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die neben ihm steht. Sie ist überrascht und schaut sich hilfesuchend nach einem Dolmetscher um, da ihre Französischkenntnisse eher überschaubar sind. Dann sagt sie – fast richtig – auf Französisch: „Ich heiße Angela Merkel, ich wohne in Berlin.“ Applaus im Saal.

Erste Schritte zur Reform der Eurozone noch in diesem Jahr

Die Kanzlerin und der Präsident sind am Donnerstag bei einem deutsch-französischen Projekt für Jugendliche mit Migrationshintergrund im Norden von Paris. Locker und spontan soll es zugehen bei der Tagung des deutsch-französischen Ministerrats. Schließlich wollen Macron und Merkel demons­trieren, dass die Beziehungen zwischen Paris und Berlin neuen Schwung bekommen.

Beide präsentieren eine Fülle von gemeinsamen Initiativen. Die Kanzlerin spricht von einem „neuen Elan“. Sie kündigt noch für dieses Jahr erste Schritte zur Reform der Eurozone an. Auch sollen die Unternehmenssteuern in beiden Ländern angeglichen werden. Dabei ist geplant, die Bemessungsgrundlage zu vereinheitlichen. Das Vorhaben ist allerdings schwierig, da beide Länder über ein unterschiedliches Steuersystem verfügen. Zudem wird die Gewerbesteuer in Deutschland von den Kommunen erhoben. Der Bund hat hier nicht mitzureden.

Gemeinsame Beschaffung von Kampfpanzern

Der erste deutsch-französische Ministerrat nach der Wahl von Macron zum Präsidenten war mit Spannung erwartet worden. Ein Kernpunkt ist die engere Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik. Beide Länder wollen prüfen, ob eine gemeinsame Beschaffung eines neuen Kampfpanzers, eines Seefernaufklärers und eines Kampfjets möglich ist, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Vorhaben sollen auch anderen EU-Staaten offenstehen.

Bislang setzt die deutsche Luftwaffe auf den Eurofighter, die Franzosen dagegen auf das Rafale-Kampfflugzeug. Die Ankündigung kommt vor dem Hintergrund von Bestrebungen für eine engere Militär- und Rüstungszusammenarbeit in der Europäischen Union.

Zudem angepeilt wird eine Vereinheitlichung der verschlüsselten Kommunikation beider Armeen, damit die Soldaten direkt miteinander reden können und Zugriff auf gemeinsame Daten haben. Darüber hinaus verständigen sich Frankreich und Deutschland auf eine Sicherheitskooperation in der zentralafrikanischen Sahelzone. Die Länder rund um Mali sind arm und leiden unter den Anschlägen islamistischer Terrorgruppen. Künftig würden sich beide Länder in Sicherheitsfragen auf Ebene der Verteidigungs-, Außen-, Entwicklungs- und Innenminister zusammensetzen, kündigt Merkel an. „Das ist eine tief greifende Revolution“, meint Macron.

Macron will die für die Eurozone einen Finanzminister

Den erwarteten Zeitplan zur Reform der Eurozone legen beide Regierungen nicht vor. Sie hätten aber das gemeinsame Ziel, die Zusammenarbeit in der Währungsunion zu vertiefen, betont Merkel. Macron spricht von einer Liste von Initiativen, „die wir bis Jahresende zur größeren Integration der Eurozone und der EU anpacken werden“. Die Kanzlerin sagt verstärkte deutsche Investitionen zu, verweist aber darauf, dass fehlende Planungskapazitäten den Abfluss noch größerer Summen verhinderten.

Merkel wiederholt, dass sie offen für die Diskussion über ein Eurozonen-Budget, einen europäischen Finanzminister und die Weiterentwicklung des Euro-Rettungsmechanismus ESM zu einem Europäischen Währungsfonds sei. Man müsse generell darüber reden, wie man in der Eurozone besser zusammenarbeiten und wie die Konvergenz der Euro-Volkswirtschaften vergrößert werden könne. Bisher hätten die EU-Staaten nur in Krisen schnell agiert. Macron hatte zuvor mehrfach betont, dass er für die Eurozone einen Finanzminister und ein eigenes Budget will.

Neue Forschungsprogramme beim Klimaschutz

Zudem vereinbaren beide Regierungen eine Reihe neuer Projekte von der Kultur bis zur Wissenschaftszusammenarbeit. Dazu gehören auch neue Forschungsprogramme beim Klimaschutz, für die Deutschland zusätzliche 15 Millionen und Frankreich 30 Millionen Euro zur Verfügung stellen wollen. Macron sagt zu, dass der Deutschunterricht in Frankreich wieder verstärkt werden wird. Enger zusammenarbeiten wollen beide Länder auch im digitalen Sektor.

Es ist jedoch nicht alles deutsch-französische Harmonie an diesem Tag. Bei Macrons Vorstoß, einen gemeinsamen Haushalt für die Eurozone zu entwickeln, bremst Merkel. Sie vertröstet den Präsidenten auf die Zeit nach der Bundestagswahl. Für solche „qualitativen Schritte“ sei die Einbindung des Parlaments notwendig, sie dürften nicht „im luftleeren Raum“ beschlossen werden, sagt die Kanzlerin. Sie verspricht aber, diese Frage werde nicht „verbummelt“. Es werde „auch in diesem Jahr dazu noch weitere Schritte geben“.