Berlin. Rechte Gewalt nimmt zu, die Zahl der Täter steigt. Cyberattacken von außen häufen sich. Der Verfassungsschutzbericht für 2016 ist da.

  • Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten ist 2016 stark auf 1600 gestiegen
  • Insgesamt sind Straftaten mit einem rechten Hintergrund deutlich mehr geworden
  • Einen klaren Anstieg gab es auch bei gewaltorientierten Linksextremisten

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Dienstag den Bericht des Verfassungsschutzes für das Jahr 2016 vorgelegt. Der Geheimdienst befasst sich darin mit rechts- und linksextremistrischen Straftaten im Inland sowie mit Spionageaktivitäten ausländischer Geheimdienste. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

Die Gewalt durch Rechtsextremisten nimmt in Deutschland weiter zu. Nach rund 1400 rechtsextremistischen Gewaltdelikten im Jahr 2015 registrierten die Sicherheitsbehörden 2016 insgesamt 1600 Gewalttaten. Dies geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die Anzahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten ist ebenfalls weiter angestiegen – um 300 Personen auf nunmehr 12.100 Extremisten.

Der Bericht stellt fest, dass die Hemmschwelle zum Einsatz von Gewalt gegenüber Fremden bundesweit sinkt. In den Fokus von Rechtsextremisten gerieten zunehmend auch Personen, wie kommunale Entscheidungsträger, aber auch andere Vertreter des Staates, „die mitunter persönlich für selbst empfundene Missstände oder die hohe Zahl an Asylsuchenden in Deutschland verantwortlich gemacht werden“.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière ( CDU).
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière ( CDU). © dpa | Rainer Jensen

Nach Daten zur politisch motivierten Kriminalität, die Innenminister de Maizière bereits im April vorgestellt hatte, hat die Zahl der gesamten Straftaten mit einem rechten Hintergrund um 2,6 Prozent auf 23.555 zugenommen, während linksmotivierte Taten um 2,2 Prozent auf 9389 Fälle zurückgingen.

Das linksextremistische Personenpotenzial sei mit 28.500 Personen (plus sieben Prozent) so hoch wie seit 2012 nicht mehr, stellt der Bericht fest. Den gewaltorientierten Linksextremisten seien 8500 Personen zuzurechnen – ein Anstieg um mehr als zehn Prozent. Allerdings habe es den Personen im Jahr 2016 an Ereignissen gefehlt.

„Mit Blick auf den G20-Gipfel dürfte sich das Bild wieder ändern“, warnt der Bericht. Auch anlässlich der Bundestagswahl sei „mit einem Anstieg linksextremistisch motivierter Straf- und Gewalttaten gegen den politischen Gegner und die Polizei zu rechnen“.

Deutschland ist zunehmend Ziel von Spionageaktivitäten ausländischer Geheimdienste. Hauptakteure seien Russland, China und der Iran, heißt es im Verfassungsschutzbericht weiter. Die Spionageabwehr konnte laut Innenminister de Maizière aber auch einen spürbaren Anstieg von Aktivitäten des türkischen Nachrichtendienstes MIT in Deutschland feststellen.

Verbrannte Autos und herumliegende Pflastersteine im Juni in Berlin. Die Zahl linksmotivierter Taten ist 2016 um 2,2 Prozent auf 9389 Fälle zurückgingen.
Verbrannte Autos und herumliegende Pflastersteine im Juni in Berlin. Die Zahl linksmotivierter Taten ist 2016 um 2,2 Prozent auf 9389 Fälle zurückgingen. © dpa | Maurizio Gambarini

Cyberangriffe hätten sich zu einer wichtigen Methode der Ausspähung durch Nachrichtendienste entwickelt. Sie könnten dazu führen, dass jahrelang unbemerkt Informationen abflössen. Bei den Cyberattacken seien Russland und China mehrfach als Angreifer erkannt worden, wenngleich auch Geheimdienste anderer Staaten über Ressourcen und Fähigkeiten für Cyberangriffe verfügten. Attacken ließen sich auch „mutmaßlich staatlichen Stellen im Iran“ zuordnen.

Dem Bericht zufolge zeigen Nachhaltigkeit und Zielauswahl deutlich den Versuch, Politik und Bundesverwaltung strategisch auszuspionieren. Hauptsächlich betroffen seien das Auswärtige Amt und seine Auslandsvertretungen, das Finanz- und das Wirtschaftsministerium. Auch das Kanzleramt und Dienststellen der Bundeswehr stünden im Fokus.

Unter anderem setzt sich laut Verfassungsschutz die Angriffskampagne unter der Bezeichnung APT 28 fort, die etwa für Angriffe auf den Bundestag und die CDU verantwortlich gemacht wird. Es gebe hier „Anhaltspunkte für eine Steuerung durch russische staatliche Stellen“. Mit Blick auf die Bundestagswahl könnten deutsche Parteien und Politiker „das Ziel russischer Einflussnahme“ werden, heißt es weiter.

Russische Dienste interessierten sich für politische und wirtschaftliche Themen, insbesondere für die Bereiche Energie und Militär. Cyberangriffe aller Tätergruppen führen dem Bericht zufolge in der deutschen Wirtschaft pro Jahr zu einem Schaden von geschätzt mehreren Milliarden Euro. (rtr)

Cyberattacke trifft weltweit Ziele

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