Bad Staffelstein. Kanzlerin Merkel besucht die CSU in Bayern. Die Unionsparteien wollen gemeinsam in den Wahlkampf ziehen. Doch Differenzen bleiben.

Manchmal verlässt auch Horst Seehofer das Glück. Pünktlich zur Vorfahrt des bayerischen Ministerpräsidenten vor der malerischen Kulisse des Klosters Banz in Oberfranken, schüttet es wie aus Eimern. Die zwei Schritte zum Portal lassen auch den CSU-Chef, der als Gast zur Tagung der CSU-Bundestagsabgeordneten angereist ist, von Regen benetzt zurück.

Doch ansonsten weiß Seehofer gar nicht so recht, wohin mit all der Wonne. Seit Anfang des Jahres habe doch alles geklappt: „Wenn wir es hätten malen müssen, dann hätten wir es nicht besser zeichnen können“, bilanziert er. Der CSU-Chef ist beschwingt von den jüngsten Umfragen, die ein Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl im September von 48 bis 49 Prozent pro­gnostizieren. Da fällt es leicht, die Schwesterpartei CDU und ihre Vorsitzende Angela Merkel zu umgarnen.

Kurs in der Flüchtlingspolitik hat sich verändert

Das war auch schon anders. Rückblick September 2015: Damals wurde die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt im malerischen Kloster Banz von den Landtagsabgeordneten regelrecht vorgeführt. Der Grund: Sie verhielt sich loyal zur Kanzlerin und deren Umgang mit den Flüchtlingen. Als besonderen Gast hatten die Landespolitiker damals den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán geladen. Orbán warf Merkel einen moralischen Imperialismus vor. Seehofer nannte die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin eine „Herrschaft des Unrechts“. Merkel im Wahlkampf plakatieren? Unvorstellbar, hieß es von der CSU-Basis.

Merkel: Ausbau der "inneren Sicherheit" wichtiges Thema

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    „Wir hatten ja einen Anlass zur Debatte“, sagt Seehofer heute, es sei ja jetzt nicht nur der Wille zur Harmonie, sondern der Kurs in der Flüchtlingspolitik habe sich verändert; nicht zuletzt auf Druck der CSU-Abgeordneten. „Die einen haben dabei mehr diplomatisches Geschick, und die anderen sind Bayern“, bilanziert er und strahlt Gerda Hasselfeldt an. Die 67 Jahre alte Landesgruppenvorsitzende, die im Herbst aus dem Bundestag ausscheidet, schaut während Seehofers Ausführungen immer mal zu Boden. Manche Zumutungen sind schwer zu vergessen, selbst bei der CSU.

    Hasselfeldt hört als CSU-Landesgruppenchefin auf

    Zwei Jahre danach ist Merkel selbst nach Banz gekommen, um die heiße Phase des Wahlkampfs gemeinsam mit der CSU einzuläuten. Im streng getakteten Zeitplan der Kanzlerin auch ein Zeichen, dass es ihr ernst ist mit der engen Abstimmung in den zehn Wochen bis zur Wahl. Merkel dankt vor allem der scheidenden Chefin der Landesgruppe für die „faire, kameradschaftliche, freundschaftliche Zusammenarbeit“, auch wenn Standpunkte unterschiedlich gewesen seien. „Es war menschlich und politisch immer eine Freude, mit dir zusammenzuarbeiten“, sagt die CDU-Chefin an die Adresse Hasselfeldts. Die beiden Frauen konnten gut miteinander. Hasselfeldts Abgang wird es Merkel nicht leichter machen.

    Doch auch Seehofer bemüht sich diesmal um die „liebe Angela“. Die Stimmung sei „ernsthaft und entspannt“, man kämpfe gemeinsam um die Zukunft Deutschlands. Das gemeinsame Wahlprogramm sei „in äußerst angenehmen Gesprächen und Diskussionen“ entstanden. Der „Bayernplan“, den die CSU noch parallel vorstellen will, sei ausdrücklich kein „Anti-CDU-Programm“, sondern nur eine Art Ergänzung.

    Der Lagerwahlkampf läuft nach Hamburg auf Hochtouren

    Die es in sich hat, denn sie enthält die Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge. Merkel ist hier auch unter größtem Druck nicht von ihrer Position gewichen: Mit ihr wird es keine Festlegung auf eine bestimmte Zahl geben. Seehofer wiederum hat dies zur Bedingung für eine Koalition gemacht. Was passiert, wenn allein 300.000 Syrer – so Schätzungen des Auswärtigen Amtes – als Familienangehörige nachziehen und in der offiziellen Asylstatistik nicht mal auftauchen? Wo doch die Obergrenze von Seiten der CSU auf die Zahl 200.000 festgelegt ist. Dieser Konflikt verschwindet nur noch bis zum 24. September, am 25. wird er wieder auftauchen – mit Blick auf die Flüchtlingssituation in Italien möglicherweise genauso stark wie vor zwei Jahren. Denn: Ein bisschen Obergrenze gibt es nun mal nicht.

    Doch bis dahin spielt der CSU der in Straßenschlachten untergegangene G20-Gipfel in Hamburg in die Hände. Im Juni 2015, beim G7-Treffen im bayerischen Schloss Elmau, ging das Bild einer strahlenden Kanzlerin und eines entspannten US-Präsidenten Barack Obama vor malerischer Bergkulisse um die Welt. Die bayerische Polizei hatte die Lage im Griff, damals stand jedoch der Vorwurf der „Abschottung“ im Raum. Den G20-Gipfel in Hamburg abzuhalten, hält Seehofer deswegen auch nicht für einen Fehler. Die Politik dürfe sich niemals von „Chaoten und Krawallmachern“ vorschreiben lassen, wo sich die freie Welt versammeln dürfe.

    Die Vorfälle in Hamburg spielten der Union in die Karten

    Für die Bilder der ausufernden Randale finden sie in Bayern klare Worte. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt spricht von einer „Brutalität von linken Spinnern“, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer geht davon aus, dass es mehr als einer „Politik des Stuhlkreises“ gegen die militante linke Szene bedürfe. Seehofer, den selten „etwas so zornig gemacht habe“ wie die Bilder aus Hamburg, wird konkreter: Bei den 15.000 Polizisten, die die Union in ihrem Wahlprogramm verspreche, sei das letzte Wort möglicherweise noch nicht gesprochen. „Es kann durchaus noch mehr werden.“ Darüber werde man nun reden müssen. Auch der Aufbau eines europäischen Extremistenregisters sei wichtig, ebenso die „uneingeschränkte Solidarität“ mit der Polizei und ein entschiedeneres Vorgehen gegen Linksex­tremismus. „Wir haben es mit Kriminellen zu tun, und die verstehen nur eine Sprache, die des starken Staates.“

    Auch Merkel sagt, dass man nach den Ereignissen in Hamburg die Ausrüstung der Sicherheitskräfte verbessern und ihre Zahl verstärken müsse. Der Lagerwahlkampf, er läuft nach den Bildern von Hamburg auf Hochtouren.