Berlin. Die Grünen wollen mit neuer Energie aus ihrem Bundesparteitag gehen. In anderen Parteien wird das Treffen ganz anders bewertet...

Der Kurs der Grünen stößt auf massive Kritik bei führenden Politikern von Union, FDP und Linken. Während die Grünen auf ihrem Parteitag in Berlin das Ziel bekräftigten, sich alle Koalitionsoptionen nach der Bundestagswahl offenzuhalten, kommen von potenziellen Partnern jetzt andere Signale.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl äußerte sich am Samstag skeptisch über eine Koalition mit den Grünen auf Bundesebene. Die Parteitagsbeschlüsse von Münster im November hätten „den Weg in Richtung Linksbündnis mit den Kommunisten gewiesen“, sagte der Innenminister der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg unserer Redaktion.

Lindner: Parteitag zeigt Zerrissenheit

Die Zusammenarbeit mit den Südwest-Grünen nannte Strobl „sehr gut und anständig“. Die Grünen im Bund sollten sich ein Beispiel an Baden-Württemberg nehmen „und nicht den Linksdogmatikern und Öko-Fundamentalisten folgen“. Die Grünen müssten mit ihrer Politik „wieder in der Mitte der Gesellschaft anschlussfähig werden“. Es reiche nicht, „eine Liedzeile von Nena etwas abzuwandeln und vor sich hin zu pfeifen“. Grünen-Parteitag und -Programm stehen unter dem Motto „Zukunft wird aus Mut gemacht“.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte, die Grünen hätten „ein Verarmungsprogramm für Deutschland beschlossen“. Mit der Politik der Grünen wäre der Sozialstaat nicht mehr lange finanzierbar, sagte Lindner unserer Redaktion. Der Parteitag zeige die Zerrissenheit der Grünen, fügte der FDP-Vorsitzende hinzu. „Dem Wunsch der Basis, auf die schwachen Umfragen mit mehr Radikalität zu antworten, steht das Realo-Spitzenduo im Weg.“

Wagenknecht: „Konturlose Weiter-so-Partei“

Die Spitzenkandidatin der Linken, Sahra Wagenknecht, attackierte die Grünen scharf. „Die Grünen sind zur konturlosen Weiter-so-Partei geworden, der jede Koalition recht ist, solange dabei grüne Ministersessel herausspringen“, so Wagenknecht zu unserer Redaktion. Der Parteitag der Grünen sei ein Offenbarungseid. „Von der Kritik an den herrschenden Verhältnissen aus der Gründungszeit der Grünen ist nichts mehr übrig“, erklärte Wagenknecht, die auch Fraktionschefin der Linken im Bundestag ist.

Die Grünen seien auch bei „ihrem Ursprungsthema Ökologie unglaubwürdig geworden“. Wer eine Wende zu naturverträglichem Wirtschaften wolle, müsse das Rückgrat behalten, sich mit den Profiteuren von Raubbau und Umweltvergiftung anzulegen, betonte Wagenknecht weiter.

Weder Linke noch Grüne haben eine rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl im September ausgeschlossen. Grünen-Chef Cem Özdemir hatte auf dem Parteitag gefordert, vor der Bundestagswahl keine Vorlieben für bestimmte Koalitionen zu zeigen. „Wir können mit allen reden“, sagte Özdemir. „Wenn alle alles ausschließen, bleibt am Ende nur die große Koalition.“ (gau/ak)