Berlin. Kurz vor dem Beschluss der Unions-Spitzen über das Wahlprogramm warnt Schäuble vor übertriebenen Versprechen für Steuersenkungen.

Das geht ja schon gut los. Das sei natürlich „kein Wahlkampfhaushalt“, den er hier vorlege, sagt Wolfgang Schäuble am Mittwoch. Als Bundesfinanzminister erfülle er nur seine Pflicht und mache einen Entwurf für die Zeit nach der Bundestagswahl. Was dann daraus wird, das sei natürlich Sache der neuen Bundesregierung. Als Schäuble das sagt, guckt er so unschuldig, wie man nur gucken kann, wenn man ganz genau weiß, wie Wahlkampf geht.

Es gehört zum normalen Ablauf, dass der Finanzminister seinen Haushalt zuerst den Ministerkollegen im Bundeskabinett vorstellt und dann in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit. Das ist jedes Jahr so, auch dann, wenn es ein Wahljahr ist und nicht klar ist, ob der Finanzminister auch nachher noch Finanzminister ist.

Schäuble erklärt am Mittwoch also seinen Haushalt so detailliert wie immer, nur dass er dieses Mal mindestens ebenso gründlich jede Bemerkung zum Wahlkampf vermeidet. Der CDU-Politiker tut einfach so, als gäbe es den politischen Wettstreit nicht, als wäre er ganz weit weg. „Ich will mich nicht am Wahlkampf der anderen Parteien beteiligen“, sagt er, als er nach aktuellen Vorschlägen seines Vorvorgängers Hans Eichel (SPD) gefragt wird.

Staatskasse so prall gefüllt wie seit Jahrzehnten nicht

Nicht nur Eichel, sondern fast alle Vorgänger von Schäuble hätten viel darum gegeben, in einer ähnlichen Lage zu sein: Zum vierten Mal schon wird der Bundeshaushalt im nächsten Jahr ohne neue Schulden auskommen. 337,5 Milliarden Euro Einnahmen soll es nächstes Jahr geben und 337,5 Milliarden Euro Ausgaben. Bis zum Jahr 2021 wächst das Budget bis auf 356,8 Milliarden Euro – auch dann noch immer ohne neue Schulden.

Die Staatskasse ist so prall gefüllt wie seit Jahrzehnten nicht, die Sozialversicherungen bilden hohe Rücklagen. Selbst die Rückzahlung von sieben Milliarden Euro Atomsteuer an die Energiekonzerne, die das Bundesverfassungsgericht angeordnet hat, bestreitet Schäuble mal eben nebenbei. „Man kann der Finanzpolitik der Bundesregierung ein gutes Zeugnis ausstellen“, lobt er sich selbst. Wahlkampf in eigener Sache ist an diesem Tag also erlaubt.

Schäuble stapelt so tief, wie er kann

Ansonsten stapelt Schäuble so tief, wie er kann. Der Staat „schwimme“ nicht im Geld, das sei „ein falscher Begriff“, behauptet er. Man habe lediglich „stabile Finanzen“. Trotzdem plant Schäuble für die nächsten Jahre fest mit Steuersenkungen. Insgesamt 15 Milliarden Euro hat er dafür in der Haushaltsplanung freigeräumt, verteilt auf drei Jahre.

Das sind gewissermaßen die Vorarbeiten für Entlastungen nach der Wahl. Dann hält Schäuble eine Senkung der Einkommensteuer um 15 Milliarden Euro für möglich – in jedem Jahr. Einen größeren Spielraum habe man nicht, versichert der Finanzminister treuherzig. Er will die eigenen Leute bremsen, die „wuchtige Entlastungen“ (CSU-Chef Horst Seehofer) planen. „Maßvoll“ müsse es zugehen, sagt Schäuble. Und: „Weitergehende Vorstellungen sind im Wahlkampf natürlich üblich.“

„In Baden-Württemberg heißt das Mogel“

Wie die Steuerpläne der Union aussehen, wollen CDU und CSU nächsten Montag verraten. „Ich will die Spannung bis dahin nicht nehmen“, sagt Schäuble und lächelt. Die Pläne der SPD jedenfalls seien eine „Mogelpackung“. Wer das sage, betreibe keinen Wahlkampf, lege nur die Faktenlage dar: Wer höhere Steuern wolle, plane keine Steuerentlastungen. „So was nennt man bei uns in Baden-Württemberg einen Mogel.“

Acht Jahre ist Schäuble nun Finanzminister, und ob er es weitere vier Jahre machen würde, ist ihm nicht zu entlocken. Ohne „Grundfreude“ solle man keine Politik machen, philosophiert er. Er habe diese Freude, aber Personalspekulationen vor der Wahl seien nicht gut. Das wäre ja Wahlkampf.